Eigener Inhalt Polo GTI: Im Bann der roten Linie

Wolfgang Plank
 Quelle: Unbekannt

Das spektakulärste Exemplar der Baureihe war eindeutig das erfolgreichste. Nicht nach Stückzahlen, wohl aber nach Siegen. Auf den Rallye-Strecken rund um den Globus driftete der Polo WRC von Sieg zu Sieg, von Titel zu Titel. Viermal in Serie war der Wagen Weltmeister. Der Nachfolger hatte noch breitere Backen, noch mehr Leistung - durfte aber nicht mehr starten. Opfer der Milliarden-Strafen, die der Konzern für den Diesel-Skandal zu zahlen hatte. Und ein Schlag für das sportliche Image.

 
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Womöglich hat man das in Wolfsburg eingesehen. Denn der Polo kehrt schon bald zurück in die Zunft der Quertreiber. Zwar nicht werksseitig in die Königsklasse, sondern als R5-Auto mit offiziellen 272 PS für den Kundensport – aber immerhin hat der gepflegte Drift bei VW wieder eine Heimstatt. Die zivile Version verfügt zwar nicht über Allrad, trägt dafür aber stolz den traditionsreichen Namen GTI und steht ab sofort in den Schaufenstern. Eine rote Linie, auf die man gerne gewartet hat.

Mit einer Länge von 4,05 Metern ist der Polo GTI einer der Großen unter den Kleinen. Das reduziert die Anzahl möglicher Parklücken, im Gegenzug jedoch hat man vorne sowieso, aber eben auch hinten, auskömmlich Platz für Kopf und Knie. Der Stauraum hinter der zweiten Reihe hat um 70 Liter auf 350 zugelegt. Die angenehme Seite des Wachstums.

Vor allem aber schnürt der Rot-Linierte künftig mit einem auf 200 PS erstarkten Zwei-Liter-Triebwerk über Land. Vorerst mit 7-Gang-DSG samt elektronischer Differenzialsperre, ab Jahresmitte gibt’s auch von Hand zu sortierende sechs Gänge. Die bis zu 18 Zoll großen Räder werden an anderthalb Zentimeter verkürzten Federbeinen geführt, optional erhältlich ist auch ein Sport-Select-Fahrwerk mit Wahlschalter für zart und hart.

Mit diesem Paket geigt der GTI auf, dass es eine Freude ist. Selbst der deutlich stärkere Golf R vermag den Racker lediglich beim Beschleunigen auf Distanz zu halten, schon die ersten engeren Kurven sehen den Polo im Vorteil. Und das für den Fahrer völlig stressfrei. Volkswagens Jüngster ist präzise zu lenken, gut zu kontrollieren und erst sehr sehr spät an seinen Grenzen. Das liegt auch an den 1355 Kilo, mit denen ein Auto heutzutage ja schon als leicht gilt.

Im Innern geht’s zu wie bei GTI gewohnt. Gut konturierte Sitze samt Karo-Muster, schwarzer Dachhimmel und rote Steppnähte an Lenkrad und Schaltknauf. Vor allem aber gibt’s – gegen Aufpreis – als Konzern-Neuheit die zweite Generation des Active Info Display mit digitalen Instrumenten und gestochen scharfen Grafiken. Eine echte Schau. Mit dem biederen Kleinwagen von einst hat das dann allerdings nur noch am Rande zu tun.

In Sachen Unterstützung fährt der Polo auf Scheinwerferhöhe mit Golf, Passat und Arteon. Der modulare Querbaukasten macht’s möglich. Wenn man es sich leisten mag und kann, hält der GTI artig Spur und Abstand, äugt achtsam in den Querverkehr, hilft beim Spurwechsel und parkt sogar selbstständig ein. Front-Assist samt Fußgänger-Erkennung und Notbremse sind bereits ab Werk an Bord. Alles gewichtige Argumente, falls man einen Sportwagen mit roten Bremssätteln und Doppelrohr-Auspuff zu Hause nur schwer durchsetzen kann.

Gut wappnen sollte man sich auch für die Preis-Diskussion. Denn das Minimalgebot von 23 875 Euro ist eher theoretischer Natur. Mit der einen oder anderen Annehmlichkeit schafft man gut auch eine Drei am Anfang. Das ist nicht wenig Geld – der Gegenwert an Freude allerdings ist nur schwer bezahlbar.

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