Coburg "Mir ist der Bezug zur Praxis wichtig"

Eva Brandmeier freut sich auf die Arbeit mit den Studierenden und möchte dabei auch die Zusammenarbeit mit Unternehmen intensivieren. Foto: Hochschule Coburg / Julian Uebe Quelle: Unbekannt

Eva Brandmeier ist neue Professorin an der Hochschule Coburg. Ihre Schwerpunkte sind selbstlernende Maschinen und Digitalisierung.

 
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Coburg - Zum neuen Wintersemester startet Eva Brandmeier als Professorin in der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik der Hochschule Coburg. In ihrem Lebenslauf findet man den Begriff Industrie 4.0 immer wieder. Was das genau bedeutet erzählt sie im Interview.

Welchen Eindruck hatten Sie von der Hochschule Coburg vor Ihrer Berufung?

Ich habe sie immer als modern und sehr engagiert wahrgenommen. Das hat mich auch dazu bewogen, mich hier zu bewerben.

Welche Bereiche übernehmen Sie in der Fakultät für Maschinenbau und Automobiltechnik?

Zum einen werde ich Vorlesungen meines scheidenden Kollegen Prof. Dr. Winfried Perseke und von Hans-Herbert Hartan im Bereich der Konstruktionstechnik und der Maschinenelemente übernehmen. Mein Schwerpunktbereich sind selbstlernende Maschinen und Digitalisierung. Ich fange gerade an, diese Bereiche hier aufzubauen.

Was genau bedeutet denn "selbstlernende Maschinen"?

Grob gesagt: Der Weg der selbstlernenden Maschinen ist eigentlich, dass die Maschinen selber aus den Ergebnissen, die sie produzieren, lernen. So können sie zum Beispiel Gutteile und Ausschuss erkennen. Wir reagieren ja intuitiv auf gewisse Einflüsse unterschiedlich. Genauso ist das Ziel von selbstlernenden Maschinen, dass sie durch die verschiedenen Daten, beispielsweise Maschinenparameter, Umgebungseinflüsse oder Materialparameter, selbst lernen, wie sie sich einstellen müssen, wie sie reagieren, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.

Sie haben vor Ihrer Berufung an die Hochschule Coburg bei Automobilzulieferern gearbeitet. Wie weit ist denn die Branche im Bereich Industrie 4.0?

Da ist man noch gar nicht so weit. Ein Handy hat ja schon viel künstliche Intelligenz, es lernt, wo man sich an welchem Tag hinbewegt, es kennt unsere Gewohnheiten, lernt daraus. Aber in der Industrie ist das noch gar nicht angekommen. Die Fertigung ist mittlerweile so weit, dass sehr viele Maschinen mit Sensorik ausstattet sind, sehr viele Daten erfasst werden. Man weiß jedoch noch nichts damit anzufangen. Wichtig ist immer das Zusammenspiel aus Sensorik und Aktorik. Also, dass ich nicht nur erfasse, sondern auch wieder eingreifen kann. Diese Brücke ist nur bei wenigen Vorreiterfirmen in Pilotprojekten implementiert.

Wo liegt Ihrer Meinung nach die Herausforderung für die Praxis in diesem Bereich?

Es gibt mittlerweile sehr viele Lehrbücher für künstliche Intelligenz und selbstlernende Systeme, aber es fehlt häufig die Verknüpfung zur Anwendung in der Praxis. Das ist für mich die Herausforderung, den Studierenden beizubringen, wie man das auch in der Praxis umsetzen kann.

Was möchten Sie den Studierenden in den ersten Semestern vermitteln?

Mir ist es immer wichtig, in der Vorlesung einen Bezug zur Praxis einzubauen, um den Studierenden näherzubringen, warum sie etwas lernen. Um beispielsweise eine technische Zeichnung richtig zu lesen, oder eine mit CAD erstellte Zeichnung normgerecht zu ergänzen, muss man gelernt haben, mit der Hand zu zeichnen. Es kann auch niemand ein Kochbuch schreiben, wenn er selber nie gekocht hat.

Wie sind Sie überhaupt in den technischen Bereich gekommen?

Ich habe mich bereits in der Schule immer für die naturwissenschaftlichen Fächer begeistert. Zu Beginn gab es schon kritische Stimmen: Du als Frau und Maschinenbau, traust du dir das zu? Dann habe ich mich erst für Wirtschaftsingenieurwesen entschieden und bin für den Master zu Maschinenbau gewechselt, weil mich die technische Komponente viel mehr interessiert hat. Ich habe es nie bereut.

Wie ging es Ihnen in der Industrie als junge Frau im technischen Bereich?

Nach meiner Erfahrung ist es in der Industrie, trotz des Strebens nach Gleichberechtigung, ein kleiner Kampf. Man wird als junge Frau in dieser Männerdomäne mit gewisser Altersstruktur nie von Anfang an so akzeptiert, wie vielleicht ein Mann im gleichen Alter, mit der gleichen Qualifikation. Ich hoffe sehr und setze mich dafür ein, dass sich das in den nächsten Jahren verändert.

Wie sehen Sie Ihren Aufgaben an der Hochschule Coburg entgegen?

Ich freue mich auf die Arbeit mit den Studierenden! Weil ich kein rein theoretisches Forschungsgebiet haben möchte, will ich intensiv mit Unternehmen zusammenarbeiten. Fragen: Pia Dahlem

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