Eigener Inhalt So seh’n Sieder aus . . .

Wolfgang Plank

Fässchen oder Flasche ist nicht schwer. Richtig lecker aber wird’s bei Bier der Marke Eigenbrau.

 
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Meine Güte, was für eine Hitze. Irgendwie kann man gar nicht so viel trinken, wie man schwitzen muss. Dabei muss man sich noch nicht mal groß bewegen. Einfach nur dasitzen reicht schon. Jedenfalls dann, wenn man nicht das kühlende Glück einer funktionierenden Klimaanlage genießen kann. Vermutlich wäre es das Beste, sich ganztägig in einem schattigen Biergarten einzurichten. Da ist wenigstens der Nachschub gesichert. Ob nun mit oder ohne Alkohol.

Apropos: An einem derart beschaulichen Plätzchen könnten wir kurz darüber nachdenken, dass früher womöglich doch nicht alles besser war. Da konnte man nicht mal schnell zum Getränkehändler des Vertrauens gehen, um ein Kästchen zu besorgen. Schlimmer noch: Vor der Erfindung der Kältemaschine 1877 war es zum Brauen im Sommer schlicht zu warm. So verbot die bayerische Brauordnung von 1539, dass zwischen St. Georg am 23. April und St. Michael am 29. September Bier hergestellt wurde. Momentan sähe es also verdammt duster aus.

Einen Vorteil allerdings hatte die gute alte Zeit durchaus. Damals nämlich verstand sich fast jede Hausfrau auf die Herstellung von Gerstensaft – jeder halbwegs begabte Mönch sowieso. Weswegen man ja wunderbar ein wenig in Tradition machen könnte. Aus dem Kasten kann schließlich jeder.

Genau genommen ist das Ganze kein Hexenwerk. Hopfen und Malz, Wasser und Hefe – den Rest besorgt die Gärung. Und schließlich steht nirgendwo, dass man in der Küche nur kochen darf. Warum also nicht mal ein wenig sieden?

Das geht – anders als bei Schnaps – sogar steuerfrei. Exakt 200 Liter Bier darf jeder Bürger in Deutschland pro Kalenderjahr herstellen. Helles, Pils oder Bock – egal. Vorausgesetzt, man hantiert am heimischen Herd oder in einem Kommun-Brauhaus und verkauft hintennach nichts davon. Nur dem Hauptzollamt muss man vorher Bescheid geben. Das Reinheitsgebot von 1516 gilt übrigens nicht für Hobby-Brauer. Wem der Sinn also nach Dinkelbier steht oder einem Himbeer-Weizen ...

Man nehme einen großen Kochtopf, dazu einen kleineren, einen langen Löffel, einen Eimer mit Deckel, Messbecher, Trichter, Gießkanne – und zum Filtern ein Leinentuch. Findet sich irgendwie, gerne in der Schublade mit den Geschirrtüchern. Fehlen noch eine Bierspindel zum Messen der Stammwürze und ein Thermometer, das bis 110 Grad messen kann. Und selbstverständlich ein paar Dutzend leere Flaschen, am besten mit Bügelverschluss.

Anfänger und Laien vertrauen klugerweise auf ein handelsübliches Starter-Set. Darin findet sich alles, was der angehende Hobby-Brauer so braucht. Der gehopfte Malzextrakt vereinfacht die Prozedur – und die richtige Menge Hefe ist auch schon drin.

Anschließend muss man die Gärung im Blick behalten, damit man zur rechten Zeit abfiltert. Untergärige Hefe für Export, Pils oder Bock kommt mit Temperaturen zwischen vier und neun Grad aus, obergärige für Kölsch, Alt oder Weizen braucht zwischen 15 und 20 Grad. Ist die Gärung durch – die Dauer hängt vom Rezept ab –, wird das Jungbier in sterilisierte Flaschen abgefüllt und drei bis vier Wochen gelagert. Mit etwas Glück hat man am Ende ein süffiges Naturstöffchen Marke Eigenbrau.

Ist halt wie bei Pasta und Plätzchen auch. Gibt‘s im Supermarkt, schmeckt aber selbst gemacht eben doch noch mal leckerer. Industrie-Sud wird schließlich gefiltert, im Bier aus der Küche ist dagegen noch das volle Aroma. Prost!


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