Leider genießt die Mitte großen Rückhalt bei der Justiz. Autofahrer seien zum Einscheren auf die rechte Spur verpflichtet, wenn sie dort 20 Sekunden mit gleichem Tempo weiterfahren können, entschied einst das Oberlandesgericht Celle. Das aber, konkretisierte das Oberlandesgericht Düsseldorf 1989, gelte nur für Straßen mit zwei Spuren je Fahrtrichtung. Für dreispurige Straßen indes sei "die Dauer des möglichen Weiterfahrens mit gleicher Geschwindigkeit (...) erheblich größer zu bemessen".
Die Versuchung, Mittelspur-Schleicher rechts zu überholen, ist groß. Die Tat indes verboten. Es sei denn, es hätten sich Schlangen gebildet und man wäre maximal mit Tempo 60 unterwegs. Eine Ausnahme gilt, wenn sich Autobahnen bei einem Kreuz teilen. Dort ist das Überholen, das dann ja ein Vorbeifahren ist, auch auf der rechten Spur erlaubt.
Wer aber sind all die Menschen, die so gerne, vor allem aber hartnäckig in der Mitte weilen? Stark unter Verdacht: betagte Sonntagsfahrer mit Hut. Unsicher – und daher mit größtmöglicher Distanz zu Leitplanke wie Bankett unterwegs, den Tempomaten auf 129 arretiert. Kann im Einzelfall stimmen, allerdings haben Verkehrspsychologen haben einen viel einfacheren Beweggrund ausgemacht: Bequemlichkeit. Wer mehrere Spuren nutzt, muss bremsen, blinken, den Kopf wenden, und in diverse Spiegel schauen. Wer zentriert bleibt, ist schneller unterwegs als alle Lkw, ohne schnell fahren zu müssen. Und es reicht der sture Blick nach vorne.
Doch die Einstellung "Den anderen bleibt ja noch eine Spur" ist vor allem eines: blanker Egoismus. "Mittelspur-Fahrern fehle das Gesamtverständnis für das System Verkehr, weiß ADAC-Psychologe Ullrich Chiellino. "Dass sie im Prinzip zwei Spuren blockieren, begreifen die Meisten gar nicht."
Da hilft dann wirklich nur noch Gelassenheit…