Coburg Geisterkonzerte für das große Publikum

Henning Rosenbusch

Damit Künstler auch in Corona-Zeiten auftreten können, hat das Stadtmarketing ein Projekt gestartet. Die Ergebnisse sind bald im Netz zu sehen.

 
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Coburg - Zusammen mit dem Landratsamt, der SÜC, iTV und der Sparkasse Coburg-Lichtenfels hat das Coburger Stadtmarketing ein Online-Projekt mit dem Namen "COltur zu jeder Zeit" ins Leben gerufen: Künstlern aus Stadt und Landkreis Coburg soll in der Corona-Zeit eine Plattform geboten werden, "damit ihr Kontakt zum Publikum nicht verloren geht, damit sie für sich werben und sich präsentieren können", sagt Michael Selzer, Leiter der Abteilung Stadtmarketing.

Es ist Samstag-Abend und die Bühne ist bereitet: In der Pakethalle am Güterbahnhof hat Henri Mannagottera mit seinem Verleih viel Technik aufgefahren. Wie immer sitzt er am Mischpult, wie vor jedem Konzert gibt es einen Soundcheck: Daumen hoch. Stef White und ihre gleichnamige Band könnten jetzt sofort loslegen und dem Publikum einheizen. Doch vor der Bühne stehen heute nur zwei Kameraleute und der Aufnahmeleiter Andreas Leopold Schadt.

Stef White aka Stefanie Wachsmann hätte es natürlich lieber anders gehabt, aber "wir sind auch so froh, dass wir mal wieder im Einsatz sein dürfen." Sie lebt mit ihrem Gitarristen Matthias Kornherr zusammen und mit ihm hat sie in den letzten Monaten auch geprobt: "Zu viert haben wir schon lange keine Musik mehr gemacht". Für die sonst in ganz Deutschland gut gebuchte Band, die natürlich auch teures Equipment finanzieren muss, sind die Gagen aber nur Nebeneinkünfte: "Unsere Existenzen hängen glücklicherweise nicht davon ab". Davon war im Aufruf der Stadt an die komplette lokale Künstlerszene auch explizit nicht die Rede: "Jeder darf mitmachen und sich bewerben", so Selzer, der nach zwei Wochenenddrehs mit 19 Protagonisten noch etwas Budget übrig hat: "Wenn die Videos fertig sind, die werden ja wirklich hochprofessionell, dann werden sich noch andere melden, davon bin ich überzeugt. Und eventuell wiederholen wir das Ganze dann im Herbst noch einmal."

Um ein so ein stimmungsvolles neues Video von sich ging es auch Matthias Rother, der es mit seiner Konzertgitarre mal eine Zeit lang als Solokünstler versucht hatte. Seit fast zwei Jahrzehnten ist er nun selbstständiger Musiklehrer und hat nur "verschmerzbare" Einbußen: "Ich habe extra nachgefragt, ob es nicht auch Künstler gibt, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen müssen und heute vor dem Nichts stehen. Denen hätte ich natürlich den Vortritt gelassen." Als Musiklehrer hat Rother auch einen hohen Anspruch an sich selbst. Er nutzte einen der Vorteile einer Videoproduktion und bekam einen zweiten Versuch, nach "einem kleinen Fehler". Den hatte wahrscheinlich in diesem Moment im Güterbahnhof nur er bemerkt.

Vielleicht noch der Tontechniker Henri Mannagottera, denn er braucht ein feines Gehör. Zumindest am Samstagabend waren er und zwei seiner Mitarbeiterinnen die Einzigen aus der Veranstaltungsbranche in der Halle, bei denen die Corona-Krise voll eingeschlagen hat: "Wir hatten noch Anfang März eine neue Außenbühne bestellt, die wurde letzte Woche geliefert. Aber alles wofür sie gebucht wurde, ist abgesagt." Sein Umsatzeinbruch läge bei "rund 99 Prozent", er hält sich mit staatlichen Krediten derzeit über Wasser. Wie lange das noch so gehen kann, weiß er nicht: "Fast das ganze Jahr ist momentan abgesagt."

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