Coburg Lockruf für Landärzte

Von Stefanie Karl

Der Kreis Coburg vergibt an Medizinstudenten Stipendien. Die sind aber an eine Bedingung geknüpft: Nach der Ausbildung müssen sich die so Geförderten in der Region niederlassen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Coburg/ Meeder - 300 Euro pro Monat für fünf Stipendiaten, längstens fünf Jahre Förderung, dann nach Abschluss der fachärztlichen Weiterbildung 24 Monate Bindung an eine Kommune im Coburger Land: Zum Start des Wintersemesters 2014 hat der Landkreis Coburg zum ersten Mal Stipendien an Medizinstudenten vergeben, um diese nach Abschluss der Ausbildung - zumindest zeitweise - an die Region zu binden. Einer von den fünf Auserwählten entschied sich kurzfristig für eine andere Förderung, das Angebot der Stipendiengeber ist in diesen Tagen zugegebenermaßen groß. Diesem Umstand zum Trotz: Die Rahmendaten sind flink wiedergegeben, die Entscheidung pro oder contra Landarzt, das überreißt sich weniger schnell. Was also bewegt einen jungen Studenten, sich für den ländlichen Raum zu begeistern?

"Die Motivation der Medizinstudenten ist ganz unterschiedlich", berichtet Nadine Wuttke vom Planungsstab Landkreisentwicklung am Landratsamt Coburg. Sie war die Ansprechpartnerin für Bewerber und Interessierte im Wintersemester 2014, die Formulierungen der ursprünglich zehn Stipendienbewerber hat sie noch im Kopf. Die Übernahme der elterlichen Praxis, die eigene Kindheit im ländlichen Gebiet, mehr Zeit für die Patienten und ihre Geschichten, günstiger Wohnraum - die Beweggründe haben eine große Spannweite.

Maximilian Wicht ist einer der Stipendiaten. Er möchte nach Abschluss seines Studiums Landarzt werden und die allgemeinmedizinische Praxis seines Vaters in Meeder übernehmen. Das Stipendium des Landkreises nennt er eine "große Erleichterung" auf dem Weg, seinen Traum zu verwirklichen. Eine Tätigkeit als Arzt auf dem Land, das sei zwar mitunter hektisch, aber doch ungleich vielfältiger als beispielsweise die Arbeit als Chirurg in einem großen Krankenhaus. "In der Klinik sehen die Mediziner immer nur einen Teilbereich der ärztlichen Versorgung, der Landarzt hingegen wächst mit der gesamten Familie des Patienten. Da kennt man vielleicht schon den Vater und die Großeltern", so der 25-Jährige. Die alltägliche Arbeit in der Praxis hat er von Kindesbeinen an kennengelernt, auch in den Semesterferien schaut er seinem Vater bei der Betreuung seiner Patienten gerne über die Schulter. "Der Allgemeinarzt auf dem Land ist auch Seelsorger und vertraulicher Ansprechpartner", weiß der Student.

Das Förderprogramm des Landkreises ist derzeit noch ein Pilotprojekt. Wie sich alles entwickelt, das müsse erst abgewartet werden. "Es hat noch niemand das komplette Programm durchlaufen, wir haben bisher noch keine Erfahrungswerte", so Nadine Wuttke. Das wird auch noch eine Weile so bleiben: Vom ersten Semester bis zur Premiere im weißen Kittel vergehen gut zehn Jahre, fünf Jahre Studium an der Uni gefolgt von fünf Jahren Fachausbildung zum Hausarzt.

Was den Nachwuchs für die medizinische Versorgung auf dem Land anbelangt, so besteht unstreitig Handlungsbedarf. Die Auswirkungen des demografischen Wandels sind bekannt, die Bevölkerung wird immer älter, auf immer weniger Ärzte kommen immer mehr Patienten. "Im Landkreis Coburg gibt es relativ wenige junge Ärzte. Das Durchschnittsalter der Hausärzte in der Region liegt bei über 55 Jahren. Da kann man sich ausrechnen, ab wann es kritisch wird", gibt Nadine Wuttke zu bedenken. Das Stipendienprogramm sei daher auch nur ein erster Versuch, könne aber nicht die einzige Lösung sein, wie die Mittdreißigerin meint. Es gehe darum, sich Schritt für Schritt voran zu tasten und wichtige Grundvoraussetzungen für die Mediziner vor Ort zu schaffen, beispielsweise einen funktionierenden Bereitschaftsdienst. In Coburg, so betont Nadine Wuttke, gibt es bereits seit 2013 eine Bereitschaftspraxis am Klinikum Coburg. "Das funktioniert hier also schon", sagt sie.

Hinzu kommt nach Einschätzung der Fachfrau ein weiterer, durchaus entscheidender Faktor: "Es liegt nicht nur am Alter, es wächst derzeit auch eine ganz neue Ärztegeneration heran. Der Großteil der Studierenden im Bereich der Humanmedizin sind Frauen. Da werden natürlich ganz andere Anforderungen an den Arbeitsplatz gestellt", erklärt Nadine Wuttke. Teilzeittätigkeit, Zusammenlegung in Gemeinschaftspraxen, stimmige Vertretungsregelungen - alles Ansätze, die Frauen helfen können, Beruf und Familienalltag passgenau miteinander zu vereinbaren.

Unabhängig von den zahlreichen Herausforderungen ist für die Mitarbeiter im Landratsamt Coburg jedoch klar: "Wir wollen alles dafür tun, den Studierenden die Vorzüge unserer Region aufzuzeigen. Unser Ziel ist es natürlich, dass die Mediziner auch nach den 24 Monaten hierbleiben", so Nadine Wuttke. Maximilian Wicht sieht insofern kein Problem: "Die Region bietet auch Menschen aus anderen Teilen Deutschlands sehr viel. Ich denke, sie werden sich hier mit ihren Familien schnell einleben. Eine hervorragende Ausbildungsstruktur mit top Abteilungen ist ja ebenfalls vorhanden."

Wir wollen alles dafür tun, den Studierenden die Vorzüge unserer Region aufzuzeigen.

Nadine Wuttke,

Landratsamt

Ansprechpartner

Für Bewerber und Interessierte gibt es ab dem kommenden Wintersemester einen neuen

Ansprechpartner:

Jonas Tilhof

Gesundheitsregion Plus

09561/ 514135

jonas.tilhof@landkreis-coburg.de

Förderprogramm für Praktika auf dem Land

Vor drei Monaten startete der Bayerische Hausärzteverband zusammen mit der Techniker Krankenkasse ein gemeinsames Förderprogramm: Für 20 Praktikumsplätze (Famulaturen) auf dem Land werden Zuschüsse für Unterbringungs- und Reisekosten vergeben.

Der Höchstbetrag pro Förderung liegt bei 500 Euro. Wie die Organisatoren berichten, erweist sich das Programm als "voller Erfolg".

Nähere Infos gibt es unter www.hausaerzte-bayern.de in der Rubrik Nachwuchs.

Bilder