Coburg Coburger Mieder für die Berliner Boheme

Katja Diedler

Escora. Sechs Buchstaben, die Frauenherzen in den 1920er-Jahren höher schlagen ließen. Sogar in der Serie Babylon Berlin.

 
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Coburg - Die Serie Babylon Berlin ist unter anderem für ihre spektakulären Bilder bekannt. In der ersten Staffel konnten sich die Zuschauer kaum an den Szenen aus dem Nachtclub satt sehen, jetzt faszinieren die Tänzerinnen aus der Filmszene. Eine Hauptrolle spielen dabei immer schicke Dessous und Mieder. In diesem Zusammenhang hatten Coburger Zuschauer schon in der ersten Staffel einen Aha-Moment. Sie erblickten sechs Buchstaben auf einer Schachtel: ESCORA. Darin enthalten die legendäre Büstenhebe des Coburger Unternehmens, die sicher im Berlin der 1920er-Jahre sehr beliebt gewesen ist. Die Coburger bewiesen nämlich großen Innovationsgeist.

Babylon Berlin

Am Donnerstag gibt es wieder zwei neue Folgen der Erfolgsserie in der ARD zu sehen. Sie starten um 20.15 Uhr. Wer bereits die ganze Serie sehen will, wird in der ARD-Mediathek fündig. Dort stehen auch Staffel 1 und 2 zum Abruf bereit.

Der dritte Teil orientiert sich am zweiten Band der Romane von Volker Kutscher, "Der stumme Tod". Hierin ermittelt Kommissar Gereon Rath in der florierenden Filmszene Berlins. Natürlich taucht er wieder in die Unterwelt ab. Nebenbei erfährt der Zuschauer viel über die historischen Ereignisse des Jahres 1929. Selbstverständlich ist da die Weltwirtschaftskrise ein Thema, die im November begann. Außerdem wird der aufkeimende Nationalsozialismus thematisiert.

Aber von vorne. Gegründet wurde ESCORA 1862 vom Schneidermeister Elias Schmidt in Coburg. Zunächst befand sich die Firma in der Spitalgasse, zog aber später in die Rodacher Straße. Die Produktionsgebäude stehen dort noch heute, unter dem Namen "Esco Park" werden sie weiterhin genutzt.

Die Waren aus Coburg hatten Erfolg. Es ist überliefert, dass die Korsetts aus dem Hause ESCORA bereits in den 1870er-Jahren am englischen Hofe getragen wurden. Damals noch als klassische Variante. 1894 schenkte Gustav Schmidt den Damen mit dem neuartigen Sportkorsett mehr Bewegungsfreiheit. Es wird ein großer Verkaufsschlager.

Seine Blütezeit erlebte ESCORA in den 1920er-Jahren. Das Unternehmen meldete zahlreiche Patente an, darunter auch das für die Büstenhebe, die sich im Karton befand, der in der Serie Babylon Berlin zu sehen war. Es handelte sich nicht um den ersten BH, der heutigen Modellen ähnelt. ESCORA hatte aber einen Clou eingebaut: eine Versteifungseinlage, die Brüste sanft formt und von unten hebt, wie es in einem Prospekt aus den 1930er-Jahren heißt. Für die Frauen damals praktisch. Sie konnten sich auf sicheren Halt verlassen, ohne einengende Korsetts tragen zu müssen. Sogar unter enger Kleidung machten die Modelle eine gute Figur. Wer weiß, ob sich der wilde Tanz Charleston ohne diese Bewegungsfreiheit durchgesetzt hätte?

Auf dem Erfolg der Büstenhebe ruht sich ESCORA nicht aus. Das Unternehmen tut sich immer wieder mit Innovationen hervor. 1978 stirbt Eduard Schmidt. ESCORA besteht weiter, verzeichnet jedoch ab den 1980er-Jahren sinkende Umsätze. Aufgrund des hohen Preisdruckes muss die Firma 1994 Konkurs anmelden. "Damit ging in Coburg eine Ära zu Ende", heißt es in der Geschichte des "Esco-Parks". Die Marke ESCORA besteht bis heute. Ein österreichisches Unternehmen bietet Dessous unter diesem Namen an.

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