Veranstaltungstipps Prinz Pi: "Werte sind wichtig"

Das Gespräch führte Steffen Rüth
 Quelle: Unbekannt

Prinz Pi ist mittlerweile bei seinem vierzehnten Album angekommen. Auf „Nichts war umsonst“ präsentiert sich der Rap-Songwriter aus Berlin-Kreuzberg so popkommerziell wie nie.

 
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Friedrich, das Cover von „Nichts war umsonst“ ziert die gute, alte D-Mark, mit deinem Konterfei drauf. Willst Du den Euro abschaffen?
Auf gar keinen Fall. Aber die Mark war für mich eine Konstante, das Symbol schlechthin für Verlässlichkeit.

Es gibt sie trotzdem nicht mehr.
Für mich ist und bleibt sie einfach etwas sehr Stabiles. Gerade heute finde ich es wichtig, dass wir Werte haben, an denen wir uns festhalten und orientieren können. Es gibt ja kaum noch Garantien in der Gesellschaft. Wer hätte denn vor fünf Jahren geglaubt, dass jemals wieder Rechtsradikale in diesem Land im Parlament sitzen? Wenn du, so wie ich, mit der Überzeugung aufwächst, dass so etwas nie wieder möglich ist, weil wir aus der Geschichte zumindest gelernt haben, dass man Nazidenken im Keim ersticken muss, dann ist das ein Schock. Oder der Schmierenkomödiant in den USA. Man fasst ja vieles gar nicht mehr.

Wo würde ein Präsident Pi ansetzen?
Ich würde gegen die Schwarzmalerei vorgehen. Ich möchte den Leuten deutlich machen, dass die Ängste, die von Demagogen geschürt werden, übertrieben und größtenteils nicht real sind. Die Bedrohungen sind längst nicht so schlimm, wie sie von manchen dargestellt werden. Für mich ist diese Form der kalkulierten Angstmache, wie sie manche Politiker betreiben, auch eine Form des Terrorismus. Das muss man eindämmen, sonst entwickelt sich die Gesellschaft in eine extremistische Richtung.

Wie lässt sich diese Entwicklung denn eindämmen?
Zunächst mal sollte die Politik aufhören, Negativszenarien zu beschreiben. Niemand sagt „Wenn wir regieren, dann kriegen wir eine geile Zukunft“. Natürlich haben wir Probleme, angefangen vom Bedrohungsszenario mit Atomraketen bis zum Zerfall der Europäischen Union, aber irgendwas ist immer. Trotzdem würde Ich den Leuten mehr Zuversicht geben und versuchen, ihnen ein Gefühl von Stabilität, auch wirtschaftlicher Stabilität, zu vermitteln.

Du wärst also für das bedingungslose Grundeinkommen?
Nein, ich würde den Leuten kein Grundeinkommen geben, schon gar nicht bedingungslos. Das nimmt vielen die Möglichkeit und auch den Ehrgeiz, sich produktiv in der Gesellschaft zu engagieren. Viele werden sagen, sie kommen mit, sagen wir, tausend Euro, über die Runden. Und dann hast du die Leute, die den Tag verbummeln, ständig niveaulose Medien konsumieren und sich schlecht ernähren. Diese Personen leben zwangsläufig auf Kosten des Teils der Gesellschaft, der nun umso mehr Geld verdienen muss, um die Unproduktiven mit durchzuschleppen. Du erziehst die Leute auf diese Weise dazu, dass es nicht mehr erstrebenswert ist, Erfolg zu haben. Die Gesellschaft würde das noch stärker spalten.

Du hast Kommunikationsdesgin studiert. Würdest du Musik auch machen, ohne Geld damit zu verdienen?
Ja. Ich sehe mich nicht als Dienstleister, der ein Produkt abliefert und sonst nichts. Musik ist für mich Kunst. Die Entwicklung geht aufgrund der Streaming-Dienste sowieso dahin, dass man immer weniger Geld damit verdient.

Wie wichtig ist dir Geld?
Nicht so wichtig. Ich bin jetzt Ende 30, das ist eine Altersstufe, auf der sich viele darüber definieren, was sie geschafft haben, ob sie ein Haus gebaut haben, wohin sie in den Urlaub fliegen, solche Sachen. Ich habe zwei Kinder, es genügt mir, für meine Kinder und mich gutes Essen zu kaufen und keine materiellen Sorgen zu haben.

Findest Du es albern, dass Geld im HipHop traditionell ein Riesenthema ist?
Nein, ich kann das total nachvollziehen. Wenn deine Eltern vielleicht mit nichts hier ankamen oder du aus zerrütteten Verhältnissen stammst, dann suchst du nach Dingen, an denen du dich festhalten kannst. Dazu gehören materielle Statussymbole, die verdeutlichen, dass du nun weiter oben in der Gesellschaft stehst als zu der Zeit, als du angefangen hast.

Dein Wohlstandssymbol, wie Du in „Meine Welt“ sagst, ist das „Cabrio mit zwei Rädern“.
Also, ich mag schon auch schöne Dinge. Ich gebe recht viel Geld aus für Geräte, die ich mir selber baue, für mein Studio vor allem. Und ich mache Möbel selbst. Wenn du an einem Song arbeitest, weißt du letztlich nie, ob der am Ende was taugen wird. Aber wenn du dir selbst einen Tisch schreinerst, das ist was Handfestes, was Bleibendes. Da weißt du: Die Mühe war nicht umsonst.

Auf „Nichts war umsonst“ sprichst Du häufig über deine Familie, speziell deine beiden Kinder. Spielst Du mit dem Kontrast zwischen der großen bösen Welt da draußen und der kleinen heilen Welt in deinem Zuhause?
Schon, ja. Gegen vieles da draußen kannst du als einzelner Mensch nichts ausrichten, wenn Krieg kommt, sich die Wirtschaft verändert, solchen Entwicklungen bist du ausgeliefert. Aber wenn dein Sohn Hunger hat, dann kannst du ihm was zu essen geben, und es geht ihm besser.

Was gibt es denn bei euch zu essen? Schön biologisch und nachhaltig?
Naja, die Tomaten für die Nudelsauce koche ich schon ganz gern selber ein. Vor allem mag ich es, mit den Kindern zusammen zu kochen. Eine Pizza selbst auszurollen und gemeinsam zu belegen ist so viel cooler und so viel mehr „Zuhause“, als einfach eine Fertigpizza warm zu machen.

Gibt es das „Haus im Wald“ aus besagtem Song, wirklich?
Ja, das ist mein liebster Rückzugsort. Das ist mein Refugium, dort kann ich loslassen und mich erholen und sammeln. Eigentlich ist das Haus nur eine Hütte, sie liegt abgelegen im Westen von Schweden, der nächste größere Ort ist Östersund.

Du sprichst auf dem Album an mehreren Stellen über Depressionen. Wie nah sind dir dunkle Emotionen?
Sie sind schon vorhanden. Depressionen sind eine extreme Von-bis-Krankheit, es gibt Menschen, die so schwer depressiv sind, dass sie nicht mehr alleine auf die Toilette gehen können. So schlimm ist es bei mir nicht. Aber wie viele andere Menschen habe ich meine düsteren Phasen, in denen es mir nicht so gut geht.

Wie gehst Du dagegen an?
Mit Sport. Wenn ich erstmal den Körper aufgerichtet habe, dann folgt auch mein Geist. Ich boxe. Das ist eine Sportart, bei der du lernst, dich auf nichts anderes als auf den Sport als solchen zu konzentrieren. Denn sonst kriegst du eine reingehauen.

Unterm Strich aber klingt „Nichts war umsonst“ wohl so positiv und poppig wie keines deiner bisherigen Alben. Aus dem klassischen HipHop-Kosmos hast Du dich noch weiter gelöst. War es ein bewusster Ansatz, ein kommerzielles Album zu machen?
Von solchen Kategorien halte ich nichts. Was ist Pop? Was ist HipHop? Was ist kommerziell? Die Grenzen sind da mittlerweile so verwischt und praktisch verschwunden, dass ich mir diese Gedanken nicht mehr mache. Ich bin beim Musikmachen eher wie ein Koch, der sich überlegt, welches Gewürz, also welcher Sound oder welcher Gast, zu einem bestimmten Gericht, sprich Song, am besten passt.

„Original“ ist ein Duett mit Mark Forster, auf „Hellrot“ singt Bosse mit. Das sind ja beides Jungs, die man sich ins Boot holt, wenn es positiv werden soll, oder?
Okay, das stimmt. Mit Bosse wollte ich in der Tat eine richtig schöne, helle Sommerhymne aufnehmen, quasi als späte Reaktion auf den verregneten Scheißsommer dieses Jahr. Und Mark Forster hörte den Song zufällig im Studio, er kam rein und meinte „Da wäre ich gerne drauf“. Er gibt der Nummer nochmal so einen zusätzlichen positiven Drall.

Worum geht es in „Original“?
Dass Anderssein irgendwann nicht mehr als Makel, sondern als Qualität angesehen wird. Die Außenseiter von heute werden die Charakterköpfe von morgen sein. Was wurde ich damals wegen meiner Brille gehänselt, und heute ist sie ein Symbol des Intellektuellen (lacht).

Du bist in Berlin-Zehlendorf geboren und lebst seit vielen Jahren in Kreuzberg. Warum gerade dort?
Das war ursprünglich keine bewusste Entscheidung für Kruezberg. Viele Freunde lebten dort, meine erste Wohnung hatte ich direkt am Schlesischen Tor. Damals war das das Günstigste, was man bekommen konnte. Mittlerweile ist die ganze Ecke ja komplett durchgentrifiziert.

Findest Du das gut oder schlecht?
Ich empfinde Gentrifizierung, zu der ich ja per Definition beitrage, als nicht so schlimm wie viele andere. Die Lebensqualität steigt durch gute Restaurants und ähnliches ja ungemein. Auch dem Wirtschaftssandort Berlin als solchem schadet es nicht, wenn zum Beispiel junge Leute Firmen gründen, Geld machen und dieses Geld an Orten wie Kreuzberg eben auch ausgeben wollen.

Könntest Du auch woanders leben als in Berlin?
Also, wenn du Kinder hast, fragst du nicht mehr, wo du selbst gern leben möchtest, sondern wo es für die Kinder am angenehmsten ist. Ich persönlich finde urbane Landschaften spannend, New York würde mich sicher reizen, aber ich könnte mir eher vorstellen, dass ich mit den Kindern mal ein paar Monate durch Südamerika reise.

Prinz Pi auf Tour

Der Rapper tourt unter dem Motto „Nichts war um sonst“ und macht am 18. Februar um 20 Uhr im E-Werk in Erlangen halt. Karten für das Konzert gibt es bei uns.

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