Während sechs Wochen im Januar und Februar diesen Jahres haben Sie in 14 Städten auf sämtlichen Kontinenten gespielt – fast ohne einen freien Tag dazwischen. Wollten Sie mit dieser Tour einen Weltrekord aufstellen?
Wir sind gern in diesem Tourmodus. Hätten wir dazwischen freie Tage, kämen wir aus dem Rhythmus. Für einen Musiker ist es ein Lebenstraum, die Möglichkeit zu haben, auf der ganzen Welt seine eigene Musik zu spielen. Und wenn dann auch noch Leute dazu tanzen und Spaß haben, ist das einfach fantastisch.

Warum diese Welttournee? Wollen Sie LaBrassBanda noch stärker international verankern?
Die Stimmung in Deutschland und Europa, wo wir sehr viele Konzerte gemacht haben, ist schon immer sensationell gewesen. Aber wenn du dann wirklich einmal in Fortaleza in Brasilien 100 Leute, darunter Omas und Opas, zum Tanzen und Schreien bringst, ist das ein unvergessliches Erlebnis.

Ist es ein komisches Gefühl, auf die Bühne zu gehen und nicht wirklich zu wissen, ob die Musik beim Publikum überhaupt ankommt?
Ja, aber wir sind schon von uns selbst überzeugt. Wir stellen uns irgendwohin und probieren wirklich ein schönes Konzert zu machen. Das Allerbeste ist, für Leute zu spielen, die uns noch nicht kennen und von denen man noch etwas lernen kann.

Waren Sie bei dieser Reise hin- und hergerissen zwischen Faszination und Kulturschock?
Ja, das stimmt. Mich faszinieren immer Länder, bei denen ich hinter die Fassade blicken und in Clubs und Gegenden spielen kann, wo Touristen nicht freiwillig hingehen. Tokio habe ich mir immer als schillernde, nervöse, laute Metropole vorgestellt, aber es ist überraschenderweise eine sehr angenehme Stadt. Faszinierend fand ich auch die tausenden Motorradfahrer in Vietnam. Das dortige Verkehrssystem ist sehr speziell, aber es funktioniert – auch ohne Ampel. Wenn man versucht, eine fünfspurige Straße zögerlich zu überqueren, hat man keine Chance und wird sofort überfahren. Aber wenn man selbstbewusst auftritt und es genauso macht wie die Einheimischen, funktioniert es.

Gab es auch böse Überraschungen?
Brasilien ist schon ein hartes Pflaster. Rio ist eine der schönsten Städte, die ich je gesehen habe, dort gehen Natur und Stadt auf faszinierende Weise ineinander über. Aber man muss dort sehr aufpassen und sich an ganz klare Regeln halten. Wenn dir jemand sagt, dass da gerade ein Überfall passiert ist, entfernst du dich besser sofort. Solch ein Unsicherheitsgefühl kennen wir Deutschen nicht, aber in Brasilien ist es Alltag. Eine krasse Erfahrung. Das Land wirkt, als stehe es ein bisschen vor dem Kollaps. Als wir da waren, streikte gerade die Polizei und zeigte nur sporadisch Präsenz. Die Menschen helfen sich dann einfach selber. Umso farbenfroher und menschlicher waren unsere Auftritte.

Wie haben Sie das Publikum erlebt?
Die Asiaten waren sehr lustig. In Tokio spielten wir in einem Einkaufszentrum, dementsprechend viel Laufpublikum kam vorbei. Die Leute rechneten überhaupt nicht damit, dass da jetzt plötzlich so eine Ledenhosenband Stimmungsmusik macht. Es war spannend, mitanzusehen, wie sie allmählich mitgingen. Die Japaner haben normalerweise erst dann einen Gefühlsausbruch, wenn sie in einem geschützten Karaokeraum sind. Und im brasilianischen Fortaleza stieg sogar eine Oma auf die Bühne und tanzte mit uns. Das ist natürlich ein großes Kompliment!

Warum klingt Ihre Musik in den Ohren von Brasilianern, Chinesen, Vietnamesen oder Japanern nicht befremdlich?
Kann ich nicht sagen. Ich glaube, Musik wirkt auf diese Menschen so ähnlich wie auf mich. Wenn ich in Japan oder Vietnam an einem Straßenmusiker vorbeigehe, zieht er mich mit seiner Eigenart unweigerlich in seinen Bann. Coverbands sind viel beliebiger. Ich mag einfach neue Klänge. Und unsere Musik war auf dieser Tour für die meisten Menschen sehr neu.

Gibt es Ihre neue CD „Around The World“ auch weltweit zu kaufen?
Spotify finde ich einerseits eine Katastrophe, weil man da für seine Lieder nichts mehr bekommt. Andererseits konnten wir jedem Menschen, den wir bei dieser Reise begegnet sind, zeigen, wo er unsere Lieder finden kann. Es macht wahnsinnig viel Spaß, im Internet irgendwelche Kommentare zu seinen eigenen Liedern in japanischer Sprache zu finden.

Im Zuge der Globalisierung gibt es die Befürchtung, dass die Bands immer ähnlicher klingen. Sehen Sie Ihre Musik als ein Statement gegen die Globalisierung?
Einerseits ja, was die Wirtschaft betrifft. Andererseits finde ich die Globalisierung der menschlichen Wärme fantastisch. Darin unterscheiden die einzelnen Länder sich nicht. Menschliche Wärme ist auf der ganzen Welt gleich.

Wenn Sie Deutschland einmal mit anderen Ländern vergleichen, was vermissen Sie dann hier?
Eine Grundfreundlichkeit. Vielleicht nimmt man das auch anders wahr, wenn man auf Reisen ist. Wenn wir uns nach Restaurants erkundigt haben, erfuhren wir immer sehr viel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Deutsche reagieren da oft sehr spröde und ängstlich. Wir waren insgesamt sechs Wochen auf Tour und jeder von uns kam mit einem breiten Grinsen im Gesicht nach Hause. Das sagt alles über diese Reise.

Haben Sie nicht nur mit Ihrer Musik, sondern auch mit Ihren Lederhosen für Aufsehen gesorgt?
Lustigerweise überhaupt nicht. Einmal sind wir ganz provokativ an einem Surferstrand mit unseren Lederhosen entlang marschiert. Aber es kam überhaupt keine Regung. Dafür sorgten unsere Instrumente immer wieder für Aufsehen. Mit den Zöllnern haben wir gleich Freundschaft geschlossen, darunter sind erstaunlich viele Musiker gewesen. Wir haben mit ihnen teilweise sogar Jamsessions gemacht.

Wie viele Lederhosen braucht man für eine Welttournee?
Bei uns hat jeder seine eigene! Wir haben uns bei der Vorbereitung auf die Tournee viele Gedanken übers Gepäck gemacht. Wir haben es dann sehr reduziert: Jeder hatte einen kleinen Koffer, eine Lederhose und sein Instrument dabei. Das reichte völlig aus.

Es heißt, Rock ‚n’ Roll sei purer Sex und die Gitarre das erotischste Instrument überhaupt. Und was ist dann die Tuba?
Das unerotischte Instrument überhaupt! Die Tuba ist aber fantastisch geeignet für intime Momente mit dem Publikum. Sie hat eine Rhythmusfunktion und geht wirklich in die Beine. Und man braucht für sie keinen Strom. Auf einer Tuba zu spielen ist gar nicht so anstrengend wie man meint, weil die Technik ähnlich ist wie bei der Posaune oder Trompete. Das anstrengendste ist ihr Gewicht. Als Tubaspieler brauchst du wirklich breite Schultern.

In dem Song „Indian Explosion (Bauwagn)“ heißt es. „Mia san ned die Coolsten, mir san ned die Besten, aber mir schmeißen die geilsten Festl“. Ist das Ihr Lebensmotto?
Hundertprozent! Man muss keine Angst haben vor dem Leben und auch keine Angst als Musiker, aufzutreten. Wenn man sich richtig anstrengt, dann wird das auch honoriert. Das finde ich fantastisch.

Sehen die Hallen und Clubs, in denen Sie aufgetreten sind, überall auf der Welt gleich aus?
Da gibt es sehr große Unterschiede. In Sydney spielten wir in einem richtigen Club mit 500 Zuschauern und einer guten Anlage. Und in Wellington standen wir auf einer winzigen Bühne auf einem Straßenfest direkt neben der Hüpfburg. Zuerst waren fünf Leute da, und als wir aufhörten zu spielen, waren es 1000.

Sie haben auch in San Francisco und in Houston Station gemacht. Wussten die Amerikaner, wo Bayern liegt?
Ja, wir waren vorher schon mal in Amerika. Ich finde das Land fantastisch. Die Amerikaner sind ein sehr musikalisches Völkchen.

Gibt es zwischen dem amerikanischen und dem bayerischen Idiom eine gewisse Klangverbindung?
Auf alle Fälle. Texanisch und Bayerisch klingen von der Aussprache her fast identisch. Auch das Essen ist ähnlich und sehr deftig. Sogar die texanische Einrichtung hat uns an Bayern erinnert. Über der Lampe hing ein Hirschgeweih – wie daheim!

Verstehen Sie sich als Botschafter der bayerischen bzw. deutschen Kultur?
Ein bisschen schon. Im Ausland hören wir immer wieder den Satz: „Ich hätte nicht gedacht, dass Deutsche so viel Spaß haben können.“ Oder dass Deutsche neben dem Humpa-Humpa-Ding auch an anderer Kultur interessert sind.

Haben Sie sich aus jedem Land etwas mitgebracht?
Ich hatte einen sehr kleinen Koffer dabei. Ich versuche, auf Reisen mit immer weniger auszukommen. Deswegen habe ich meiner Freundin auch nur warme Socken gekauft. Sie hat nämlich immer kalte Füße.

Wo schmeckt das Bier am besten?
Das ist eine sehr schwierige Frage. In Japan wird zum Beispiel hervorragendes Bier gebraut. Ich mag grundsätzlich die Abwechslung. Hätte ich jeden Tag das gleiche Bier, würde es mir irgendwann nicht mehr schmecken. Ich liebe es, eine Kultur über das Essen und das Trinken kennenzulernen. Ich glaube, diese Reise hat mich wirklich verändert.

Sie sind auch dieses Jahr wieder auf Bierzelt-Tour. Sind Bierzelt-Feste für Sie etwas Besonderes?
Auf alle Fälle! Erstens finden solche Feste nicht in der Stadt statt. Das allein ist schon fantastisch. Die städtischen Clubs haben meist ein umfangreiches Kulturprogramm, aber auf dem Land passiert sehr wenig. Dort kommen manchmal junge Menschen zu uns, die noch nie ein Live-Konzert gehört haben, weil die nächste Stadt 100 Kilometer weg ist. Auf solche Orte freuen wir uns immer ganz besonders.

LaBrassBanda auf Tour
Die Gruppe heizt am 5. August um 20.30 Uhr dem Publikum auf dem Schlossinnenhof des Schlosses Tambach bei Coburg ein. Karten dafür gibt es bei uns.