Veranstaltungstipps Hans-Jürgen Buchner von Haindling: "Ich habe einen neuen Sound erfunden"

Das Gespräch führte
 Foto: Adrian Keidel

 
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Herr Buchner, am Samstag, 21. Juli, treten Sie mit Ihrer Band Haindling beim Plassenburg-Open-Air in Kulmbach auf. Sie haben dort schon mehrere Konzerte gegeben. Welche Emotionen verbinden Sie sowohl mit den Auftritten als auch der besonderen Location vor Ort?

Als wir das erste Mal dort gespielt haben, hat mir beim Soundcheck der Innenhof schon wahnsinnig gut gefallen. Wir freuen uns schon, wieder in der Plassenburg spielen zu können. Der Platz für ein Konzert dort ist sehr eigen, aber auch sehr schön und hat eine gute Akustik.

Worauf können sich Ihre Fans dieses Mal in Kulmbach freuen?

Diejenigen, die Haindling kennen, wissen, dass wir sehr viel Unterschiedliches bieten. Wir decken ein sehr großes Spektrum an verschiedenen Instrumenten ab. Jeder Musiker ist Multi-Instrumentalist. Jedes Stück wird anders instrumentiert. Da kommt überhaupt keine Langeweile auf. Es sind lustige Sachen dabei, aber auch politische. Mein Steckenpferd ist der Umweltschutz. Wir machen daher eine kleine Anti-Plastik-Show. Überall hört man, dass das Plastik zu viel geworden ist in der ganzen Welt und die Meere damit voll sind. Außerdem haben wir ja 35-jähriges Bühnenjubiläum. Deswegen spielen wir unter anderem auch Stücke von früher, die vielleicht nicht so bekannt sind. Aber natürlich haben wir auch die Lieder dabei, die die Leute gerne hören wollen. Es wird also ein sehr abwechslungsreiches Programm.

Ihre Band gibt es seit 35 Jahren. Was ist das Erfolgsgeheimnis, um über einen so langen Zeitraum im Musikgeschäft zu bestehen?

Da gibt es eigentlich keine Gebrauchsanweisung. Vor 35 Jahren war ich einer der ersten, der in bayerischer Mundart gesungen hat – alle anderen in Hochdeutsch oder Englisch. Mittlerweile gibt es wahnsinnig viele Bands, die in Mundart singen. Ich war also einer der Vorreiter und finde es sehr wichtig, dass die Mundart nicht ausstirbt. Ich will zeigen, dass es nicht nur in Englisch oder Berlinerisch geht, sondern dass wir im Süden Deutschlands wunderbare Musik machen können – mit unserer eigenen Sprache.

Sie haben nach der Schule eine Töpfer-Lehre gemacht, mit 21 den Meisterbrief erhalten und schließlich in Straubing eine Töpferei eröffnet. Welche Rolle hat die Musik zu dieser Zeit für Sie gespielt?

Seit meinem vierten Lebensjahr spiele ich Klavier. Die Musik hatte schon immer einen großen Stellenwert für mich. Als ich dann in Straubing die Werkstatt aufgemacht habe, ist die Musik aber etwas in den Hintergrund geraten, obwohl ich weiterhin Klavier gespielt habe. Vor etwa 45 Jahren sind die Open-Air-Festivals der Popmusik aufgekommen und da bin ich dann immer hingefahren. Das hat mir wahnsinnig gut gefallen. Und weil ich davon so begeistert war, habe ich dann meine eigene Musik mit Vier-Spur-Tonband gemacht. Das war der Beginn des Haindling-Sounds.

Der Durchbruch gelang Ihnen aber erst mit fast 40 Jahren. Mit dem Debüt-Album „Haindling 1“ gewannen Sie mit Ihrer Band den Deutschen Schallplattenpreis. Wie überraschend kam diese Auszeichnung damals für Sie?

Das erste Album sollte kein kommerzielles sein. Ich wollte eigentlich nur etwa 100 Schallplatten für mich machen lassen zum Verschenken. Kevin Coyne (Anm. d. Red.: befreundeter, britischer Musiker) war mit jemandem von einer Plattenfirma bei mir. Beim Essen habe ich dann meine eigene Musik vorgespielt. Der Mann von der Plattenfirma war so begeistert und hat mir empfohlen, die Lieder im Studio nochmal aufzunehmen. Ich habe das damals selbst bezahlt, was für einen Musiker, der gerade erst anfängt, ganz ungewöhnlich war. Die erste Platte ist dann im Radio rauf und runter gelaufen. Das war der Wahnsinn. Es war ein völlig neuer Klang mit Synthesizer, Tenorhörnern und Trompeten. Als ich dann den Deutschen Schallplattenpreis – übrigens mit Udo Lindenberg zusammen – bekommen habe, hat mich das riesig gefreut.

Haben Sie es Anfang der 1980er-Jahre für möglich gehalten, hauptberuflich Musik zu machen?

Diese Gedanken habe ich mir gar nicht gemacht. Ich bin ein Mensch, der sich keine festen Ziele formuliert, sondern alles auf sich zukommen lässt. Eines stand aber immer fest: Ich hatte wahnsinnig viel Spaß am Musikmachen. Ich habe es aber nie erzwungen. Es ist einfach so gekommen, dass das alles immer mehr wurde und die Keramik-Werkstatt geschlossen wird. Die Musik ist in den Vordergrund gerückt. Daher bin ich dem Grundsatz treu geblieben, mir keine Ziele zu setzen. Das wäre nur anstrengend.

Nach dem Gewinn des Schallplattenpreises setzte sich Ihr Erfolg fort. 1984 waren Sie mit „Lang scho nimma g´sehn“ zwölf Wochen in den deutschen Charts und schafften es bis auf Platz 33. Was bedeuten Ihnen solche Platzierungen?

Seit 35 Jahren mache ich Musik und habe dafür wahnsinnig viele Auszeichnungen bekommen, die ich alle eher mit Humor betrachtet habe. Als ich dann mit „Lang scho nimma g´sehn“ in den Charts war, war das für mich eher lustig. Denn wir haben mit der Haindling-Band die Musik immer genutzt, um eine Riesen-Gaudi zu haben.

Aus dem Deutschen Schallplattenpreis ist später der Echo geworden, der gerade in diesem Jahr für Schlagzeilen gesorgt hat. Wie haben Sie die Antisemitismus-Vorwürfe gegen die Rapper Farid Bang und Kollegah wahrgenommen?

Ich habe den Konflikt in den Nachrichten mitbekommen und dann auch intensiver verfolgt. Ich glaube, dass es Blödheit und Unüberlegtheit ist, so einen Vergleich zu bringen wie in diesem Text. Mir gefällt solche Musik nicht und ich finde auch die Texte entsetzlich. Auch das Gehabe der Rapper im Allgemeinen gefällt mir überhaupt nicht. Wenn die mal ein bisschen Geld haben, müssen sie sich gleich Goldketten umhängen und teure Sportwägen fahren. Das ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Zeitgemäß wäre etwas Bescheidenheit, weil die Welt sowieso fast kaputt geht. Da muss man den Jugendlichen nicht noch ein schlechtes Beispiel geben, indem man ihnen billigen Reichtum vormacht.

Mit Ihrer Band Haindling haben Sie bisher 15 Studio-Alben veröffentlicht. Sind weitere in Planung?

Zumindest ein weiteres Album ist in Planung.

Sie arbeiten also derzeit an einem neuen Album?

Ich arbeite nur wenn es mir Spaß macht, daher dauert es auch ein bisschen länger. Ich bin jetzt 73 Jahre alt und muss mich überhaupt nicht mehr beweisen. Wenn ich etwas mache, dann nur noch weil es mir Freude macht. Deswegen arbeite ich nicht intensiv am neuen Album. Ich habe einen schönen Garten und will das Leben genießen und nicht die ganze Zeit im Studio sitzen. Dennoch zeichne ich meine Ideen auf und habe mittlerweile sechs oder sieben Speicherchips voll mit jeweils 200 Liedern. Wenn ich also ein neues Album mache, weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll, weil ich so viel Auswahl habe.

Sie gehen also lieber auf Tour und geben Konzerte?

Mit der Band unterwegs zu sein macht mir wahnsinnig viel Spaß. Man kommt etwas herum und trifft neue Leute. Es sind heuer acht Konzerte, die wir im Sommer geben. Das macht Spaß. Wenn es mehr wären, würde es zur Routine werden. Und das gefällt mir dann nicht mehr.

Gibt es Musiker oder Bands, die Sie bei Ihrer Arbeit inspiriert haben?

Früher, als ich angefangen habe mir der Musik, habe ich gerne James Taylor gehört oder Joni Mitchell. Aber auch die Musik von Elton John hat mir gefallen. Vor allem sein Bassist hat mich inspiriert. Der hat so gespielt, wie es in meinem Gefühl liegt. Das habe ich auch heute noch im Kopf wenn ich selbst Musik mache. Das war ein guter Musiker.

Was zeichnet Ihre Musik aus?

Eine Menge Bands haben früher viel mit der Gitarre gemacht. Ich wollte eine Musik machen, bei der überhaupt keine Gitarre vorkommt. So habe ich damals einen neuen Sound erfunden. Viele Leute sagen zu mir, dass sie nur ein paar Sekunden zuhören müssen und sofort wissen, dass es Haindling ist. Das ist wunderbar. Das zeigt, dass ich meine eigene Schiene gefunden habe.

Wie würden Sie selbst Ihre Musik charakterisieren?

Es ist eine Musik aus Jazz und Pop mit bayerischen Elementen. Damit meine ich hauptsächlich die Sprache. Es kommt aber immer auf das Thema an. Das kann also auch mal eine bayerische Blasmusik sein – dann aber natürlich von mir komponiert.

Sie sind zwar in Bernau bei Berlin geboren, haben aber Ihr gesamtes Leben in Bayern verbracht. Haindling in Niederbayern ist Ihr Wohnort. Wie kam es dazu, die Band danach zu benennen?

Mein Freund Kevin Coyne war bei mir, als ich gerade meine Kassetten fertig gemacht habe. Und wir haben überlegt, wie ich mich nennen könnte. Kevin hat gesagt: „Why don´t you call it Haindling?“ Ich habe nie ernsthaft darüber nachgedacht, sondern es dann einfach so gemacht. Und Gott sei Dank war es die richtige Entscheidung.

Sie bringen durch diesen Bandnamen also auch Ihre Verbundenheit zur Heimat zum Ausdruck?

Das weiß ich gar nicht genau. Denn die meisten Leute meinen, dass ich Haindling heiße und reden mich so an. Es ist einfach ein einprägsamer Name, gerade wenn man es auf einem Plakat sieht. Ich bin froh, dass ich die Band so genannt habe.

Sie setzen sich sehr für Natur und Umwelt ein und haben 2015 die „Bayerische Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt“ erhalten. War der Einsatz in Ihrer Heimatregion für die frei fließende Donau für Sie eine Herzensangelegenheit?

Ich bin in Donau-Nähe aufgewachsen und außerdem seit 40 Jahren beim Bund Naturschutz. Da ist mir die Erhaltung der restlichen frei fließenden Donau zwischen Straubing und Vilshofen natürlich ein großes Anliegen. Die Staatskanzlei hat damals eine Schiffsfahrt organisiert, bei der sich der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer vom Schiff aus die Donau angeschaut hat. Da waren sowohl Gegner als auch Befürworter mit dabei. Im Ruderhaus in Deggendorf habe ich dann an einem Flügel ein selbst komponiertes Lied für die Donau gespielt. Horst Seehofer war da sehr ergriffen und hat sich am nächsten Tag gegen den Kanalbau entschieden. Immer wenn ich ihn später getroffen habe, hat er mir gesagt, dass mein Lied maßgeblich zu seiner Entscheidung beigetragen hat.

Sie machen neben Ihren Alben auch Filmmusik. Zu den beiden Dokumentarfilmen „Bavaria – Traumreise durch Bayern“ und „Bayern – Sagenhaft“ von Joseph Vilsmaier haben Sie die Musik geliefert. Was waren die Gründe dafür?

Ich kenne Joseph Vilsmaier schon länger und bin mit ihm befreundet. Dann war es eigentlich klar, dass ich die Musik dazu mache. Die Reaktionen waren auch sehr gut. Es hat also wunderbar gepasst.

Wie sieht Ihr Leben in Haindling aus?

Bis vor etwa zehn Jahren, als ich auch die Musik für viele Fernsehserien gemacht habe, habe ich sehr viel gearbeitet – täglich bis fünf Uhr früh. Mittlerweile nehme ich nur noch wenige Aufträge an. Ich bin in der glücklichen Lage, ein schönes Leben zu führen, das ich mir durch die Musik verdient habe.

Im Dezember werden Sie 74 Jahre alt. Haben Sie schon daran gedacht, sich komplett zur Ruhe zu setzen?

Das würde gar nicht gehen. Als Künstler überlege und dichte ich immer etwas Neues. Das geht aus dem Gehirn gar nicht mehr heraus. Mit der Musik aufzuhören kommt also nicht in Frage, solange ich gesund hin. Außerdem zeichne und fotografiere ich gerne. Mein Alltag ist also mit schönen Sachen ausgefüllt.

Haindling auf Tour

Haindling spielt am Samstag, 21. Juli, um 20.30 Uhr beim Plassenburg-Open-Air in Kulmbach. Karten igbt es im Ticketshop unserer Zeitung. Mehr Infos unter www.plassenburgopenair.de.

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