Eigener Inhalt Toyota Yaris GRMN: Der Höllenbote

Wolfgang Plank

Zeit genug wäre gewesen. Immerhin 72 Stunden. Nicht üppig, aber machbar. Doch für Grübeleien ist es zu spät. Exakt 600 Exemplare hat Toyota von der Krawall-Version des Yaris aufgelegt, 104 davon waren für Deutschland reserviert. Die schlechte Nachricht: Alle sind bereits vergeben. Kleiner Trost für Abgeblitzte: Es fehlen auf dem Konto auch keine 30900 Euro.

 
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Das ist nicht wenig Geld, was sie bei der hauseigenen Rennsport-Schmiede "Gazoo Racing" für den "Meister of Nürburgring" aufgerufen haben. Dafür steckt im daraus geronnenen Kürzel GRMN eben auch eine Menge technischer Expertise, die man halt nirgendwo derart kompromisslos gewinnt wie in der "Grünen Hölle". Die Botschaft: Wir können auch knackig.

Denn es geht gar nicht vorrangig um Rundenzeiten, sondern mehr um eine Aufholjagd in Sachen Emotion. Immerhin behauptet sich Toyota unter anderem in der Langstrecken-WM sowie auf Schotter, Schnee und Asphalt rund um den Globus. Ein bisschen mehr von der Faszination Motorsport soll künftig auf die Serienautos abstrahlen. Eine Spur Le Mans, ein Hauch Rallye Monte Carlo.

Den Auftakt macht nicht ohne Grund der Yaris. Das Top-Modell der Baureihe ist schnell und siegreich. Nach fast 20 Jahren Rallye-Pause gelang Toyota damit auf Anhieb Platz drei in der Weltmeisterschaft und ein mehr als ordentliches Comeback. Nur kaufen kann man so ein WRC halt nicht.

Jedenfalls nicht so. Nicht mit den dicken Backen, nicht mit knapp 400 PS, nicht mit Allradantrieb. Aber wenigstens ansatzweise. Sirrende 212 PS haben sie in den GRMN gepackt. Mit Druckluft aus einem Kompressor – und mit viel Aufwand. Weil sie bei Toyota das technisch Feine wollten – aber Motorraum beim Yaris nicht unbegrenzt zur Verfügung steht.

Das 1,8-Liter-Maschinchen, das so ähnlich auch im Lotus Elise Dienst tut, treibt den Bonsai-Boliden in 6,4 Sekunden auf 100 und weiter bis 230 – das Gegenteil erledigen dicke Scheiben für Spätbremser. Für den vollen Spaß verlangt das Triebwerk nach reichlich Umdrehungen und stetem Wechsel im sechsstufigen Räderwerk. Und natürlich verflüchtigen sich dabei mehr als 7,5 Liter durch das mittig platzierte Endrohr. Aber wer um alles in der Welt würde so ein Auto kaufen, um Sprit zu sparen.

Ein ähnlich schicker Technik-Transfer ist den Ingenieuren beim Antrieb gelungen. Über ein Torsen-Differenzial gelangt die Kraft ohne nennenswerte Verluste an die Vorderräder, wo sie von einer für Kleinwagen-Verhältnisse beeindruckend präzisen Lenkung in die rechte Richtung gebracht wird. Da dürfte manch anderer Hersteller gerne mal Maß nehmen.

Das ganze Paket steht auf strammen Federbeinen, die locker einen Rennkurs meistern, aber eben auch eine Dorfstraße. Vorrangig abgestimmt auf die ganz flotte Linie, stößt der knapp vier Meter kurze Yaris GRMN erst erfreulich spät an seine Grenzen. Das liegt an den diversen Achs-Verstrebungen, ganz besonders aber an den 1135 Kilo, mit denen ein Auto heutzutage schon als leichtestes seiner Klasse durchgeht.

Wer das samt Sportsitzen, Alu-Pedalen und rennsportnaher Lackierung für völlig übertrieben hält, könnte am unteren Ende der Yaris-Skala fündig werden. Als Einziger bei den Kleinwagen bietet der nämlich auch einen Hybrid-Antrieb, der beim Bremsen Strom gewinnt und im Akku bunkert. Anders als beim GRMN wäre man damit auf der Seite der Mehrheit. Sieben von zehn Yaris-Kunden haben sich bislang für die rollende Sparbüchse entschieden. Das Gewissen ist damit ohne Zweifel reiner – der Herzschlag aber auch spürbar niedriger …

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