Coburg Ärzte gegen starre Fördergrenzen

Besonders in der Stadt Coburg besteht ein akuter Mangel an Hausärzten. Symbolbild: Christin Klose (dpa Archiv) Quelle: Unbekannt

In Coburg gibt es zu wenig Allgemeinmediziner Ulrich Zuber, Vorsitzender des Hausarztvereins, fordert "die Unterstützung vieler Partner" ein.

 
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Coburg - Ulrich Zuber, Vorsitzender des Hausarztvereins Coburg Stadt und Land, bezeichnet die Bemühungen, Allgemeinmediziner für die Region zu gewinnen (Neue Presse vom Samstag), als vorbildlich. Allerdings gebe es weitere Handlungsfelder. Zuber schreibt in einer Stellungnahme:

"Die ausführliche Darstellung der Situation um den Coburger Hausarztmangel möchte um einige Aspekte eines praktizierenden Allgemeinmediziners ergänzen. Aufgrund der Tatsache, dass insbesondere hausärztliche Praxen gerade auf dem Lande nicht genügend nach besetzt werden können, wurden das staatliche bayerische Förderprogramm sowie auch die Stipendiatenprogramme und nun auch die Landarztquote für Medizinstudenten geschaffen.

Gesundheitsregionen sollen zusammen mit den lokalen Partnern die ärztliche Versorgung vor Ort mitgestalten. Die Bestrebungen und geschilderten Aktivitäten in der Region Coburg sind vorbildlich und bayernweit ein Musterprojekt. Die erwarteten Stipendiaten des Landkreises, die Studenten aus der Medical School Regiomed und aus den bayerischen Universitäten versprechen später immerhin ein Kontingent aus potenziellen Nachwuchskräften.

Dennoch ist nun auch allen offensichtlich, dass gerade jetzt ein akuter Hausarztmangel, besonders in der Stadt Coburg, sichtbar wird, und dies entgegen dem Landestrend, bei dem die Städte in der Regel wesentlich besser mit Arztpraxen besetzt sind. Hierbei ist eine neuerliche Analyse und Gegensteuern unbedingt notwendig, Vorschläge werden ja schon reichlich gemacht.

Jedenfalls kann eine lokale Versorgungssituation nicht allein mit nackten Zahlen beschrieben und gelöst werden, ein genauer Blick auf die Gegebenheiten und eine genaue Einschätzung sind hier notwendig. Nachprüfbare Ermessensspielräume müssen in den Genehmigungsrichtlinien eingeräumt werden. Es kann auch nicht ein an Stadt- und Landkreisgrenzen fixiertes starres Fördersystem in Stein gemeißelt sein, da damit die lokale Situation nicht berücksichtigt werden kann.

Wir praktizierenden Ärzte hoffen alle, zu gegebener Zeit unserer Praxen auch Nachfolgern übergeben zu können. Diese Absicht hängt natürlich auch von den Umständen vor Ort ab, damit die Praxisbedingungen für die nachkommende Ärzteschaft und ihren Vorstellungen attraktiv bleiben.

Finanzielle Förderungen, gleich welcher Art, sind sicherlich ein Faktor zur Niederlassung, aber in der Regel nicht der Entscheidende. Familie und Lebensbedingungen sind mindestens gleichwertig. Die Region als attraktiver Lebensmittelpunkt ist da in der Imagekampagne der Gesundheitsregion sehr gut beschrieben. Es müssen zudem von kommunaler Seite in Abstimmung mit der Ärzteschaft Angebote gemacht werden, um den verschiedenen Vorstellungen der Berufsausübung der nachwachsenden Ärzteschaft gerecht zu werden. Diese kann in Gemeinschaftspraxen oder größeren Organisationseinheiten (MVZ, Ärztehaus) oder auch in einer Einzelpraxis ausgeübt werden. Ausreichend Ärzte vor Ort zu haben ist immer noch ein wesentlicher Infrastrukturfaktor einer Kommune und muss auf der Prioritätenliste oben stehen.

Im Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin versuchen wir dem Nachwuchs unseren schönen Beruf und die vielfältige Tätigkeit in einer Hausarztpraxis zu vermitteln. Allerdings müssen wir aber aufpassen, dass Arztpraxen aufgrund der digitalen Vorgaben, der Gesetzesflut und den vielen Vorschriften noch führbar bleiben. Es sollte auch ein zeitlicher Rahmen gestaltbar sein, der eine Zuwendung zum Patienten erlaubt. Ein neu niedergelassener Arzt würde eher abgeschreckt werden, wenn er reine akkordartig verdichtete Arbeitsbedingungen vorfindet. Zudem ist auch derzeit unter Pandemiebedingungen ein erhebliches Spannungsverhältnis in den Arztpraxen vorzufinden, welches auch der Ungeduld und dem Unverständnis mancher Patienten zuzuschreiben ist.

Organisation und Abläufe in den Praxen sind nun mal zum Schutz der Patienten neu gestaltet und dauern oft länger. Hier müssen wir als Praxisinhaber Respekt und Verständnis unseren tüchtigen Mitarbeiter gegenüber als unbedingte Vorgabe eines Arzt- Patienten Verhältnisses einfordern.

Unter diesen Bedingungen ist es für uns nicht leichter geworden, ärztlichen Nachwuchs zu begeistern, hängt allerdings auch von der Zahl der momentan praktizierenden Ärzte ab. Hier sei den Kollegen und Kolleginnen gedankt, welche auch im höheren Alter noch ihren Dienst in der Praxis unter den heutigen Bedingungen ausüben. Jedoch ist kein Arzt verpflichtet, bis zur körperlichen Selbstaufgabe tätig zu sein.

Alle Beteiligten haben es alle selber in der Hand ihren Teil dazu beizutragen, die ärztliche Versorgung vor Ort weiter zu erhalten. Nicht nur Problembewusstsein, sondern auch gegenseitiges Verständnis und Reduktion mancher Ansprüche sind dafür notwendig. Die bereits eingeleiteten Maßnahmen werden in einigen Jahren Früchte tragen. In der Zwischenzeit sollte die Erwartungshaltung aller den Bedingungen des vorliegenden regionalen Hausarztmangels Rechnung tragen.

Wir werden unseren Beitrag dazu leisten die Patientenversorgung zu gestalten und Nachwuchs zu generieren, brauchen aber hierbei die Unterstützung vieler Partner. Kommunikation untereinander und nachhaltige Abstimmung sind wesentlich und müssen intensiv und vorausschauend geführt werden."

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