Coburg Begeisterung drinnen, Proteste draußen

Im Kongresshaus Coburg überzeugt Ministerpräsident Markus Söder Parteifreunde und Gäste. Im Freien stößt er auf verärgerte Bauern.

 
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Coburg - Markus Söder, bayerischer Ministerpräsident und Vorsitzender der CSU, wird am Sonntagnachmittag in Coburg von Mitgliedern und Anhängern seiner Partei fast schon euphorisch empfangen. Zum "Coburger Marsch", den die Stadtkapelle Seßlach spielt, marschiert er in den großen Saal des Kongresshauses Rosengarten ein. Alle stehen auf und klatschen. Noch größer ist die Begeisterung, als Söder seine einstündige, frei gehaltene Rede beendet. Wieder erheben sich alle, und diesmal klatschen sie rhythmisch Beifall. Stephan Schink, CSU-Stadtrat in Bad Rodach, reckt Markus Söder den nach oben gestreckten Daumen entgegen und strahlt dabei übers ganze Gesicht. Mehr Zustimmung geht eigentlich nicht. Fritz Frömming, kaufmännischer Direktor des Landestheaters Coburg, bescheinigt dem Ministerpräsidenten, eine Rede wie aus einem Lehrbuch für Rhetorik gehalten zu haben. Derweil steht Günter Benning an der Saaltür und muss Frauen und Männern den Eintritt verwehren. Wegen Überfüllung geschlossen!

Markus Söder berichtet von seinen Reisen in den vergangenen Tagen, die ihn, den Nürnberger, nach München, Berlin, Moskau, in die mittelfränkische Gemeinde Pommelsbrunn und jetzt nach Coburg geführt haben. Bayern, Deutschland, die Welt und dann doch wieder seine Heimat Franken: Der Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende erobert die Herzen im Sturm. Gebannt lauschen seine Zuhörer, wie er darlegt, dass ihm schon als Finanz- und Heimatminister und nun als Ministerpräsident wichtig ist, dass Geld nicht nur nach Oberbayern, sondern auch in fränkische Regionen wie Coburg fließt. Noch vor 20 Jahren sei das ganz anders gewesen. An der jetzigen Förderpolitik werde sich nichts ändern, denn auch in Coburg könne man die staatlichen Finanzmittel gut brauchen, verspricht Söder.

Wofür Bayern konkret Geld geben will, sagt er allerdings nicht. Er geht weder auf den Wunsch der Coburger ein, dass die Generalsanierung des Landestheaters möglichst bald beginnt, noch auf den Neubau eines Krankenhauses in der Vestestadt. Regiomed-Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke will Söder zudem direkt mit der Frage konfrontieren, ob der Klinikverbund mit zwei Millionen Euro jährlich für seine Medical School rechnen könne. Damit sollen junge Ärzte in die Region geholt werden. Der Ministerpräsident sagt nur so viel: Die Staatsregierung müsse sich bei der Gesundheitsversorgung stärker anstrengen. Krankenhäuser dürften nicht nur in Ballungszentren eine Zukunft haben, sondern dies gelte in gleichem Maße für ländliche Regionen wie Coburg.

Markus Söder erläutert, warum unter seiner Regierung die Mittel für die Kinder- und Familienförderung um rund 50 Prozent erhöht worden sind ("Kinder sind die Zukunft unseres Landes!"), erklärt, warum es sinnvoll ist, in Bayern stark in Forschung zu investieren, beispielsweise zum Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Medizin ("Es gibt nichts Schöneres, wenn Kinder für ihre Eltern und Großeltern forschen!"), hält Klimaschutz für einen zentralen Ansatz politischer Arbeit, greift die AfD massiv an ("Die Partei ist keine Gruppe enttäuschter Konservativer, sondern die neue NPD. So etwas brauchen wir nicht!") und legt ein Bekenntnis zur Landwirtschaft im Freistaat ab. Söder könne nicht nachvollziehen, welche Aggressivität Bauern entgegen schlage und wie viel Misstrauen ihnen entgegen gebracht werde.

Während der Ministerpräsident auch bei diesem Thema im Kongresshaus Zustimmung erfährt, sieht es vor der Tür ganz anders aus. Dort stehen mehrere hundert Bauern mit ihren Familien, um Markus Söder zu empfangen. Mit knapp 400 Traktoren sind sie am Sonntag von Beiersdorf durch die Innenstadt vor das Kongresshaus und den Ketschenanger gefahren. Aus Sicht der Polizei gab es dabei keine Probleme, verkehrstechnisch "hat alles wunderbar funktioniert", sagt Stefan Probst, Sprecher der Polizeiinspektion Coburg.

Politisch sehen das Landwirte aus der Region anders. Als der Ministerpräsident ins Freie tritt, trifft er auf Klaus Siegelin (Kronach) und Axel Roth (Coburg) von der neuen bäuerlichen Gruppierung "Land schafft Verbindung". Sie hat in den vergangenen Wochen bundesweit mit Traktor-Protesten auf sich aufmerksam gemacht. Siegelin und Roth sprechen vor allem die neue Düngeverordnung an, die den Betrieben enorme Kosten aufbürde, ohne dem Grundwasser zu nutzen, natürliche Kreisläufe im Pflanzenbau ignoriere und den Höfen wirtschaftlich schade. Die Politik zerstöre damit Landwirtschaft, was sie mit der Zahlung von einer Milliarde Euro auszugleichen versuche. Das aber funktioniere nach Überzeugung der Bauern nicht, sondern schüre am Ende nur Ärger in der Bevölkerung. Das sei in der Politik offenbar noch nicht angekommen. "Wir lassen uns nicht kaufen", steht dazu auf einem Protestschild

Christine Heider, Sprecherin der Wählergruppe Landvolk Coburg, erklärt, worum es den Landwirten geht: "Wir brauchen Perspektiven für unsere Höfe, wollen wissen, wie es mit der Landwirtschaft weitergeht." Vorgaben wie die Düngemittelverordnung stünden dem entgegen. Martin Flohrschütz, Coburger Kreisobmann des Bauernverbands, gewinnt aus Sicht seines Berufsstands dem Besuch etwas Positives ab: "Söder hat sich Zeit genommen, uns anzuhören. Das ist schon viel wert."

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