Coburg - 30. Oktober 1961: In Bad Godesberg wird das deutsch-türkische Anwerbeabkommen unterzeichnet. "Gastarbeiter" sollen für zwei, drei Jahre in Deutschland malochen und dann wieder in ihre Heimat zurückkehren. Doch was sich in der Theorie gut anhört, klappt in der Praxis nicht. Der Schriftsteller Max Frisch hat den Denkfehler so beschrieben: "Man hat Arbeitskräfte gerufen, und es kamen Menschen." Sie blieben. Auch in Coburg. Integration, also die Eingliederung der ausländischen Mitbürger in die Gesellschaft, fand so gut wie nicht statt. Bürgermeister Norbert Tessmer zitiert Rita Süßmuth, die ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestags: "Man ging davon aus, dass die Leute wieder gehen." Deshalb habe man sich vor Integration gedrückt. Die politische Diskussion funktionierte bis vor wenigen Jahren so: "Die Linke wollte Multi-Kulti, die Konservativen verneinten, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Beides hat nicht funktioniert", betont Tessmer. Er spricht von "Fehlern der Vergangenheit", wenn er sagt, dass die Politik die Zuwanderer einer "relativ unvorbereiteten Öffentlichkeit überlassen hat".