Eigener Inhalt Auf Trimmys Spuren

Wolfgang Plank

Winter als Ausrede zieht endgültig nicht mehr. Höchste Zeit, die Schwüre aus der Silvesternacht einzulösen.

 
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Okay, im Kalender müssen wir offiziell noch bis Mittwoch warten, aber zumindest meteorologisch sind wir schon mittendrin im Frühling. Und wie jedes Jahr werden sich die dünneren Klamotten ein bisschen sehr passgenau anfühlen. Kommt leider nicht vom langen Hängen, sondern von der kurzen Halbwertszeit guter Vorsätze. Sport hatten wir uns doch in der Silvesternacht so sehr vorgenommen. Und zwar den selbst gemachten. Nicht Ski-WM, Biathlon, Champions League und dergleichen – hübsch langgestreckt vor dem Fernseher. Wenn nur das Aufraffen nicht immer so verdammt schwerfiele.

Früher hat uns ein kleines Männchen Beine gemacht. Das erste Mal auf den Tag genau vor genau 49 Jahren. Nach Schweizer Vorbild entstanden "Trimm-Dich-Pfad" genannte Rundkurse durch Wald und Feld mit Stangen für Klimmzüge, Balken für Sit-ups und Baumstümpfen zum Drüberhüpfen. Kleine Figuren auf blauen Täfelchen erklärten die eher leicht gehaltenen Übungen. Und der Zuspruch war gewaltig. Vor allem bei denen, die dem Sport sonst eher aus dem Weg gingen. Untersetzte beiderlei Geschlechts hasteten plötzlich scharenweise in Helanca gepresst durchs Unterholz. Galt es doch, brav Kärtchen zu füllen, in die man spiralförmig seine sportlichen Leistungen eintragen konnte.

Die Kampagne traf einen Nerv. Ganz sicher wegen der nahenden Olympischen Spiele 1972 in München. Vielleicht auch, weil man Sport ohne Vereinszwang treiben konnte. Und womöglich wegen Trimmy, der stets fröhlich seinen gezeichneten Daumen hob. Jedenfalls bewegte sich in kürzester Zeit die halbe behäbige Republik. Lange vor allem, was später noch so in Mode kam. Die DDR war übrigens, wie häufiger mal im Sport, etwas schneller. Aktionen wie "Jedermann an jedem Ort – mehrmals in der Woche Sport!", "Lauf dich gesund!" und "Mach mit – bleib fit!" begannen schon in den Fünfzigern des vergangenen Jahrhunderts.

Heute sind die meisten Trimm-Dich-Pfade verfallen. Schweißtreiberei heißt jetzt "Workout" und muss irgendwie "hip" sein. Die Idee von ein bisschen Freizeitsport aber ist aktueller denn je. Höchste Zeit also, wieder ein bisschen in Schwung zu kommen, in Fahrt oder ins Laufen. Hauptsache: dem Körper mindestens so viel Energie abzuringen, wie wir ihm tagtäglich zuführen. Im besten Fall noch ein klein wenig mehr. Ein bisschen klüger essen und ein bisschen mehr bewegen ist sowieso das beste Rezept.

Gründe für Sport gibt’s ohne Ende und der schwerste Gegner sind die eigenen Ausreden. Im Winter sowieso: zu kalt, zu glatt, zu dunkel, Erkältung im Anflug. Spätestens im Frühling aber zeigt sich, wer es ernst meint mit den Schwüren aus der Silvesternacht. "Keine Zeit" ist bloße Schummelei, weil wir das bei Fernseher und Computer ja auch nicht sagen. Auch "zu schlapp" ist ein mindestens ebenso billiger Vorwand. Und "es regnet" ist sowieso die schwächste aller Ausreden. Nur Schlaffis kneifen bei schlechtem Wetter. Alle anderen haben ordentliche Kleidung. Außerdem gibt’s Laufbänder, Ergometer, Stepper oder Rudergeräte.

Bloß dranbleiben muss man wollen. "Ein Schlauer trimmt die Ausdauer" war der bekannteste Slogan der Trimm-Dich-Welle. Und wenn wir es ernst meinen, sind wir nächstes Jahr um diese Zeit schon richtig fit. Genau zu Trimmys Fünfzigstem. Wenn das kein prima Anlass ist …

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