Veranstaltungstipps "Am Ende gewinnt immer das Gute"

Das Gespräch führte Steffen Rüth
 Foto: David Königsmann

Seit sechs Jahren ist Mark Forster ein Garant für gut gelaunten deutschen Pop mit Ohrwurmfaktor. Mit seinem aktuellen Album „Liebe“ geht er auf Tour.

 
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Mark, im Video zu „Einmal“ sieht man Sie beim Fallschirmspringen. Haben Sie sich einen Lebenstraum erfüllt?
Nein, auf keinen Fall. Ich habe mich eher einem Lebensalptraum gestellt. Ich bin kein Adrenalinjunkie und hatte wirklich ordentlich Schiss. Aber ich bin froh, dass ich mich getraut habe und würde es sogar gern ein zweites Mal machen.

Weshalb?
Um mich ein bisschen umzugucken da oben. Beim ersten Mal war ich voll darauf konzentriert, nicht zu sterben.

Warum sind Sie überhaupt gesprungen?
Für das Video haben mir Fans wirklich einmalige, kostbare und sehr persönliche Momente aus ihrem Leben geschickt. Ich fand es extrem berührend, dass die Leute bereit waren, mir diese Aufnahmen zu schenken. Also wollte ich etwas machen, das wirklich krass ist und mich auch Überwindung kostet.

„Du bereust nicht, was du tust. Du bereust, was du nicht tust“, singen Sie im Stück „Was du nicht tust“.
Eben. Ich finde es gut und wertvoll, sich Ängsten zu stellen und auch mal Dinge zu tun, bei denen du dich erstmal unwohl fühlst.

Sie erzählen in dem Song, wie auch in einigen anderen auf „Liebe“, relativ persönlich über sich selbst, etwa über ihr erstes Fußballtraining mit sechs, die Trennung ihrer Eltern oder zarte Annäherungsversuche auf dem Weinfest, als Sie fünfzehn waren Sollen Sie die Hörer auf dem neuen Album besser kennenlernen?
Stimmt, ich habe noch nie so viel über mich selbst gesungen wie auf „Liebe“. Ich glaube, ich habe beim Schreiben wieder näher zu mir selbst gefunden, nachdem ich mich so ein bisschen verloren hatte. Daher sind auch die Lieder noch konkreter und näher an mir dran.

Inwiefern hatten Sie sich verloren?
Nachdem der Erfolg über mich hereingebrochen war, bin ich am Anfang bloß mitgeschwommen und habe versucht, über Wasser zu bleiben. Ich war schon sehr tief eingetaucht in dieser Mark-Forster-Welt zwischen Bühne, Ton- und TV-Studio. Das war auch total gut, ich habe alles genossen, aber mit der Entscheidung, 2018 kein einziges Konzert zu geben, habe ich meine Ordnung wiedergefunden.

Waren Sie auch ein bisschen ausgeflippt?
Ich habe mir viele Musiker-Dokus angeguckt und muss sagen: So ein Leben wie Freddie Mercury oder David Bowie habe ich nie geführt. So versunken im Popstar-Dasein war ich nie. Aber ich hatte ein bisschen zu viel gearbeitet, was schnell passieren kann, wenn du deine Leidenschaft zum Beruf machst, es gut läuft und du eine Menge Zuspruch bekommst. Trotzdem muss man sich zwingen, auch mal einfach nur zu sein und locker zu lassen. Das habe ich gemacht.

Wie entspannen Sie am liebsten?
Beim Wandern. Wenn ich frei habe, treibt es mich nicht zum Trubel oder in den nächsten Club. Sondern eher in die ruhigeren Ecken. Ich suche mir gern Wanderwege aus, die einfach schön sind und nicht zu anstrengend. Beim Spazieren kann ich besser runterkommen als zum Beispiel am Strand.

Zum Aufnehmen von „Liebe“ sind Sie mit Ihren Produzenten für zwei Monate in die Nähe von Florenz gegangen. Warum das?
Ich liebe es, fürs Musikmachen zu flüchten. Das ist eine simple und effektive Technik, um einen Fokus herzustellen. Auch zum Schreiben bin ich weggefahren, war in Los Angeles und in der Provence, wo man außerhalb der Saison sehr günstig ein Häuschen mieten kann. Und zum Produzieren haben wir uns auf einer Olivenfarm einquartiert. Das war eine tolle Zeit. Der einzige Nachteil war, dass die Jungs auf Low-Carb-Diät waren und keine Nudeln essen durften. Zwei Monate lang, in Italien! Ich habe mich da angeschlossen, aber bleibe auch in Zukunft der klassische Allesfresser.

„Das, was ich will, ist Seelenfrieden“. Was verstehen Sie darunter?

„Liebe“ ist für mich ein sehr weitgefasster Begriff und ein Gefühl, dass aus meinem tiefen Inneren kommt. Und natürlich ist die Liebe das Wichtigste, was es gibt auf der Welt – und zwar nicht allein die romantische Liebe zwischen zwei Menschen, sondern auch die Liebe zur Familie, zu sich selbst, zum Leben an sich.

Wie stehen Sie selbst dem Leben gegenüber?
Positiv. Optimistisch. Am Ende gewinnt immer das Gute. Ich sehe es ein Stück weit als meine Mission, das Fähnchen der Zuversicht und der guten Laune hochzuhalten. Natürlich ist in meinem Leben nicht immer alles schön und quietschig, aber ich finde trotzdem, dass es immer Platz geben muss für Freude und Zuversicht. Ohne das jetzt zu überbewerten, bin ich ganz glücklich mit meiner Rolle, den Leuten ab und zu ein bisschen Licht zu schenken.

Sie empfinden also eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung?
Ich laufe nicht mit dem Zeigefinger durch die Welt und will den Menschen sagen, wo es langgeht. Nur: Wenn ich öffentlich auftrete, dann möchte ich für die gute Seite stehen, für die Vernunft und für die Liebe. Indem ich selbst gute Gefühle verbreite, wird die Welt vielleicht etwas weniger scheiße.

Wie authentisch ist dieser öffentliche Mark Forster mit Baseballkappe und Brille eigentlich?
Grundsätzlich muss ich mich nicht sehr verstellen. Ich bin ein optimistisches Kerlchen, das häufiger gute als schlechte Laune hat. Aber ich bin auch ein ganz schön verkopftes Kerlchen, das vieles hinterfragt. Und es gibt sicher auch Facetten von mir, die gehören nicht unbedingt in die Öffentlichkeit.

Verraten Sie beispielsweise nicht, wie es in Ihrem Beziehungsleben aussieht? Oder hat einfach noch nie jemand gefragt?
Doch, die Frage kommt schon ab und zu. Aber ich beantworte sie nicht. Weil ich das Gefühl habe, es würde mich in meiner Musik, in meinen Inhalten, einschränken, wenn man zu viel darüber weiß. Ich bin sehr offen, was mein Innenleben betrifft, doch das private Liebesleben bleibt privat, um meine Musik zu schützen.

Sie sprechen in „Einmal“ über dein „Mini-Me“, in „Was du nicht tust“ über „Kids, Haus und Hochzeit“. Haben wir was verpasst?
Ich feile seit Jahren fleißig an meinen Techniken…Ich möchte gerne eines Tages Vater werden, aber noch ist das nicht der Fall. Viele Freunde von mir werden gerade Eltern. Von außen betrachtet sieht das aus wie etwas, das ich mir auch für mein Leben gut vorstellen könnte.

Was ist das musikalisch überhaupt für ein Stil auf Ihrem Album?
Schwer zu sagen, ich weiß. Ich mixe noch mehr als auf der vorherigen Platte, gehe urban mit der deutschen Sprache um, es ist rhythmisch, groovy, hat elektronische Einflüsse und doch gibt es auch akustische Momente und die großen Streicher-Arrangements, die wir wieder in den Abbey Road Studios in London aufgenommen haben. Also, es ist ganz schön bunt.

Haben Sie in Deutschland musikalische Vorbilder?
Nicht direkt. Ich sehe mich als Mischung aus klassischem Singer/ Songwriter und der urbanen Musik, also dem Hip-Hop in allen seinen Facetten. Meine Musik ist ein Mischmasch aus allem möglichem.

Sie haben BWL studiert. Wie plant man einen Hit?
Das ist nicht möglich. Gäbe es ein Geheimrezept, würde ich das immer anwenden. Das Liederschreiben ist für mich kein esoterisches Gefäß, das irgendwann leer ist. Sondern es funktioniert eher wie ein Muskel. Je mehr ich an Musik arbeite, desto besser werde ich. Allerdings habe ich auf „Liebe“ ganz schön viel umgeworfen und geändert, bis ich zufrieden war. Mir ist die Arbeit ziemlich schwergefallen.

Woran lag das?
In den letzten gut zehn Jahren ist wirklich etwas Neues entstanden, nämlich deutschsprachige Popmusik. Früher gab es nur Schlager und Indie, doch heute ist endlich, wie international schon ewig üblich, auch Pop relevant. Und ich sehe mich ein bisschen in der Verantwortung, was Cooles abzuliefern und dazu beizutragen, deutsche Popmusik weiter zu bringen. Gerade in der Popmusik dreht sich das Rad immer schneller.

Haben Sie Druck empfunden?
Weniger, was den Erfolg und die Verkaufszahlen angeht. Darum kreisen meine Gedanken wirklich nicht so. Aber ich fühle den Druck, was Besonderes machen zu wollen, nicht wieder zurückzufallen in die alte Schlagerwelt. Es ist schon wichtig, sich Mühe zu geben.

Sie sind sogar bis nach Uganda geflogen, um dort mit dem African Children’s Choir aufzunehmen. Wie lief das ab?
Ich bin bekanntlich ein großer Freund von Chören, ich liebe es, wenn viele Leute gemeinsam singen. Für „Einmal“ suchte ich nach einem Kinderchor, und dann sah ich durch Zufall auf Netflix die Dokumentation „Imba Means Sing“, durch die ich auf den Chor aus Uganda stieß. Ich rief dort an und machte einen Termin.

So einfach geht das?
So einfach geht das. Eine Woche später bin ich mit meinem Team nach Entebbe geflogen. Die Kinder leben in einer Akademie am Victoriasee, sie üben dort und gehen auch dort auch zur Schule. Die meisten der Kinder kommen aus den Slums, sie touren ein Jahr mit dem Chor, absolvieren ihre Schulbildung, und wenn sie erwachsen sind, kommen sie wieder und bilden die nächste Generation aus. Dieser Kreislauf funktioniert schon seit den achtziger Jahren.

Und wo Sie schon mal in Uganda waren…
…habe ich direkt noch in Kampala, der Hauptstadt, den Song „Chip In“ aufgenommen, zusammen mit Maro und Maurice, den zwei berühmtesten Popstars des Landes. Tagsüber haben wir den Song eingespielt und am Abend sofort in der größten Radioshow Ugandas vorgestellt. Seitdem läuft er dort im Radio. Ich finde es großartig, wenn Musik so spontan entsteht und mit so viel Begeisterung.

Sie waren bereits Teil von TV-Erfolgsformaten wie „Sing meinen Song“ und „The Voice of Germany“. Wie wichtig sind die TV-Jobs für Sie und die Marke Mark Forster?
Ich empfinde es als Ritterschlag, bei „The Voice“ zu sitzen. Das ist eine der besten Musikshows, die wir haben. Ich mache das nicht nur aus PR-Gründen und um meine Nase zu zeigen. Sondern vielmehr, weil ich diesen Quatsch, den wir bei „The Voice“ machen als Kunstform sehe, die mir große Freude bereitet. Ich liebe Unterhaltung. So lange es das Fernsehen noch gibt, bin ich stolz und glücklich, dabei sein zu dürfen.

Mark Forster auf Tour

Der Sänger geht auf „Liebe“-Open-Air-Tour und gastiert am 17. August um 20 Uhr auf dem Schlossplatz in Coburg. Karten gibt es im Ticketshop unserer Zeitung.

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