Coburg Auf beste Nachbarschaft!

Bettina Knauth
Erwin Gradl, Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Seßlach, hat gut lachen: Zum zweiten Mal nach 2013 vertritt sein Verein den Freistaat Bayern beim Bundeswettbewerb des Verbands Wohneigentum. Dieses Mal stehen die Themen "Lebendige Nachbarschaft" und "Gelebte Nachhaltigkeit" im Mittelpunkt. Foto: Knauth

Die Siedlergemeinschaft Seßlach tritt erneut beim Bundeswettbewerb des Verbands Wohneigentum an. Dieses Mal stellt man sich virtuell vor.

 
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Seßlach - Wie überzeugt man eine Jury, wenn sich diese sich kein Bild vor Ort machen kann? Vor dieser Frage steht gerade die Siedlergemeinschaft (SG) Seßlach. Vor einem Jahr erfuhr das rührige Mitglied des Verbands Wohneigentum (VWE), dass Seßlach 2020 erneut Bayern beim Bundeswettbewerb "Wohneigentümer - heute für morgen aktiv". Lebendige Nachbarschaft - gelebte Nachhaltigkeit" vertreten darf, zum zweiten Mal nach 2013. Damals hatte die SG die Silbermedaille gewonnen.

Der Wettbewerb

Der Verband Wohneigentum (VWE) ist mit rund 340 000 Mitgliedsfamilien der bundesweit größte Verband für selbstnutzende Wohneigentümer. Er tritt auf allen politischen Ebenen für ein familienfreundliches, altersgerechtes und bezahlbares Haus- und Wohnungseigentum ein. Der Bundeswettbewerb, mit dem der VWE die besten Siedlungen auszeichnet, wird seit 1952 ausgetragen und findet 2020 zum 27. Mal statt. Alle drei bis vier Jahre reist sonst eine Fachjury durch Deutschland, um die Sieger des Landeswettbewerbs unter die Lupe zu nehmen. Gefördert wird der Wettbewerb der Siedlungen durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Schirmherrschaft übernommen.


Normalerweise hätte die Jury Seßlach am 8. Mai 2020 für zwei Stunden ihre Aufwartung gemacht und beim Rundgang durch die Siedlung die vom SG-Vorstand ausgewählten Anwesen begutachtet. Doch was ist in diesen durch die Corona-Pandemie geprägten Zeiten schon normal? Die Deutschlandreise wurde abgesagt. Nun müssen virtuelle Video-Rundgänge, Kurzinterviews, Fotos und Broschüren die persönliche Begegnung ersetzen. Die Herausforderung für die Seßlacher und ihre 14 Kontrahenten lautet: Wie können wir das Besondere unserer Siedlung digital sichtbar und erlebbar machen? Bis 30. Juni konnte der erste Vorsitzende Erwin Gradl alle Informationsmaterialien in Wort, Foto und bewegten Bildern bei der VWE-Bundesgeschäftsstelle einreichen. Bis zum 17. Juli musste er dann die Ansprechpartner für die vier Bewertungsbereiche nennen, die der Jury in Telefoninterviews den Jurymitgliedern rund eine Stunde lang Rede und Antwort stehen werden. Die Bewertung mittels dieser Interviews hat die Kommission bereits in einer Videokonferenz vorbereitet. Stattfinden sollen die einstündigen Interviews noch bis zum 21. August. Danach wird Jury-Vorsitzender Rolf Müller mit den Vorsitzenden der Gemeinschaften ein Gespräch führen, um den Gesamteindruck zu vertiefen und das Präsentierte und Geschilderte städtebaulich einzuordnen.

Punkten können die Bewerber vor allem mit einem gelebten Miteinander in der Nachbarschaft und Nachhaltigkeit. "Lebendige Nachbarschaft", "Energieeffizienz", "Barriere-Reduzierung" und "Ökologie" lauten die vier Bewertungsbereiche. "Für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung haben das Zusammenleben im Quartier, die Selbst- und Nachbarschaftshilfe sowie das Engagement des Einzelnen für das Ganze eine fundamentale Bedeutung", heißt es von Seiten des VWE. Beispiele, mit denen die Eigenheim-Gemeinschaften Eindruck machen können, sind etwa ein Einkaufsservice für Senioren, spezielle Angebote für Jugendliche, Kinderbetreuung, Car-Sharing oder die Beteiligung an gemeindlichen Initiativen. Besonderer Wert wird ebenso auf eine Anpassung der Häuser an Risiken des Klimawandels und ökologische Gartenbewirtschaftung gelegt.

Der eingereichte Rundgang beginnt am Siedlerheim, das von den Mitgliedern in Teilabschnitten auch energetisch saniert wird. Mit vielen hier stattfindenden Festen und Veranstaltungen steht das Vereinsheim mit Kinderspielplatz auch für das gelebte Miteinander in der Nachbarschaft. In der Garage lagern Gerätschaften und Biergarnituren, die sich die Siedlermitglieder ausleihen können. Und schließlich werden noch einzelne Häuser präsentiert, die nachhaltig Strom produzieren. Auch die Gärten werden vorgestellt.

Die Gewinner sollen im Herbst bekannt gegeben werden. Vorstand Gradl sieht dem Votum der Prüfungskommission gelassen entgegen: "Natürlich werden wir nicht alle Kriterien des Wettbewerbs erfüllen können", so der langjährige Funktionär, "aber wir können schon mit unseren Qualitäten überzeugen." Außerdem zählt für Gradl der olympische Gedanke. Gute Werbung für den inzwischen 220 Mitglieder zählenden Verein und den Verband Wohneigentum bringe die Teilnahme auf jeden Fall, das habe schon die letzte Teilnahme 2013 gezeigt.

Bürgermeister Maximilian Neeb (FW) freut sich über die Anerkennung, die den Seßlacher Siedlern mit der Nominierung zukommt: "Ich freue mich , dass die Siedler ein besonderes Augenmerk auf ihre Gärten und das äußere Erscheinungsbild der Siedlung legen. So werden sie sicherlich auch die Jury beeindrucken."

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