Eigener Inhalt Jaguar XJR 575: Stilvolle Wucht aus fünf Litern

Wolfgang Plank

Da mag man mit noch so viel Vernunft begabt sein und über alle Maßen den Planeten lieben - am meisten Spaß macht Autofahren immer noch dann, wenn man so richtig schön sportlich unterwegs sein darf. Das Gefühl kann einem ein kräftiger Motor bescheren, ein gut abgestimmtes Fahrwerk oder beides. Am besten aber ist es, wenn die anderen gar nicht ahnen, warum man derart zügig unterwegs ist.

 
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Solch diebische Freude kommt im Jaguar XJR 575 auf. Okay, zehn Quadratmeter Edelmetall lassen den unbegabtesten Nachbarn vermuten, dass da was Ordentliches daherkommt. Eher nicht aber weiß er, dass hier ein Fünf-Liter-Auto fährt. Nein, nicht Verbrauch. Ein per Kompressor belüfteter V8 mit namensgebenden 575 PS. Schier endlose Kraft aus der Tiefe des Hubraumes. In 4,4 Sekunden auf 100 und mit 300 Sachen schnellste Serienlimousine im Zeichen der Wildkatze.

An den Luftauslässen auf der Motorhaube kann man etwas ahnen. An der kleinen Lippe am Heckspoiler, den breiteren Türschwellern – und den roten Bremszangen im Schatten der 20-Zöller. Sonst aber gibt sich der Edel-Brite höchst kultiviert. Keine provozierten Fehlzündungen, kein brutales Röhren, nur stilvolle Wucht. Ein Gentleman.

Das gilt auch für die Abstimmung. Straff selbstverständlich, schließlich sind trotz Alu-Leichtbau 1,9 Tonnen im Lot zu halten – aber eben auch nicht kompromisslos hart, sondern standesgemäß. Und ja: Eigentlich dürfte so ein Auto gar nicht frei verkäuflich sein. Knapp 600 PS an den Hinterrädern verlangen ein gerüttelt Maß an Gefühl im Gasfuß – oder die Gelassenheit eines Lords beim Fünf-Uhr-Tee im Ledersessel seines Clubs.

Wer weder über das eine verfügt noch über das andere, taste sich besser stufenweise Richtung Grenzbereich: Ein Dreh am Regler – und die Acht-Stufen-Automatik macht Sport. Zudem kann man das Fahrwerk trimmen und das elektronische Gesinde beurlauben. Über ein klein wenig Erfahrung in Sachen Querfahrt sollte man allerdings verfügen. Auch wenn das Heck nicht giftet – für mächtig Druck sorgt es schon.

Rasant bewegt erfordert der XJR 575 gute alte Handarbeit. Beim Lenkeinschlag – mit steigendem Aufwand, aber auch mit wachsender Präzision und vorbildlichem Räder-Rapport. Und ab und zu an den Schaltwippen. So genau ahnt selbst eine intelligente Automatik nicht, wann man idealerweise abwärts sortieren möchte.

Selbstverständlich lässt sich der Nobel-Renner auch ganz gesittet bewegen. Immerhin schafft man es dann in die Nähe des Normverbrauchs von 11,1 Litern, kann sich am feudalen Interieur freuen und an dem, was an Assistenz hilfreich zur Seite steht. So hält der XJR 575 Abstand und Spur, beobachtet den toten Winkel und bremst von selbst, wenn es nottut.

Einen Haken hat die Sache allerdings: Das Vergnügen kostet mindestens 143.900 Euro. Stil hat eben seinen Preis.

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