Coburg Eine alte Tugend gewinnt an Aktualität

Natalie Schalk

Gerade in Coronazeiten brauchen wir sie dringend: Geduld. Wie man sich darin üben kann, erklärt Bettina Siebert-Blaesing. Ihre Doktorarbeit wurde auch von Coburg aus begleitet.

 
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Coburg - Geduld ist Charaktersache. "Es gibt einfach verschiedene Typen. Geduld kann man nicht trainieren. Aber", sagt Bettina Siebert-Blaesing "man kann aus Erfahrung lernen." Die Sozialpädagogin hat in ihrer Doktorarbeit untersucht, wie wichtig Geduld ist, wie sie als Ressource genutzt werden kann, um schwere Situationen des Lebens gesund durchzustehen und wie das jungen Leuten durch gezieltes Coaching vermittelt werden kann.

Ob sie auch einen Tipp hat, wie jeder Geduld üben kann? "Sich im Supermarkt mal bewusst an die Kasse mit der längsten Schlange stellen!" Sie lacht. "Oder wenigstens jemanden vorlassen. Probieren Sie das mal, es geht auch im Straßenverkehr - und wie es ein Lächeln ins Gesicht der anderen Menschen bringt, ist eine schöne Erfahrung."

Anderen Menschen etwas von der eigenen Zeit zu schenken, braucht Geduld. "So in der Art hat das einer der jungen Leute gesagt, die ich für meine Doktorarbeit befragt habe", erklärt Siebert-Blaesing. Sie arbeitet gern mit jungen Menschen. Vor über 25 Jahren hat sie ihren Abschluss in Sozialpädagogik an einer Fachhochschule gemacht und seitdem umfangreiche Erfahrung in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit gesammelt. Aus der Praxis heraus entwickelte sie die Idee zu ihrer Doktorarbeit. "Ausgangspunkt war der Leistungsdruck. Immer mehr junge Leute haben Burnout-ähnliche Symptome - schon vor dem Berufsleben. Wenn die Gesellschaft zu hektisch ist, braucht man eine Steuerungsmöglichkeit."

Gemeinsam mit Professor Niko Kohls von der Hochschule Coburg konkretisierte sie ihren Ansatz. Der Coburger Professor für Gesundheitswissenschaften ist einer der beiden Doktorväter der kooperativen Promotion. Als Erstbetreuer wurde Prof. Dr. Bernd Birgmeier von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt gewonnen. Siebert-Blaesing hat die Dissertation neben ihrer Arbeit als Sozialpädagogin und Supervisorin geschrieben.

Dafür hat die Doktorandin über drei Jahre hinweg junge Menschen befragt, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert haben. Als Rollenvorbilder seien besonders die Eltern prägend.

Prof. Birgmeier bezeichnet die Arbeit als "Meilenstein empirischer Forschung für die wissenschaftliche Untermauerung von Einzelcoaching". Durch Corona hat das Thema sogar noch an Aktualität gewonnen. "Wir werden gerade alle zu Experten der Geduld", sagt Siebert-Blaesing. "Aber Geduld ist nicht in jedem Moment greifbar. Homeoffice, Homeschooling: Wer zehn Sachen gleichzeitig bewältigen muss, ist in dieser Situation genervt. Das ist nicht schlimm."

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