Coburg Kulturnacht zieht Massen an

Von Katja Nauer

21 Stationen faszinieren in der "Nacht der Kontraste". Bei bestem Spätsommerwetter sind Tausende Besucher in der Innenstadt und auf der Veste unterwegs.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Coburg - Am Busrendezvousplatz Theaterplatz war die Hölle los: Zwei Busse fassten kaum die Masse der Menschen, die anstanden, um zur Veste zu gelangen. Auch Martina Barnicol-Öttler aus Coburg und ihre Freundin Heike Januszewski aus Frohnlach sind mit von der Partie. Nach dem Besuch von Hexenturm, Bürglaßschlösschen ("die Harfenspielerin dort war spitze"), der Schlosskirche in der Ehrenburg und den Arkaden soll es nun zum höchsten Veranstaltungsort dieser Nacht gehen. Zurück in die Stadt wollen die beiden Freundinnen dann durch den illuminierten Hofgarten gehen.


"Coburgs schönste Nacht", wie es der Vorsitzende der Coburger Landesstiftung, Bürgermeister Norbert Tessmer, bei der Auftaktveranstaltung formulierte, ist in vollem Gange, und die Besucher sind in bester Stimmung. Groß und Klein und Jung und Alt sind am Samstagabend bei schönstem Wetter in einer lauen Nacht unterwegs. Unter dem Motto "Könner, Künstler und Kulturen" stehen die Türen von insgesamt 21 kulturellen Einrichtungen in Coburg "sperrangelweit offen", so Tessmer. Verantwortlich für die neunte Edition der Museumsnacht zeichnet Organisator Martin Rohm: "Dieses Jahr locken auch eher verborgene Orte, die die Menschen neugierig machen sollen."

Einer dieser sonst eher verborgenen Orte ist die Coburger Moschee. Sie hat 200 Mitglieder und ist erstmalig dabei. Hausherr Imam Ebubekir Elbir hat wohl das riesige Interesse vorausgeahnt und sich Unterstützung geholt: den Neustadter Iman Niyazi Cabbar. Die Moschee in der Viktoriastraße kann die Besucher kaum fassen. Dutzende von Coburgern stehen bereits zur Eröffnung um 18 Uhr im Treppenhaus, um sich über den islamischen Glauben zu informieren - selbstverständlich nicht in Schuhen.

Jutta Lemmer ist extra zur Museumsnacht aus Forchheim angereist. Sie hat sich den Vortrag des Imans gerne angehört: "Vieles war mir doch neu."

Auch der im Jahr 1200 erbaute Hexenturm ist zum ersten Mal bei der Veranstaltung dabei. Die Besucher informieren sich an Schautafeln über die Arbeit der Gemeinschaft Stadtbild. Diplom-Pädagogin Gudrun Wurmthaler klärt über die Hexenverfolgung auf. 1565 starben in Coburg die ersten drei als Hexen angeklagten Frauen auf dem Scheiterhaufen. Unter Herzog Johann Casimir gab es zwei Verfolgungswellen.

Ilona Gütter aus Coburg ist mit der ganzen Familie und zwei Enkeln da. Sie weiß um die unrühmliche Vergangenheit des Turms: "Trotzdem vermittelt der Turm mir Ruhe."

In den Überresten der alten Propstei im Grabungsmuseum liest der Coburger Volker Backert - nur von einer kleinen Lampe beleuchtet - aus seinen Coburg-Krimis "Das Haus vom Nikolaus" und "Todesfessel". Passend zur Kulisse sucht er sich die gruseligsten Stellen aus - und zieht damit die erwachsenen Zuhörer in seinen Bann. Auch Michael Tröbs vom Stadtarchiv freut sich über seinen Gast: "Es muss zum Ambiente passen und ist etwas Besonderes."

Zeitgleich eröffnet die Coburger Landesbibliothek eine Ausstellung, die das Künstlerbuch zum Thema hat. Mit dabei sind die "Liebesbriefe" des Kronacher Künstlers Ingo Cesaro, versehen mit Steindrucken von Robert Reiter aus Untersiemau sowie Gedichte und kleine Geschichten von Erhard Flechsig (Sonnefeld).

Musikalisch lockt eine Vielfalt: Ob Gitarrist Stephan Bienwald Michael Jackson-Klassiker neu vertont, Ignaz Netzer akustischen Gitarrenblues ertönen lässt oder die virtuose Interpretation des Nuevo-Flamenco von Café del Mundo, sie alle finden in der Museumsnacht ihre begeisterten Zuhörer. In der Lutherkapelle wartet das Frauen-Terzett Cantemus mit einem im Jahr 1994 geschriebenen Werbespot für Delta-Airlines auf, verspricht aber auch sanfte Töne von Simon und Garfunkel. Im Andromedasaal in der Ehrenburg spielt der Musik-Kabarettist Klaus-André Eickhoff schelmisch mit der deutschen Sprache: "Warum wird aus fügen fügte und gefügt, so hieße es doch lügen lügte und gelügt." Direkt nebenan begeistert die Formation "Wildes Holz" mit Kontrabass, Gitarre und entfesselter Blockflöte.

Veste bunt illuminiert

Langsam wird es dunkel. Im Hof der Ehrenburg hören sich die achtjährige Aaliyah und ihre Freundin Fabienne die Greyhound-Band an. "Wir möchten uns mit unseren Müttern aber noch den Garten des Naturkundemuseums ansehen. Wir finden den mit Lichtern so schön." An den Arkaden lassen ausgewählte Künstler aus zwölf Coburger Schulen ihre großformatigen Werke sprechen und von oben lockt der Hofgarten mit Ost- und Westpavillon.

In der Dunkelheit kommen die Illuminationen auf der Veste richtig zur Geltung. Einige Gebäude werden farbig angestrahlt, die Bilder wechseln sekündlich. Einer Eule folgt ein Spiralnebel, Sternenornamente, Graffitis, Schmetterlinge, das Friedenszeichen. Applaus auf der vorderen Bastei: Hier zeigen "Jonglissimo" aus Österreich ihre Kunst. Neun leuchtende Keulen wirbeln virtuos durch die Nacht, wechseln immer wieder die Farben. Am Ende landen sie gut ausbalanciert auf dem Kinn.

Die "Nacht der Kontraste" hat sich als Kulturevent etabliert.

Bilder