Coburg Ein Schmuckstück zum Schluss

Wohnbau-Geschäftsführer Christian Meyer im August 2017 im Innenhof des völlig desolaten Hauses. Inzwischen ist an dieser Stelle ein schmucker Innenhof entstanden, der zu einer Hausarztpraxis gehört, die im Erdgeschoss eingezogen ist. Foto: Steffi Wolf

Es ist das letzte große Sanierungsprojekt der Wohnbau im Quartier: Das Haus Ketschengasse 42. Eine Praxis und fünf Wohnungen sind entstanden.

 
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Coburg - Wohnbau-Geschäftsführer Christian Meyer hat nicht zu viel versprochen. Als er vor knapp zwei Jahren die Medienvertreter durch das Haus in der Ketschengasse 42 lotste, mussten die Journalisten genau darauf achten, wo sie einen Fuß hinsetzten. Löchrige Planken, bröselnde Balken und eine Treppe ins Dach, der man einfach nicht so recht trauen wollte. Das Baudenkmal aus dem Jahre 1524 war in einem derart schlechten Zustand, dass selbst das bloße Begehen zum Abenteuer wurde. Jetzt, Anfang August 2019, ist alles ganz anders. Aus dem Haus ist ein Kleinod mitten in der Stadt geworden.

Ketschengasse 42

Im Sommer 2017 starteten die Umbauarbeiten im Gebäude. Dazu wurde ein Fassadenbanner am Haus angebracht, dass schon einen kleinen Vorgeschmack auf das Endergebnis geben sollte.

Aktuell bereits fertiggestellt ist das Erdgeschoss, wo sich eine Hausarztpraxis niedergelassen hat.

In den Obergeschossen wird aktuell an den Wohnungen gearbeitet. Es gibt fünf Einheiten mit insgesamt 400 Quadratmeter Fläche. Drei der Wohnungen werden gefördert, das heißt hier entsteht sozial gebundener Wohnraum. Die Fertigstellung ist noch für 2019 geplant.

Das letzte große Sanierungsprojekt der Wohnbau Stadt Coburg (WSCO) im Quartier Ketschenvorstadt ist zwar noch nicht abgeschlossen - doch zumindest ins Erdgeschoss des Hauses Ketschengasse 42 ist in diesen Tagen bereits Leben eingezogen. Ein Allgemeinmediziner hat auf 140 Quadratmeter seine Praxis bezogen. Besonderer Clou im Erdgeschoss: Eine 40 Quadratmeter große innenliegende Freifläche, die den Blick auf den komplett sanierten Laubengang freigibt.

Vor allem der ist all jenen, die damals vor zwei Jahren dabei waren, noch in bester Erinnerung. Doch statt morscher Holzbalken, viel Unkraut und Graffiti gibt‘s jetzt Pflastersteine, Sitzmöglichkeiten und ganz viel Glas. "Mit der Sanierung des lange leer stehenden Hauses haben wir ein Denkmal vor dem Abriss bewahrt", freut sich Christian Meyer. Doch der Weg dahin sei ein Kraftakt gewesen. Alleine zwei Jahre dauerte es, bis die Finanzierung dank Förderung unter Dach und Fach war. Und auch die eigentliche Baustelle ist kein Selbstläufer. "Es ist kaum noch möglich, Handwerker zu bekommen", spricht Reiner Wessels, Abteilungsleiter Sanierung der WSCO, das aus, was Haus- und Wohnungsbesitzer landauf und landab aus leidvoller Erfahrung selbst wissen. Auch deshalb hinke der Zeitplan bei der Sanierung hinterher. "Eigentlich wollten wir längst fertig sein", bekennt er. Denn während die Räume der Arztpraxis im Erdgeschoss komplett bezugsfertig sind, herrscht nur wenige Stufen weiter oben noch Großbaustelle. Fünf Wohneinheiten mit einer Gesamtfläche von 400 Quadratmetern werden in dem Haus entstehen. Drei der Wohnungen werden außerdem im Rahmen des vom Bayerischen Staatsministerium aufgelegten Programms "Leerstand nutzen, Lebensraum schaffen", gefördert. Die Einheiten sollen als preisgebundener Wohnraum für Berechtigte angeboten werden. "Hier zeigt sich, dass Stadt und auch Wohnbau bestrebt sind, gemischte Quartiere zu entwickeln", betont Christian Meyer. Schon in der Vergangenheit sei in der Ketschenvorstadt großer Wert darauf gelegt worden, eine durchmischte Bewohnerstruktur zu schaffen. "Von 44 Wohnheiten sind im gesamten Quartier drei für Flüchtlinge, 14 für Zuwendungsempfänger, 19 im durchschnittlichen Mietpreissegment und acht im überdurchschnittlichen angesiedelt", heißt es von der Wohnbau.

Die Fertigstellung der Wohnungen in der Ketschengasse 42 visiert Reiner Wessels noch für dieses Jahr an. Allerdings sei das abhängig von der Verfügbarkeit der Handwerker. 21 der am Bau beteiligten Unternehmen stammen aus der Region.

In Sachen Sanierung war das Gebäude auch wegen seiner Geschichte eine Herausforderung. "Es wurde mehrfach umgebaut", weiß Reiner Wessels. So stammt das Haupthaus aus dem Jahre 1524. Daran gliedern sich ein Hinterhaus (1680) sowie ein Seitenflügel aus der Mitte des 16. Jahrhunderts an. Um 1800 wurde das Haus in seiner derzeitigen Form umgebaut und in der Denkmalliste als dreigeschossiges Traufseithaus geführt. Bewohner war unter anderem die Familie von Leineweber Johann Anton Sturm. Ihr entstammte der Gründer der gleichnamigen Brauerei.

Im 19. Jahrhundert existierte dort eine Weberei, später ein Lebensmittelgeschäft und auch eine Korbmöbelfabrik sowie ein Motorrad-Geschäft waren ansässig. In den letzten Jahren stand das Haus leer.

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Ein Video vom Zustand des Denkmals vor und nach der Sanierung finden Sie unter www.np-coburg.de

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