Coburg Ein Freispruch mit Bauchschmerzen

Mathias Mathes

Wer hat wie in der Halloweennacht am Milchhäuschen zugeschlagen? Auch im Prozess fand man darauf keine Antwort.

 
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Coburg - Der Prozess am Landgericht Coburg um eine Schlägerei in der Halloween-Nacht 2019 im Untersiemauer Ortsteil Stöppach hat für alle drei Angeklagten mit einem Freispruch geendet. Die Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Dr. Christoph Gillot konnte nicht zweifelsfrei aufzeigen, dass die Männer im Alter zwischen 22 und 29 Jahren einen 50-jährigen Familienvater mit Schlägen und Tritten traktiert hatten.

Ein Freispruch erster Klasse, ohne Wenn und Aber, ist es nicht, wie Richter Gillot am Dienstag deutlich machte. "Es ist kein Freispruch wegen erwiesener Unschuld", betonte er. Vielmehr habe sich das Geschehen am Milchhäuschen in Stöppach nicht mehr ausreichend rekonstruieren lassen. Dabei stehe fest, dass eine Straftat, eine gefährliche Körperverletzung, stattgefunden habe. Mehrere junge Männer haben nach Überzeugung der Kammer auf den schon am Boden liegenden 50-Jährigen gewaltsam "eingewirkt".

Dann beginnen die Unklarheiten. Nicht zu einem geringen Teil führt dies der Vorsitzende Richter auf das Aussageverhalten von Zeugen zurück. "Mehrere Zeugen mauerten sichtlich", so Gillot. Andere hätten sich erst gar nicht als Zeugen zur Verfügung gestellt. So sei es nicht möglich gewesen, den Beschuldigten ihren Tatbeitrag zuzuordnen. Ob einer der Angeklagten nur dabeigestanden hat, ob einer getreten hat, wer geschlagen oder getreten hat - alle diese Fragen blieben unbeantwortet. Auf dieser Basis sei eine Verurteilung aller drei Angeklagten oder auch nur eines einzelnen nicht vertretbar gewesen.

Auf die Zweifel an der Tatbeteiligung ihrer Mandanten hatten die Verteidiger Dr. Jahn-Rüdiger Albert, Silvio Amarell und Joachim Voigt unisono hingewiesen. Dazu kam noch das Gutachten zu den Verletzungen des 50-Jährigen. Demnach deutet keine Verletzung auf einen Faustschlag oder auf einen Tritt hin. Der Geschädigte hatte zwar eine blutige Nase, doch die hat er sich wahrscheinlich bei seinem Sturz zugezogen. "Die Befundlage ist außerordentlich dürr", meinte der Erlanger Rechtsmediziner Professor Dr. Peter Betz. Der 50-Jährige weise für einen Fußtritt oder für einen Faustschlag "keine typischen Verletzungen" auf. Die Nasenverletzung nannte er "eine typische Sturzfolge".

In Abwandlung der Feststellung des Sachverständigen wies Verteidiger Dr. Albert darauf hin, dass die Beweislage allgemein ziemlich dürftig sei. Die Beschuldigten selbst hatten sich zu keiner Zeit zu den Tatvorwürfen geäußert, was ihr gutes Recht ist. Von den Zeugen, die nicht "mauerten", kamen auch keine konkreten Hinweise auf den oder die Täter. So konnte weder die Ehefrau des 50-Jährigen noch dessen Tochter oder deren Freund die Beschuldigten als Täter identifizieren. Und auch der 50-Jährige selbst vermochte nicht zu sagen, wer ihn angegriffen hatte. Er habe in dem Getümmel nicht einmal sagen können, ober er nur geschlagen oder ob er auch getreten worden sei.

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