Veranstaltungstipps Howard Carpendale: "Meine Show ist mehr als nur Schlager"

Das Gespräch führte Steffen Rüth
 Foto: Monsterpics/Moritz Kuenster

Howard Carpendale präsentiert auf seinem neuen Album einige seiner Lieder in neuem Gewand. Außerdem geht er zum 50. Jubiläum auf der Bühne auf Tour.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Herr Carpendale, haben Sie sich mit dem aktuellen Album „Symphonie meines Lebens“ einen Traum erfüllt?
Nein, ich habe nicht mal gewagt, von so etwas wie diesem Album zu träumen. Doch als ich in London war und das Royal Philharmonic Orchestra die Lieder spielten, die ich als junger Mann komponiert hatte, da wurde mir klar: Das ist etwas Großes. Etwas Einmaliges. Für mich schließt sich mit diesem Album ein Kreis. Meine ganze Karriere ist auf dieser Platte enthalten.

Wie war die Arbeit in den Abbey Road Studios?
Anfangs war ich überwältigt von diesem unglaublichen Orchester und auch ein bisschen eingeschüchtert. Im ersten Anlauf war ich noch nicht zufrieden mit meinem Gesang. Ich warf alles weg und fing nochmal an. Insgesamt habe ich für dieses Album 90 Stunden lang gesungen. Ich habe wirklich jedes Wort auf die Goldwaage gelegt und mich so sehr angestrengt wie vielleicht noch nie. Insgesamt war es eine sehr, sehr schöne Erfahrung.

Wie kam überhaupt die Idee auf, Ihre Songs mit Orchester neu einzuspielen?
Das Ganze fing an, als wir im vergangenen Jahr für die Berlin-Konzerte unter dem Motto „Show meines Lebens“ die Band auf zwanzig Musiker vergrößerten. Die Ideen sind nach und nach gewachsen, und dann landest du irgendwann bei den Londoner Royal Philharmonikern

Ist dieses Werk das Zwischenfazit Ihrer ersten 50 Jahre als Sänger?
Und jetzt, meinen Sie, kommen die nächsten 50? Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass dieses Album meine gesamte Karriere umfasst und krönt. Auch meinen Söhnen habe ich gesagt, wenn ich irgendwann mal nicht mehr da bin, ist „Symphonie meines Lebens“ das Album, das sie sich anhören sollen. Das ist ein Lebenswerk.

Könnte es Ihr letztes Album sein?
Ich weiß nicht, wie lange es Alben überhaupt noch gibt. Es könnte sein, dass ich keine weiteren mehr produzieren, aber weiter Konzerte spielen werde. Die ehrliche Antwort ist: Ich weiß es noch nicht.

Sind Sie froh, kein junger Künstler mehr zu sein?
Ja. Heute ist es unheimlich schwer, nach oben zu kommen. Diese ganze Influencer-Sache, überhaupt das Internet, hat das Geschäft sehr verändert. Ich sehe das ja bei Wayne. Entertainer ist heute ein ganz anderer Beruf als damals.

Was halten Ihre Söhne von den Orchester-Versionen?
Cass war hellauf begeistert, obwohl er musikalisch auf einem ganz anderen Trip ist und vor allem schnelle Dance Music hört. Wayne meinte, er muss sich erst daran gewöhnen, Titel wie „Hello Again“ in so einer fröhlichen, swingenden Version zu hören.

Stimmt es, dass Cass geheiratet hat?
Nein, noch nicht. Er hat sich mit seiner Freundin verlobt, das ist aber schon über ein Jahr her. Ich frage ihn auch schon jeden Tag „Na, wann denn?“ Im Moment hat er andere Dinge im Kopf, aber die beiden werden ganz bestimmt ein Leben lang zusammenbleiben.

Sie und Donnice haben mehr als 35 Jahre bis zur Ehe gewartet und im März 2018 Hochzeit gefeiert. Wie hat sich Ihr Leben dadurch verändert?
Für uns war das ein sehr wichtiger Schritt und auch ein sehr symbolischer Akt. Wir haben schwere Zeiten durchlebt, auch mit einigen Trennungen, aber wir haben immer wieder zueinander gefunden. Jetzt sagen wir uns, dass die harten Phasen hinter uns sind und fangen neu an. Wir haben uns entschieden, dass wir unsere Zeit, die wir noch haben, zusammen verbringen wollen.

Das klingt nachdenklich
Alle paar Monate geht jemand, den ich noch aus der „ZDF Hitparade“ kannte, von uns. Gerade erst Karel Gott. Ich frage mich, wann ich dran bin. Ich bin Realist. Wenn es passiert, passiert es. Udo Jürgens hat bestimmt auch nicht gedacht „Morgen ist es soweit“.

Also wollen wir die Ehe mit Donnice besser nicht als Happy End bezeichnen.
Als happy schon. Das Ende hat hoffentlich noch Zeit.

Sie haben sich vor 39 Jahren in einer Disco kennengelernt und aus den Augen verloren. Später haben Sie Donnice in ihrer Heimat in Mississippi über einen Anwalt ausfindig gemacht und wurden ein Paar. Ihre Beziehung entpuppte sich dann als relativ turbulent und wechselhaft…
…keiner weiß, wie turbulent.

Ihre Frau war lange Zeit alkoholkrank. Schweißen harte Zeiten auch zusammen?
Es schweißt zusammen, wenn man es schafft, so etwas hinter sich zu bringen. Wir waren zum Teil Welten voneinander getrennt, und es ist ein kleines Wunder, dass wir zusammen durchgehalten haben. Ich persönlich finde es nicht so wichtig, ob man als Eheleute zusammenlebt, aber mit dieser Heirat habe ich Donnice praktisch gesagt, dass sie jetzt mein volles Vertrauen hat. Sie hat etwas geleistet, was nur wenige Menschen schaffen. Mit der Heirat will ich ihr auch sagen „Ich bin da“.

Opa sind Sie vor gut einem Jahr auch geworden. Wie ist es so mit Enkel Mads, dem Sohn von Wayne und Annemarie?
Wahnsinnig schön. Die Beziehung zum Enkel ist etwas ganz anderes als die zum eigenen Sohn. Man genießt mehr. Die Verantwortung ist nicht so hoch. Ich gucke mir den Kleinen mit Liebe und Freude an und erlebe schöne Dinge mit ihm.

Wie sind Sie als Großvater?
Die Eltern haben mich ein paar Mal ermahnt, ich solle ihm keine schlechten Gewohnheiten beibringen. Manchmal gehe ich sehr spielerisch mit dem Kleinen um, veräppele ihn ein bisschen, und er lacht sich kaputt.

Weiß der Junge, was sein Opa macht?
Ich habe ihn noch nicht mit meiner Musik konfrontiert. Aber auch er wird diese Platte bekommen.

War es leicht, die zwölf Songs auszusuchen?
Die meisten haben sich von selbst ergeben. Aber manche wollte ich unbedingt draufhaben, auch wenn sie keine Hits waren. „Eine Nacht in New York City“ zum Beispiel. Beim Singen habe ich gemerkt, dass da zwischen den Zeilen eine Menge steht. Es geht um einen Mann, der einsam ist, obwohl er in der aufregendsten Metropole überhaupt lebt.

„Samstag Nacht“ singen Sie im Duett mit Cliff Richard. Woher kennen Sie ihn?
Cliff gilt in Deutschland als Schnulzensänger, aber zumindest früher war er ein richtiger Rock’n’Roller. Als ich 13 war, kam er nach Durban. Die Show von Cliff Richard war mein erstes Konzert.

Und wie haben Sie sich kennengelernt?
Vor vielen Jahren kontaktierte man mich, weil er den Wunsch hatte, auf Tournee in Deutschland Tennis zu spielen. Wir waren ungefähr gleich gut oder gleich schlecht und haben dann über die Jahre immer mal wieder gespielt. Als ich ihn jetzt fragte, ob er ein Duett singen will, sagte er sofort zu.

Sind Sie eher der Grundlinientyp oder gehen Sie ans Netz?
Naja, ich war gar nicht schlecht. Es hat gereicht für Seniorenmannschaft und für die Fernsehserie „Matchball“ vor 25 Jahren.

„Schnulzensänger, aber eigentlich Rock’n‚Roller“ – trifft das auch auf Sie zu?
Am Anfang meiner Karriere habe ich definitiv nicht die Musik gemacht, die mir selbst vorschwebte. Heute haben sogar eher kritische Journalisten mitbekommen, dass meine Show viel mehr ist als nur Schlager. Thomas Gottschalk meinte neulich, mit den Bläsern würde ich auf einigen meiner Songs klingen wie die Classic-Rock-Band Blood, Sweat & Tears.

Wo Sie Thomas Gottschalk schon ansprechen…
Er ist ein bunter Vogel, und das war er schon immer. Ich finde es ungewöhnlich, dass er selbst so öffentlich über sein Beziehungsleben spricht, aber mir steht es nicht zu, seine Entscheidungen zu kommentieren. Seine Ehe schien für immer zu sein, doch ich glaube, viele Menschen in unserem Alter tendieren in die Richtung, dass sie unbedingt nochmal etwas Neues erleben wollen.

Welche Musik hören Sie eigentlich selbst?
Eigentlich alles außer Rap. Jimi Hendrix und die Rolling Stones liebe ich nach wie vor sehr. Und Rammstein finde ich richtig super. Zwei von denen waren sogar bei meinem letzten Konzert in Berlin.

Sie stehen für Toleranz, für leben-und-leben-lassen. Wie beurteilen Sie die zunehmenden Gräben in unserer Gesellschaft?
Es ist gerade keine schöne Zeit. Ich bin der Meinung, alles, was in Amerika anfängt, schwappt irgendwann über die ganze Welt. Ich will nicht sagen, Trump ist allem schuld, aber er hat unser Miteinander erheblich erhitzt.

Glauben Sie an eine Amtsenthebung?
Die Demokraten müssen das machen, nur: Es wird nichts bringen und ihnen am Ende selber schaden, wenn Trump sich als der große Sieger deklariert. Die richtigen Versager sitzen in der republikanischen Partei. Es ist unfassbar, was die ihm alles durchgehen lassen. Wissen Sie, dieser Typ ist mir sehr nah. Daher trifft mich das alles noch mehr.

Sie haben jahrelang in Florida gelebt und auf seinen Plätzen Golf gespielt.
Ja. Trump war allgegenwärtig in meinem Leben. Ich kenne viele Leute, die ihn kennen. Und super finden. Weil sie weniger Steuern bezahlen müssen. Dort, wo ich gelebt habe, war ich mit Leuten befreundet, die hatten tausend Mal mehr Geld als ich. Aber sie wollten zweitausend Mal so viel. Ich habe ihn selbst mal kurz kennengelernt.

Wie war das?
Bizarr. Ich saß mit Freunden in seinem Golfclub Mar-a-Lago. Er landete mit seinem Hubschrauber vor dem Clubhaus, aß dann am Nebentisch seinen Burger, kam rüber und meinte zu meinen Freunden über mich: „Der Kerl ist ein Riesengolfer, oder?“ Ich denke, er hatte mich verwechselt.

Haben Sie ihn denn nicht auch ein ganz kleines bisschen bewundert?
Nein. Donald Trump war für mich immer eine Witzfigur. Jetzt ist er Präsident. Manchmal kann ich es immer noch nicht glauben.

Howard Carpendale auf Tour

Der Schlagersänger geht auf „50 Jahre – Die Show meines Lebens“-Tour und tritt am 2. Mai um 20 Uhr in der Frankenhalle in Nürnberg auf. Karten gibt es bei uns.

Bilder