Eigener Inhalt Kleben war gestern

Susann Winkel
 Foto: AdobeStock

Österreich führt 2018 die digitale Vignette ein. Damit verschwindet ein klebendes Stück analoger Alltag von der Windschutzscheibe – wieder einmal.

 
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Die Argumente sind überzeugend: kein Kleben, kein Abkratzen. Ab 2018 können Auto- und Motorradfahrer in Österreich wählen, ob sie lieber eine papierne Autobahn-Vignette an der Windschutzscheibe anbringen oder auf die digitale Alternative umsteigen. Preis und Gültigkeitsdauer sind gleich. Ab November ist die digitale Vignette zunächst per App und auf der Internetseite des österreichischen Autobahnbetreibers Asfinag

www.asfinag.at erhältlich. Im Laufe des nächsten Jahres soll dann noch der Verkauf in Kiosken und Tankstellen ergänzt werden.

Anders als die herkömmliche Vignette, die direkt am Fahrzeug angebracht wird, ist die digitale Vignette an das Kennzeichen gebunden. Dieses wird dafür beim Erwerb der digitalen Vignette in ein öffentlich einsehbares Register aufgenommen – was Datenschützer kritisieren. Eine andere Schwierigkeit ergibt sich aus dem EU-Rücktrittsrecht bei Online-Käufen: Folgend auf den Tag des Kaufes können Käufer 14 Tage vom Kauf der digitalen Vignette zurücktreten. Da dieser Rücktritt per E-Mail, aber auch postalisch erfolgen kann, gibt Asfinag noch weitere drei Tage für Versand und Bearbeitung hinzu. Die digitale Vignette ist somit erst am Tag 18 nach dem digitalen Kauf gültig. Wer spontan reisen möchte, muss sie folglich direkt kaufen, so wie früher in der Tankstelle. Oder er klebt einfach
weiterhin.

Trotz dieser Umständlichkeit und der Datenschutz-Bedenken – mit der digitalen Vignette wird wieder allmählich ein Stück analoger Alltag verschwinden. So wie schon zahlreiche andere Dinge erst durch das Handy, dann durch Smartphones und Apps an Bedeutung verloren. Wecker und Armbanduhren lassen sich durch die kleinen Alleskönner ersetzen, mit ihnen können digitale Kalender verwaltet und Notizbücher geführt werden. Im Urlaub ersetzen sie Straßen- und Landkarten aus Papier, Wörterbücher und Fotoapparate. Selbst beim bargeldlosen Bezahlen machen sie den Kreditkarten zunehmend Konkurrenz. Unnötig zu erwähnen, dass Festnetztelefone und Desktop-Computer mittlerweile ziemlich alt aussehen gegen die kompakte neue Technik-Generation.

Zum Trost für alle analogen Nostalgiker: Die digitale Revolution macht auch vor ihren eigenen Produkten nicht halt. Sie hat den MP3-Player so obsolet gemacht wie dieser davor den transportablen CD-Player und der davor den Walkman.

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