Coburg Corona-Disziplin lässt nach

Katja Diedler
Immer häufiger missachten laut IG BAU die Arbeitgeber den Infektionsschutz auf Baustellen. Foto: Adobe Stock

Die Gewerkschaft IG BAU kritisiert die Zustände auf einigen Baustellen im Raum Coburg. Man könne die Situation mit der auf Schlachthöfen vergleichen.

 
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Coburg - So schlimm wie in großen Schlachthöfen ist die Situation auf den Baustellen in und um Coburg nicht, aber: "Sie ist zumindest vergleichbar damit", sagt Hans Beer, Regionalleiter der Gewerkschaft IG BAU in Franken. Auf dem Bau habe man es durchaus mit Subunternehmern und beengten Wohnverhältnissen tu tun. Ihn wundere es nicht, dass während der Arbeiten am Sonntagsanger Covid-19 ausgebrochen ist (die NP berichtete). Beurteilen könne er den aktuellen Fall allerdings nicht.

"Eigentlich ist im Tarifvertrag geregelt, dass nur zwei Arbeiter in einem Container untergebracht werden", erklärt Beer. In einigen Fällen würden die Firmen jedoch mit Subunternehmen kooperieren, die nicht an den Tarifvertrag gebunden sind. "Das geschieht, damit die Kosten möglichst gering gehalten werden", so Beer. Die Subunternehmer würden ihrerseits versuchen, zu sparen und zum Beispiel die Container mit bis zu sechs Personen belegen. "Oft wechseln auch die Belegungen häufiger. Wer nicht seinen eigenen Schlafsack mitbringt, muss gegebenenfalls im Bettzeug des Vorgängers schlafen", kritisiert der Gewerkschafter.

Hinzu komme, dass auf dem Bau die Abstandsregeln nicht immer einzuhalten seien. "Wenn zum Beispiel Rohre verlegt werden, müssen die Arbeiter sehr dicht zusammenstehen, das geht gar nicht anders", führt Beer aus. Er will auch gar nicht die volle Verantwortung den Unternehmern zuschieben: "Auch die Mitarbeiter müssen sich an die Regeln halten." Er wisse von einem Fall, wo die Firma für sechs Bauarbeiter drei Container für die Mittagspause zur Verfügung gestellt hatte: "Am Ende saßen aber alle in einem. Da kann dann auch der Unternehmer nur wenig machen." Das gleiche gelte für die Regelmäßige Desinfektion der Hände. Die Firma müsse das Mittel zur Verfügung stellen. Es sei jedoch die Verantwortung der Mitarbeiter, dieses auch zu benutzen.

Trotz aller Eigenverantwortung sieht die IG Bau an etlichen Stellen Probleme: "Viele Baufirmen nehmen die Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus auf die leichte Schulter. Das ist fatal", sagt der Vorsitzende der IG BAU Oberfranken, Gerald Nicklas.

Immer häufiger werde wieder "im alten Trott" gearbeitet. Viele Bauunternehmen blendeten die Gefahr einer Infektion mit dem Covid-19-Virus inzwischen einfach aus, so die IG BAU in einer Pressemitteilung. Bei ihren Baustellen-Visiten stoße die Gewerkschaft auf "grobe Corona-Sünden": "Oft ist nicht einmal das Händewaschen möglich. Ein Waschbecken mit Seife und fließendem Wasser - Fehlanzeige. Von Desinfektionsmittel-Spendern ganz zu schweigen. Aber auch Sammeltransporte in Kleinbussen sind schon längst wieder an der Tagesordnung", sagt Gerald Nicklas.

Corona-Schutz auf dem Bau koste - wie in anderen Bereichen der Wirtschaft auch - Geld. Das seien allerdings notwendige Kosten, die Bauunternehmen im Raum Coburg nicht scheuen dürften, fordert die IG BAU Oberfranken: "In der Corona-Pandemie zeigen Baubeschäftigte im volle Leistung. Dafür haben sie auch vollen Gesundheitsschutz verdient."

Nicklas appelliert an die Baubeschäftigten im Kreis Coburg, strikt darauf zu achten, sich zu schützen: "Regelmäßiges Händewaschen, Schutzmasken und das Arbeiten mit Abstand gehören zu den To-dos auf dem Bau. Denn Corona-Schutz ist Arbeitsschutz. Und den müssen Beschäftigte notfalls selbstbewusst einfordern", macht Nicklas deutlich.

Demnächst stehen im Baugewerbe Tarifverhandlungen an, bei denen die Gewerkschaft nicht lockerlassen wolle. Im Fokus der Verhandlungen steht der Pressemitteilung zufolge die Forderung nach einem Lohnplus von 6,8 Prozent. red

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