Eigener Inhalt "Elchtest"-Debakel: Vor 20 Jahren kam das ESP ins Rollen

Wolfgang Plank
 Quelle: Unbekannt

Am 21. Oktober 1997 ging ein Bild um die Welt, das den Automobilbau nachhaltig verändern sollte. Der Tester Robert Collin hatte in Schweden gerade die neue A-Klasse von Mercedes übers Dach gerollt. Auf den Tag vor 20 Jahren. Bei einem doppelten Ausweichmanöver, das fortan als "Elchtest" Berühmtheit erlangte.

 
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Um den ersten Fronttriebler der Firmengeschichte doch noch fahrtauglich zu machen, verbreiterte Mercedes die Spur und verbaute härtere Federn. Vor allem aber rüsteten die Stuttgarter die A-Klasse mit dem Elektronischen Stabilitätsprogramm ESP aus. Das war gerade mal zwei Jahre zuvor in der mondänen S-Klasse eingeführt worden. Was folgte, war ein Siegeszug: Innerhalb von rund zwei Jahren liefen alle Benz-Baureihen serienmäßig mit ESP vom Band, andere Hersteller mussten nachziehen – und seit November 2014 ist das System für alle Neuwagen in der EU Pflicht.

Das Stabilitätsprogramm kann Unfälle verhindern, die durch Schleudern oder Ausbrechen des Fahrzeuges entstehen. Ein plötzlicher Schlenker bei hohem Tempo oder ein bisschen Eis in der Kurve – schon gerät man in Grenzbereiche der Fahrphysik, denen ein durchschnittlicher Autofahrer ohne elektronische Hilfe nicht mehr gewachsen ist.

ESP arbeitet mit Drehzahl-Sensoren an den Rädern, wie sie auch für das Anti-Blockier-System gebraucht werden. Ein Lenkwinkel-Sensor misst, wohin der Fahrer steuert, ein Dreh- oder Gierraten-Sensor erfasst wie ein Kompass Bewegungen des Fahrzeuges um die Hochachse, und manchmal erkennt auch noch ein Sensor für Querbeschleunigung seitliches Rutschen.

Ein Steuergerät verarbeitet alle Informationen in Millisekunden. Nimmt das Auto einen anderen Weg als nach dem Lenkeinschlag zu erwarten, steuert die Elektronik die Bremshydraulik an, über die – unabhängig von einem Druck aufs Pedal – jedes Rad einzeln abgebremst werden kann. Droht etwa in einer zu schnell gefahrenen Linkskurve das Auto geradeaus zu schieben, bremst ESP gezielt das linke Hinterrad ab und bringt so den Wagen auf Kurs. Sobald beim Gegenlenken nach rechts plötzlich das Heck ausbricht, bremst ESP das linke Vorderrad und hält den Wagen in der Spur. Einige ESP-Systeme können sogar einen schlingernden Anhänger durch gezielte Eingriffe wieder zur Ruhe bringen.

In manchen Autos lässt sich ESP ausschalten. Das kann beim Anfahren auf glattem Untergrund von Vorteil sein. Doch danach sollte man es schnell wieder aktivieren, sofern man nicht zu den ausgewiesenen Könnern am Lenkrad zählt. Leuchtet die Kontrolllampe – meist ein schleuderndes Auto in einem Kreis – dauerhaft, liegt ein Defekt vor. Dann hilft nur noch die Fahrt in die Werkstatt.

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