Eigener Inhalt Summ. Brumm. Trumm.

Wolfgang Plank

Mit dem Turbo S E-Hybrid hat jetzt auch beim Porsche Cayenne das Top-Modell einen Akku.

 
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Spannung hat lange Tradition im Hause Porsche. Selbstverständlich wegen zahlloser Renn-Erfolge – vor allem aber, weil der spätere Firmengründer zu Beginn seiner Karriere eifrig an E-Autos tüftelte. Im Jahr 1900 schon hatte Ferdinand Porsche bei den Wiener Lohner-Werken einen Wagen mit Benzin- und Elektro-Antrieb entwickelt. Eines der ersten Hybrid-Modelle überhaupt.

Es folgten Jahrzehnte des Verbrennungsmotors. Vorrangig des Heck-Boxers. Und schon für die ersten gegenläufigen Flachmänner galt, was zum Wesen aller Porsche-Triebwerke werden sollte: Führend bei Leistung und Sportlichkeit.

Und auch das hat Tradition im Zeichen des Rössle: Seit Beginn der Zwangsbeatmung markiert stets der Turbo S die Krone einer Baureihe. Und erneut ist es in Zuffenhausen eine Rückkehr zu den Ursprüngen. Nach dem Panamera Turbo S E-Hybrid trägt nun auch beim Cayenne ein Doppelherz-Porsche die legendäre Bezeichnung. Mag man heute von Performance
und Effizienz sprechen – am Ende zählt wie damals: Best in Class. Und wer wüsste besser um die Symbiose von Sprit und Strom als ein dreimaliger Le-Mans-Sieger?

Kolbenseitig werden Cayenne und Coupé von einem Vier-Liter-Biturbo mit 550 PS befeuert – die Lader platzsparend im Innen-V des Achtzylinders, wo sie schwingungsgünstig gegeneinander rotieren. Die Zylinder sind für minimalste Reibung plasmabeschichtet, die Lagerdeckel der Kurbelwelle sechsfach verschraubt. Knapp 800 Nm Drehmoment müssen da unten beherrscht werden, wenn oben in den Brennräumen das Gewitter beginnt.

Zu all dieser Kraft gesellt sich ein Motor mit Wicklung, der weitere 136 PS beisteuert, um den Brummer bei gedrücktem "Sport-Response"-Knopf in nur 3,8 Sekunden auf Landstraßen-Maximaltempo zu pressen. Sorgsam sortiert wird die geballte Wucht aus 680 PS und 900 Nm über ein Doppelkupplungsgetriebe mit acht Gängen. Die beiden obersten dienen dabei dem sparsamen Fortkommen, Tempo gemacht wird bis Nummer sechs.

Rauf geht’s bis 295 – und dank Keramik-Bremsen auch blitzschnell wieder runter. Die vorderen Scheiben messen mehr als 17 Zoll, die hinteren kaum weniger. Das ist mehr als bei den meisten Autos die ganze Felge. Kein Wunder, dass der Cayenne Turbo S E-Hybrid serienmäßig auf 21-Zöllern rollt. Kollateralnutzen der Akku-Power: Wird sie nicht in Beschleunigung gedrückt, kann man bis zu 43 Kilometer rein elektrisch dahinsummen – bei maximal 135 Sachen. Laden an der Steckdose dauert sechs Stunden, bei einem 400-Volt-Anschluss mit 16 Ampere geht’s auch in knapp zweieinhalb.

Doch Freude am Flottfahren speist sich nicht allein aus Kraft. Und da ist den Stuttgartern Erbauliches gelungen: Fahrwerk, Allradantrieb und Lenkung sind in Echtzeit vernetzt mit Sensoren allüberall. Die Luftfederung dämpft über drei Kammern pro Rad, auf Wunsch dreht die Hinterachse mit, und an jedem Rad landet die optimale Kraft. Der Clou: Über Stellmotoren zwischen den Stabis stemmt sich der Cayenne der Kurvenneigung einfach entgegen. Rechnergesteuert und im Bruchteil einer Sekunde. Eher lässt der Grip an den Reifen nach, als dass das Chassis nennenswert aus dem Lot gerät.

Selbstverständlich kann man bei derart zügiger Fahrweise den offiziellen Verbrauch von 3,9 Litern getrost vergessen. Ist ohnehin nur ein Laborwert und gilt – theoretisch – bei vollgeladener Batterie für die ersten 100 Kilometer. Fünf mal zwei Meter Gelände-Trumm bringen eben selbst mit sehr viel Alu noch 2,5 Tonnen auf die Waage. Allerdings düst man auch vor ordentlich Raum her: 645 Liter sind es bei voller Bestuhlung (Coupé: 500), umgeklappt finden 1,6 Kubikmeter Platz (Coupé: 1,44).

So oder so thront man. In passgenauen Sitzen, umgeben von feinem Holz, edlem Leder und inmitten von Displays und Touchscreens. Nur beim autonomen Fahren bremsen die Stuttgarter ein wenig. Im Porsche lenkt der Chef noch selbst. Geholfen wird gerne – von Bremsassistent und Abstandswarner abgesehen aber nur gegen Aufpreis. Extra kostet auch der digitale Copilot "InnoDrive". Er blickt drei Kilometer nach vorn und errechnet die optimale Fahrstrategie. Voraus-Auto zur Orientierung? Nicht nötig.

Die schlechte Nachricht zum Schluss: Unter 172 604 Euro tut sich nix in Sachen Über-Cayenne (Coupé ab 176 293). Nach oben indes ist reichlich Luft. So ist das halt, wenn man Summ, Brumm und Trumm fahren will.

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