Weitramsdorf Dem Schwarzwild auf den Fersen

Christian Göller

Weitramsdorf sagt Wildschweinen den Kampf an. Mischa Partosch und Markus Stelzner machen den Tieren das Leben schwer.

 
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Weitramsdorf - Auf den ersten Blick steht der Mais ganz ordentlich. Munter rumpelt der Geländewagen von Werner Strehler, dem Vorsitzenden der Jagdgenossenschaft Weitramsdorf, über den Feldweg im nördlichen Gemeindegebiet. Es ist am frühen Abend und selbst im nachlassenden Licht ist noch ein roter Sprühstreifen am Wegesrand zu erkennen, der den Landwirt zum Anhalten veranlasst. Strehler verlässt sein Fahrzeug und bahnt sich einen Weg durch die Pflanzen. Nur rund zehn Meter von der Straße entfernt bietet sich ein Bild des Schreckens.

In das Maisfeld ist eine rund fünf Meter breite und 30 Meter lange Schneise geschlagen. Auf dem Boden liegen in Hülle und Fülle angebissene Maiskolben. Das Ganze ist das Resultat eines Einfalls einer Rotte von Wildschweinen, die mit ihrer Gier einen immensen Schaden verursacht haben. "Die Situation mit den Wildschweinen ist eine Katastrophe, dazu kommt noch, dass wir durch die Trockenheit ohnehin beträchtliche Ernteausfälle zu verzeichnen haben", bilanziert Strehler. Dennoch gibt er sich nicht geschlagen, denn in Weitramsdorf hat man den Kampf gegen das Schwarzwild energisch aufgenommen. Dabei sollen die beiden neuen Jagdpächter Mischa Partosch und Markus Stelzner helfen, die seit April dieses Jahres ihre Reviere um Weitramsdorf und Weidach übernommen haben.

An diesem Abend ist Mischa Par-tosch in seinem Jagdgebiet zusammen mit seinem Hund Hector, Rasse Deutsch Kurzhaar, am Waldwurzelweg, an der Grenze zwischen Staatswald und dem Gelände der Waldkorporation und dem Kirchenwald anzutreffen. Der 49-jährige Marketingfachmann eines Industriebetriebes hatte bereits vor der offiziellen Übernahme der Jagdpacht im Herbst vergangenen Jahres damit begonnen, den Wildschweinen das Leben im Weitramsdorfer Revier schwer zu machen. In Schnellbauweise errichtete er 30 Jagdstände, von denen einige beweglich sind, um an möglichst vielen Orten das Schwarzwild bejagen zu können. Doch mit Werner Strehler steht er stolz vor dem Bollwerk der jagdlichen Maßnahmen, der 5,50 Meter hohen "Wurzelwegkanzel". Die hat ihm Werner Strehler zum Geschenk gemacht. Drei Festmeter Lärchenholz wurden dafür von ihm verbaut und rund 80 Arbeitsstunden aufgewendet. Es entstand ein wetterfester Unterstand, der nur mithilfe eines Rückekrans aufgebaut werden konnte. Auf fünf Quadratmetern können es dort bis zu vier Jäger aushalten, es gibt sogar eine Schlafgelegenheit. Der Ort wurde mit Bedacht ausgewählt, weil sich dort mehrere Wildwechsel kreuzen. Mischa Partosch freut sich: "Die ‚Wurzelwegkanzel‘ unterstützt uns im Winter, wenn es kalt wird. Dann werden wir die Jagd mehr in den Wald verlagern. Schweine sind ja auch nachtaktiv, dann braucht man nachts in der Kälte einen Unterstand, in dem man es aushalten und die Tiere bejagen kann." Das Ergebnis der bisherigen Jagdeinsätze, bei denen Partosch von bis zu fünf Jägern unterstützt wird, kann sich seiner Auffassung nach sehen lassen: Seit April wurden 13 Wildschweine erlegt. "Das ist für die Größe des Areals eine beachtliche Strecke", erklärt er stolz, der über ein Pachtgebiet von 429 Hektar verfügt.

Die immensen Bemühungen in Weitramsdorf sind noch unter einem ganz besonderen Licht zu sehen. Denn wie ein Damoklesschwert hängt eine latente Bedrohung über dem Gebiet: Die Gefahr, die von der Afrikanischen Schweinepest (ASP) ausgeht, die Wildschweine befallen und auf Zuchtschweine übertragen werden kann. Die naht nämlich schon der deutschen Ostgrenze. Werner Strehler, der selbst auch Schweinezüchter ist, zeigt sich alarmiert: "Wir wissen, wie ernst die Lage ist! Sobald die Schweinepest in Deutschland auftritt, sind wir alle betroffen. Es gelten dann ganz harte Maßnahmen. Beim Auftreten hier bei uns würde unsere Gegend zum Sperrgebiet werden, unsere Schweine müssten gekeult werden, die Ställe müssten gesäubert werden und mindestens ein Vierteljahr leer stehen. Dabei stehen wir jetzt schon unter einem immensen Druck. Coronabedingt werden unsere Schweine jetzt schon später als üblich abgeholt, das bedeutet, dass sie zu schwer sind, was zur Folge hat, dass wir weniger Geld für das Fleisch bekommen. Wenn zu dieser Situation die Schweinepest noch dazukommen sollte, bedeutet das das Aus für viele Landwirte."

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