Frau Kutscher, Sie schreiben Krimis. Seit wann?

Zur Person

Nina Kutscher ist 37 Jahre alt und in Neuensorg zu Hause. Beruflich ist sie als Verwaltungsfachangestellte im Büro des Coburger Landrats tätig.

Auf ihre Einladung kommt Alfred Riepertinger am Dienstag, 28. Mai, zu einer Lesung in das Landratsamt Coburg. Alfred Riepertinger, Jahrgang 1955, war medizinischer Präparator am Institut für Pathologie des Klinikums Schwabing.

Alfred Riepertinger ist spezialisiert darauf, Leichname wiederherzustellen, zum Beispiel nach Unfällen, und ist eine international anerkannte Koryphäe in der Technik der Einbalsamierung. Er ist Experte auf dem Gebiet der Plastination. Er hat auch mit Gunther von Hagens zusammengearbeitet.

Karten für die Lesung gibt es in der Buchhandlung Riemann in Coburg und an der Abendkasse.

Nina Kutscher: Begonnen habe ich im Jahr 2010. Es hat aber bis 2012 gedauert, bis mein Erstlingswerk fertig war.

Wie viele Krimis haben Sie seitdem veröffentlicht?

Vier, der fünfte entsteht gerade.

Wie sind darauf gekommen, Krimiautorin zu werden?

Ich lese gerne und viel und am liebsten Kriminalromane. Dann kam der Wunsch auf, selbst welche zu verfassen. Dazu habe ich viele Fachbücher über Kriminalistik und Rechtsmedizin gelesen. Dieses Aneignen von Wissen ist notwendig, um fachliche Fehler zu vermeiden, die man immer wieder in Krimis findet.

Wo holen Sie sich Ihre Anregungen?

Im Regelfall von realen Kriminalfällen. Bei meinem zweiten Buch zum Beispiel.

Hat sich der Fall im Coburger Land ereignet?

Nein, im Fränkischen, genauer gesagt: in Unterfranken.

Worum ging es?

Eine meiner ehemaligen Lehrerinnen hat ihre Mutter umgebracht. Dafür ist die Frau verurteilt worden.

Schwierig, wenn man die handelnden Personen kennt.

Stimmt, ich habe lange überlegt, ob ich den Fall aufgreifen soll. Denn man hätte mir ja den Vorwurf machen können, die Autorin kennt die Täterin und schreibt zu ihren Gunsten. Diesen Eindruck wollte ich unter allen Umständen vermeiden. Deshalb lasse ich die Frau erzählen, die das vorsätzliche Tötungsdelikt natürlich abstreitet.

Bei Ihnen geht es immer um Mord?

Ja.

Haben Sie eine so dunkle Seele?

Nein, sie erleben ja gerade, dass ich gerne lache. Einer meiner Lieblingsautoren - Cody McFadyen - hat mal auf einer von mir besuchten Lesung gesagt: Leute die über Mord und Totschlag schreiben, sind die harmlosesten. Die, die es noch tun - vor denen sollte man Angst haben.

Wo kommt dann der Sinn fürs Düstere her?

Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung. Als Grundschulkind habe ich in die "Freundebücher" geschrieben, dass ich gerne Mumien auswickeln möchte. Vorher hatte ich darüber ein kindgerecht geschriebenes Buch gelesen - und fortan war ich vom Beruf "Mumienauswicklerin" fasziniert.

Holen Sie sich, bevor sie einen Roman angehen, fachlichen Rat von Experten?

Ich habe Freunde und Bekannte bei der Polizei und der Kripo.

Auch prominente Ermittler?

Ja, zum Beispiel Josef Wilfling. Er war Leiter der Münchner Mordkommission. An ihn bin ich über den Fall meiner ehemaligen Lehrerin herangekommen, weil ich dazu die Meinung eines Fachmanns hören wollte. Ich habe ihn bei einer Signierstunde für sein Buch in München angesprochen. Die Hürde war schnell genommen, weil Josef Wilfling ja aus Oberfranken stammt. Im vergangenen Jahr hat er in Coburg aus seinem Buch gelesen. Außerdem habe ich auch schon mit dem Kriminalbiologen Mark Benecke und Profiler Axel Petermann "zusammenarbeiten" dürfen. Da kann man als Krimiautorin schon einiges lernen.

Sind Sie mit Josef Wilfling befreundet?

Ja, das kann man so sagen. Er lädt mich immer zu seinen Lesungen nach München ein, wie gerade erst wieder vergangene Woche zur Vorstellung seines neuen Buches. Und immer, wenn ich in München bin, treffen wir uns auf ein Bier.

Und jetzt sind Sie auch noch bei einem Pathologen und Leichenpräparator gelandet.

Ja, bei Alfred Riepertinger. Er hat viele Jahre in der Schwabinger Rechtsmedizin gearbeitet. Das pathologische Institut sieht man immer wieder in Tatort-Folgen aus München. Ich habe zu ihm Kontakt aufgenommen, und er hat mich zu einer Führung durch das Institut eingeladen. In Schwabing sind Tausende Präparate eingelagert.

Und das wars dann?

Nicht ganz. Ich habe ihn gefragt, ob ich ihm nicht einmal zur Hand gehen könnte. Das durfte ich dann auch.

Jetzt haben Sie ihn für den 28. Mai zu einem Vortrag nach Coburg eingeladen. Was erwartet die Besucher?

Sein Publikum will immer etwas über die Prominenten wissen, mit denen er sich als Pathologe hat beschäftigen müssen: Franz Josef Strauß, Rudolf Mooshammer oder Otto von Habsburg gehörten dazu. Darauf wird er sicher eingehen. Otto von Habsburg durfte er beispielsweise bis in die Kapuzinergruft in Wien geleiten. Er wird berichten von plastischen Rekonstruktionen, welche meist durchgeführt werden, um den Angehörigen verstümmelter Opfer eine Verabschiedung zu ermöglichen. Und er wird über seine Zusammenarbeit mit Gunter von Hagens sprechen, der mit seiner Ausstellung "Körperwelten" berühmt geworden ist. Das hört sich gruselig an, ist es aber überhaupt nicht.

Haben Sie schon einmal eine Plastination gesehen?

Ja, ich durfte bei mehreren dabei sein, die Alfred Riepertinger vorgenommen hat. Das fand ich faszinierend. So eine Plastination besteht aus vielen Schritten und ist ein langwieriger Prozess.

Waren Sie auch bei anderer Gelegenheit im Pathologischen Institut?

Ich durfte bei der Öffnung eines Sarkophags dabei sein. Aufgabe war, herauszufinden, ob der Leichnam tatsächlich der war, der in dem Sarg liegen sollte. Das war so etwas wie eine Mumie auszuwickeln.

Dann ist Ihr Kindheitstraum doch noch in Erfüllung gegangen.

Das kann man so sehen.

Ist der Tod für Sie normal?

Ja, natürlich. In Deutschland gehen wir verkrampft mit dem Sterben um, nehmen das Wort am besten gar nicht in den Mund. Ich habe einen guten Vergleich zu Amerika, wo ich des Öfteren bin. Dort geht man viel natürlicher und offener mit dem Sterben und dem Tod um. Von den Amerikanern können wir da einiges lernen.

Arbeiten Sie an einem neuen Krimi?

Ja, das Manuskript umfasst bereits um die 60 Seiten.

Worum geht es?

Die Geschichte spielt in San Franzisco. Die Ermittlerin, die schon in "Des einen Freud, des anderen Leid" und "Liebe ist ewig, Rache ist tödlich" unterwegs war, ist mit einem neuen Mordfall konfrontiert. Ihr Privatleben spielt in meinem fünften Roman ebenfalls eine Rolle.

Wann kommt das Buch heraus?

Ich hoffe spätestens Ende des Jahres.

Gibt es schon einen Titel?

Da bin ich noch am Überlegen.