Coburg Blockade der Parkplätze sorgt für Ärger

Ein Schild weist auf einen Autobahn-Parkplatz hin. Foto: Archiv

Der Hausarzt Dr. Scheller sieht den Betrieb seiner Praxis mit Blick auf ältere Patienten gefährdet.

 
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Coburg - Die für den Freitag angekündigte Veranstaltung "Parking Day" in der Ketschengasse sorgt für Furore. Das neu zu gründende "Bündnis für nachhaltige Mobilität", dem Coburger Verbände mit insgesamt über 4000 Mitgliedern angehören, hatte angekündigt, in der Ketschengasse mehrere Parkplätze umzugestalten, um den Bürgern das Thema nachhaltige Mobilität näherzubringen.

Dr. Thomas Scheller hat seine Hausarztpraxis in der Ketschengasse - und ist angesichts der angekündigten Veranstaltung alarmiert. Patienten, die aus medizinischer Sicht nicht unbedingt am heutigen Tag in seine Praxis kommen müssen, hat er bereits im Vorfeld auf andere Termine verwiesen. Der heutige Dienst werde sich daher vornehmlich auf Labortermine und Rezeptabholungen beschränken.

Dass im Zeichen nachhaltiger Mobilität Parkplätze blockiert werden sollen, hält er für "keine glückliche Idee". Natürlich müssten Stadt und Bürger jederzeit bemüht sein um moderne und umweltfreundliche Formen der Mobilität. "Aus eben jenem Grunde haben wir für die Praxis auch ein Elektrofahrzeug angeschafft. Aber auch ein Elektrofahrzeug braucht einen Parkplatz", verdeutlicht der Mediziner und fügt hinzu: "Bei allem Verständnis für das gute Anliegen - die Veranstaltung behindert die Arbeit in meiner Praxis."

Mehrere Patienten seien zwingend auf die Parkplätze in der Ketschengasse angewiesen, um hier eine Behandlung wahrzunehmen. "Die Aktion ist also nicht sehr freundlich gegenüber den älteren Menschen. Es ist einfach zu kurz gedacht", kritisiert Thomas Scheller. Mehrere Patienten hätte sich deshalb auch schon bei seinem Team erkundigt "Was sollen wir am Freitag machen?"

Kerstin Scheller arbeitet in der Praxis ihres Mannes und sagt: "Wir haben Patienten, die sind teilweise 95 Jahre alt. Und weil wir unsere Praxis zuvor 30 Jahr lang am Heimatring hatten, kommen auch viele Patienten aus dem Landkreis zu uns. In dem Alter können die Leute noch mit dem Auto kommen, aber definitiv nicht mit dem Rad." Sie sei "stinksauer", vor allem mit Blick auf die Rufe, die jahrelang einen Hausarzt in der Innenstadt gefordert hatten.

Nun sei die Praxis ihres Mannes hier angesiedelt, seit inzwischen gut einem Jahr. "Und natürlich parken die Patienten in der Ketschengasse. Dann laufen sie ebenerdig zu uns in die Praxis, holen ihr Rezept oder lassen sich behandeln. Viele trauen sich aber auch nicht, in die Parkgarage zu fahren. Das hat uns beispielsweise ein Ehepaar aus dem Landkreis ganz klar gesagt: Sie brauchen den Parkplatz hier. Beide sind immerhin über 80 Jahre alt."

Dass Klientel der Hausarztpraxis bestehe logischerweise überwiegend aus älteren Menschen. "Diesen Patienten wird die Möglichkeit genommen, uns zu besuchen. Da können wir dann ja gleich wieder dicht machen. Und ich glaube nicht, dass der Oberbürgermeister das will", macht sie ihrem Ärger Luft. Die Patienten liegen ihr am Herzen. Und leicht haben die es in Zeiten von Corona ohnehin nicht. "Gerade eben stehen 15 Patienten unten auf der Straße und warten auf Behandlung. Manche sind so gebrechlich, dass ich schon Stühle rausgestellt habe."

Auch die Coburger FDP macht inzwischen gegen die Aktion mobil und kritisiert das Vorgehen. Unstrittig sei, auch für Coburg ein neues Verkehrskonzept zu erarbeiten, das unter anderem den Radverkehr sicherer mache und die Situation für die Fußgänger verbessere, heißt es in einer Stellungnahme von Stadtrat Michael Zimmermann. Auch das Angebot des ÖPNV sei auszuweiten. "Als Zentrum einer ländlichen Region wird in Coburg der Individualverkehr aber weiter eine tragende Rolle spielen", verdeutlicht der FDP-Politiker. Der ständige Kampf gegen den Individualverkehr, ja auch individuelle Freiheit bedeute, trage mittlerweile ideologische Züge.

Aus vielen Gesprächen mit Einzelhändlern habe er herausgehört, dass Erreichbarkeit - gerade auch durch Kurzzeitparkplätze - eine entscheidende Rolle spiele. "Auch Anwohner sind auf Parkraum angewiesen, was man am Protest gegen die geplante vorübergehende Schließung der Anwohnerparkplätze am Salzmarkt gesehen hat", so Zimmermann und fügt hinzu: "Anwaltskanzleien und Arztpraxis müssen erreichbar sein. Man denke auch an Gehbehinderte und Ältere. Auch die Menschen, die in der Stadt arbeiten, benötigen Parkraum."

Sollte die Erreichbarkeit weiter erschwert werden, so würden sich die Menschen Alternativen zum Einkaufen suchen und beispielsweise auf die Lauterer Höhe abwandern oder im Internet shoppen. "Auch Freiberufler wandern in die Peripherie ab. Das kann im Interesse einer lebendigen Innenstadt niemand wollen."

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