Eigener Inhalt CO2-Ausstoß: Der Fluch der Formel

Wolfgang Plank
 Quelle: Unbekannt

Man braucht noch nicht mal das Klima zu bemühen - schon ein Blick in die Städte zeigt: Eigentlich müssten Autos deutlich kleiner sein. Eigentlich auch sehr viel leichter. Und eigentlich spürbar sparsamer ...

 
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Doch das exakte Gegenteil ist der Fall. Größe, Gewicht und Motorleistung der in Deutschland und Europa verkauften Personenwagen nehmen Jahr für Jahr zu.

Und das, obwohl eine Zahl drohend am Horizont steht: 95. So viel Gramm CO2 pro Kilometer darf die Flotte eines Herstellers ab 2020 noch ausstoßen. Klingt ambitioniert. Immerhin lag der europäische Durchschnitt zuletzt bei 118,5 Gramm.

Landauf, landab barmen Benz und Co., wie schlimm das doch alles sei, wie technisch aufwändig und wie furchtbar teuer. Drohen doch für jedes Gramm zu viel 95 Euro Strafe – und zwar pro verkauftes Fahrzeug. Wer also eine Million Autos mit im Schnitt 96 Gramm CO2 absetzt, darf der EU knapp 100 Millionen Euro überweisen.

Doch wie gerne bei den Autobauern fließen jede Menge Krokodilstränen. Denn so fix, wie die Marke klingt, ist sie gar nicht. Genau genommen ist sie nämlich eine Formel: 95 + a x (M – M0). Aufgeschlagen werden darf ein Wert, bei dem von der tatsächlichen Flottenmasse (M) ein von der EU festgelegter Durchschnitt von 1,38 Tonnen (M0) abgezogen und anschließend mit dem Faktor 0,0333 (a) multipliziert wird. Heißt im Klartext: Je schwerer die Autos eines Herstellers, desto mehr CO2 ist erlaubt: Macht pro 100 Kilo immerhin 3,3 Gramm zusätzlich.

Doch das ist noch nicht alles: Vom Flottenausstoß abgezogen werden dürfen sogenannte Supercredits – das sind Fahrzeuge mit weniger als 50 Gramm CO2 je Kilometer wie Plug-In-Hybriden oder Elektroautos. Aktuell werden die sogar doppelt gezählt, ab 2021 mit dem Faktor 1,67 und ab 2022 noch mit 1,33. Eine Art Ablasshandel zugunsten dicker Brummer. Alles höchst kompliziert – und mit jeder Menge Augenwischerei. Bei den Doppelherz-Autos liegt der offizielle Verbrauch – und damit Ausstoß – weit jenseits der Realität. Und dass E-Autos – unabhängig davon, woher der Strom kommt – immer mit 0 Gramm veranschlagt werden, verstehen wohl nur Lobbyisten.

Und Brüsseler Bürokraten. Der weitaus größere Schaden ihres Tuns indes zeigt sich am anderen Ende: bei Klein- und Kleinstwagen. Die unselige Formel mit ihrem Bonus für Schwergewichte läuft nämlich auf einen Malus für sehr kleine und sehr leichte Autos hinaus. Die Folge: Der gegenüber 95 Gramm noch deutlich schärfere Grenzwert ließe sich nur mit teurer Hybridisierung erreichen – die dann aber etwa ein Drittel des gesamten Kaufpreises ausmachen würde. Ein Killer in diesem Segment, in dem jeder Euro entscheidet.

Und so heißt es Abschied nehmen von Fiat 500, Opel Adam, Ford Ka+, VW up! und wie die kleinen City-Flitzer sonst noch heißen. Dabei sind genau Autos dieser Größe in Sachen Klima und Platz in den Städten ein großer Schritt nach vorne – große, schwere SUV aber nicht.

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