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Wolfgang Plank
 Foto: AdobeStock

Zu viel Advent? Da hilft nur Flucht – oder Kraft schöpfen für das, was noch kommt

 
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Machen wir uns nichts vor. Die Lage ist ernst. Genau genommen spitzt sie sich zu. Dramatisch zu. Sonntag in einer Woche ist Heiligabend. Endgültig. Und zwar völlig egal, ob es uns zeitlich gerade in den Kram passt oder eben nicht. Ein hinterhältig schleichender Übergang ist das. Vom Adventsrummel nahtlos in den Besinnlichkeitstaumel. Entrinnen so gut wie unmöglich.

Alle Jahre wieder der sattsam bekannte Frontalangriff auf Leib und Gemüt. Aus sämtlichen Lautsprechern tönen "Last Christmas", "Little Drummer Boy" und der Dezember-Ohrenbohrer schlechthin: "Driving Home for Christmas". Allüberall auf künstlichen Tannenspitzen warten Weihnachts-Deko und Lichterketten-Overkill. Und kein Meter ohne Spekulatius, Walnüsse und Lebkuchen. Von Weihnachtsmärkten, Krippenspielen und Glühwein-Bottichen gar nicht zu reden.

Begleitumstände einer gnadenlosen Jahresend-Rallye durch Metzgereien, Feinkostläden und Spirituosenhandlungen. Hektische Vorbereitungen für drei Tage Völlerei samt – nicht selten vorgetäuschter – Beschaulichkeit. Umrahmt von Blockflöten-Spiel, Kinder-Versen, rezitiertem Lukas-Evangelium oder Geschmettertem vom Tonträger. Dazu geheucheltes Lächeln über Krawatten, Pralinen, Eau de Cologne und andere hastig eingetütete Not-Gaben.

Falls Entrinnen ausgeschlossen – dann ist jetzt die letzte Chance, noch einmal tief und kräftig durchzuatmen. Wenigstens einen Abend lang. Abzuschalten vom allgegenwärtigen Advent. Ein kleines bisschen Kraft zu tanken für den 72-Stunden-Marathon unterm Tannenbaum. Sich nochmal innerlich zu sammeln, bevor Weihnachten hereinbricht.

Ganz Mutige setzen sich von jetzt auf gleich ab vom Trubel. Last-Minute nach Mallorca oder gleich in die Karibik oder zünftig wandernd Richtung kachelofenbeheizte Berghütten-Einsamkeit. Respekt vor so viel schneller Entschlossenheit. Würden wir uns auch gerne trauen. Klappt bloß irgendwie nie.

Daheimbleibende müssen sich notgedrungen anders behelfen. Fenster und Türen zu ist auch eine prima Idee. Dann gutes Buch, guter Wein, gutes Gefühl. Kein Fernseher, kein Radio, keine E-Mails. Würde dem ursprünglichen Gedanken schon sehr nahekommen. Nicht ohne Grund war der Advent mal als "stille Zeit" gedacht.

Wem’s davor ebenso graut wie vor der Weihnachtsheiligkeit, der haut mit Kumpels richtig auf den Putz. Kinobesuch, Kartenrunde, Kegelabend, Kneipendurchzug – oder wonach der Truppe halt gerade so ist. Gepflegtes Bierchen dazu, Weihnachten auf die abendliche Gesprächsverbotsliste – und schon ist alles gut. Wenigstens für ein paar gemütliche Stunden.

Andere Möglichkeit: Wir setzen uns vor dem Fest nochmal tüchtig in Bewegung. Austoben in der Kletterhalle zum Beispiel, Kacheln zählen im Schwimmbad, entspannendes Läufchen um den Block oder kurz vor Torschluss in die Mucki-Bude. Wer erst körperlich das Letzte gibt, kommt mit Weihnachten hintennach deutlich besser klar.

So oder so: Es gilt, ein letztes Signal gegen den Stress zu setzen. Einmal noch volltanken. Die kommenden Tage werden hart genug …


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