Eigener Inhalt Wumms mit Klappe

Wolfgang Plank

Vermutlich stellen sich ihnen in Zuffenhausen nur bei "Dreizylinder" die Haare noch mehr auf, als wenn sie das Wort "Kombi" hören.

 
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Ein Porsche, bei dem man spontan an Bretter denkt oder Baumarkt – nein, da will die Edelschmiede doch lieber mit Lifestyle in Verbindung gebracht werden und mit dynamischen Menschen, die wegen ihrer ausgefallenen Hobbys halt gelegentlich ein bisserl mehr zu verstauen haben.

Damit man derart beladen nicht immer den Cayenne bemühen muss oder gar ein markenfremdes Produkt, pflegt Porsche schon seit mehr als zehn Jahren den Schnell-Transporter Panamera – und hat die zweite Generation aufgefrischt. Das Ziel: Top-Performance gepaart mit dem Komfort einer Reiselimousine. Wer hätte gedacht, dass Heckklappe und Ladekante einmal zur Kernkompetenz derer mit dem Rössle zählen sollten?

Die – derzeit noch – stärkste Variante "Turbo S" wird von einem Vier-Liter-Aggregat mit 630 PS und 820 Nm befeuert. Und weil Porsche-Motoren stets renntauglich sein müssen, zirkuliert das Öl selbst unter extremster Querbeschleunigung. Bei scharfer Autobahn-Fahrt mag das übertrieben klingen, nicht aber bei einer Rekord-Zeit von 7:29,81 auf der Nordschleife des Nürburgrings. Vor fünf Jahren brauchte man dazu noch einen 911 GT3.

Vielleicht sollte Olaf Scholz mal Platz nehmen und Gas geben. Dann würde der Finanzminister spüren, was "Wumms" wirklich ist. Trotz der gut zwei Tonnen Leergewicht haut es den Panamera vorwärts, als habe jemand einen Treibsatz gezündet. Nach 3,1 Sekunden zeigt der Tacho drei Stellen, auf 200 ist man in 11,5 und Schluss ist erst bei 315. Wer nicht über das Gemüt eines Zen-Mönchs verfügt, erliegt da schnell dem Tempo-Rausch.

Um runterzukommen, muss man eine ordentliche Scheibe haben. Klugerweise aus Keramik. Die vorderen messen knapp 17 Zoll, die hinteren kaum weniger. Sortiert wird die Wucht über ein Doppelkupplungsgetriebe mit acht Gängen. Die beiden obersten dienen dabei nur dem sparsamen Fortkommen, Tempo gemacht wird bis Nummer sechs.

Dabei merkt man gar nicht, dass man vor ordentlich Stauraum herfährt. 405 Liter sind es bei voller Bestuhlung, umgeklappt findet das Dreifache Platz, beim 15 Zentimeter längeren "Executive"-Modell gar 1,4 Kubikmeter. So oder so thront man. In passgenauen Sitzen, umgeben von feinem Holz, edlem Leder und inmitten von Displays und Touchscreens. Opulenter Kommandostand für die Reise ins Niemandsland der Fahrphysik.

Dort nämlich glaubt man sich, wenn der Panamera zeigen darf, was er wirklich kann. Weniger als einen Wimpernschlag braucht die Elektronik, um Allradantrieb, Sperren, Dämpfung und Ansprechverhalten auf das Optimum zu bringen – auf Wunsch dreht sogar die Hinterachse mit. Und über Stellmotoren zwischen den Stabis stemmt sich der Panamera in flotten Kurven der Seitenneigung einfach entgegen.

In die Schaufenster kommt der große Sauser Mitte Oktober. Die schlechte Nachricht: Unter 180 000 Euro tut sich nix in Sachen "Turbo S". Auch wenn da schon ein schlaues Navi dabei ist, das drei Kilometer im Voraus weiß, wann es Gas gibt oder bremst. Gerade noch fünfstellig
kommt man mit dem Einstiegsmodell davon, bei dem man sich mit V6 und 330 PS begnügen muss – in Sachen Erderwärmung aber das bessere Gewissen hat.

Oder aber man entscheidet sich für die Wucht der zwei Herzen (ab 126 841 Euro). Mit dem Panamera Turbo S E-Hybrid trug beim Vorgänger erstmals ein Hybrid-Porsche die legendäre Bezeichnung
des Top-Modells, jetzt gibt es mit dem 4S E-Hybrid eine Alternative, bei der sich 2,9-Liter-V6 und E-Motor zu 560 PS zusammenfinden und Porsches Jüngsten in 3,7 Sekunden auf Landstraßen-Tempo pressen. Eigentlich gewünscht ist ein anderer Effekt der Batterie-Power: Wird sie nicht in pure Beschleunigung gedrückt, kann man im Panamera bis zu 54 Kilometer (WLTP) rein elektrisch fahren.

Die gut zwei Liter offizieller Verbrauch sind zwar der übliche Hybrid-Witz, deutlich sparsamer als mit den deutlich zweistelligen Werten des
"Turbo S" kommt man dennoch davon. Fünf mal zwei Meter Auto wiegen elektrisch unterstützt halt 2,3 Tonnen, selbst wenn Vorderwagen plus Außenhaut aus Alu sind. Laden an der Steckdose dauert um die zehn Stunden, auf Wunsch – und wenn die Leitung 32 Ampere verträgt – füllt sich der Akku auch in knapp zweieinhalb.

Wer wie Porsche dreimal in Folge Le Mans gewonnen hat, weiß um die Symbiose von Sprit und Strom. Und dass stärker immer geht. Darum soll auch das künftige Top-Modell des Panamera wieder ein Doppelherz sein. Man muss kein Prophet sein, um in Sachen Leistung vorne eine Sieben zu vermuten – und beim Preis eine Zwei.

Große Klappe braucht halt auch großen Beutel.

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