Berlin „Held von Mogadischu“ ist tot

Andreas Gewinner

Ulrich K. Wegener war eine deutsche Legende. Nun ist der Gründer der Elite-Einheit GSG 9 und Ehrenbürger von Bischofsgrün im Alter von 88 Jahren gestorben.

 
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Bischofsgrün/Coburg – Die deutsche Nachkriegszeit hat aus historischen Gründen nicht viele Helden von nationalem Rang hervorgebracht. Aber er war einer von ihnen, vielleicht der einzige. Vor 40 Jahren wurde Ulrich K. Wegener über Nacht zum Symbol für den erfolgreichen Kampf des Staates gegen den Linksterrorismus.

Die von ihm gegründete Spezialeinheit GSG 9 hatte 1977 eine entführte Lufthansa-Maschine gestürmt, drei der vier Geiselnehmer getötet und alle Geiseln lebend befreit, ohne eigene Verluste. Wegener, damals schon 48 Jahre alt, führte die Aktion in vorderster Linie an. Es war der Wendepunkt im sogenannten „Deutschen Herbst“, als die RAF den Rechtsstaat mit Attentaten, Entführungen und Erpressungen in die Defensive gedrängt hatte.

Wegeners Verbindungen in die Region Oberfranken reichen weit vor das schicksalhafte Jahr 1977. Von 1967 an war Wegener Hauptmann beim Bundesgrenzschutz in Coburg. Und war stets auf der Suche nach geeigneten Plätzen zum Üben.

In Bischofsgrün fand er den idealen Ort, um Häuserkampf zu trainieren. Dem damaligen Bürgermeister Werner Küspert blieb das ungewöhnliche Treiben im Kurort nicht verborgen. Und aus dem Kontakt entwickelte sich eine Freundschaft, die bis zu Küsperts Tod vor gut 20 Jahren dauerte. 1975 wurde die
GSG 9 Pateneinheit von Bischofsgrün. Angehörige der Truppe waren seither oft zum Urlaub wie auch zum Üben in Bischofsgrün.

Und Wegener war häufig zu Besuch bei der Familie Küspert im Ortsteil Rangen. Küsperts Tochter Barbara Prechtl erlebte Wegener als junges Mädchen: „Er war sehr beeindruckend, eine Respektsperson und ein Vorbild.“ Als er ihr später das Du angeboten habe, habe sie Hemmungen gehabt, ihn zu duzen.

Wegener kam 1929 in Jüterbog in Brandenburg zur Welt. In der DDR wurde er wegen des Verteilens von Flugblättern über ein Jahr ins Gefängnis gesteckt. 1952 floh er zunächst nach Westberlin, dann nach Westdeutschland, wo er eine Karriere beim Bundesgrenzschutz, der heutigen Bundespolizei, begann.

1972 war er Referent des damaligen Bundesinnenministers Hans-Dietrich Genscher, der ebenfalls später ein regelmäßiger Gast in Bischofsgrün war, wenn er die Bayreuther Festspiele besuchte. Die Befreiuungsaktion der israelischen Geiseln bei der Olympiade in München war kläglich gescheitert, weil es bis dahin keine Antiterrorspezialkräfte in der Bundesrepublik gab. Wegener schlug Genscher die Aufstellung einer solchen Einheit vor. Und wurde ihr erster Chef, ein Kommando, das er bis 1979 innehatte.

Die Patenschaft zwischen der in Sankt Augustin bei Bonn stationierten GSG 9 und Bischofsgrün ist die einzige ihrer Art. Vor zwei Jahren wurde das 40-jährige Bestehen in Bischofsgrün gefeiert. Es war das letzte Mal, dass Wegener persönlich in Bischofsgrün war, damals noch bei guter Gesundheit und noch ganz der stramme, kerzengerade alte Soldat. Vor wenigen Monaten verlieh im die Gemeinde Bischofsgrün die Ehrenbürgerschaft.

Am 28. Dezember ist General a. D. Wegener im Alter von 88 Jahren gestorben, wie zuerst die Bild-Zeitung gemeldet hat.

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