Coburg Morgens suchen, mittags buchen

Tim Birkner
Zwar gibt es wegen der Corona-Pandemie einen Trend zum Urlaub im ländlichen Raum., sagt Jörg Steinhardt, Geschäftsführer der Tourismusregion Coburg-Rennsteig. Allerdings: So viele Wandertouristen findet auch er nicht, dass sie das Samba-Festival aufwiegen könnten. Symbolbild: Christin Klose (dpa archiv) Quelle: Unbekannt

Urlaub um die Ecke ist gefragt, und Gäste entscheiden sich immer kurzfristiger. Der Trend geht in den ländlichen Raum. Darauf reagiert man auch in der Region.

 
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Coburg - "Corona stürzt den Tourismus in eine tiefe Krise. Die Pandemie vernichtet jahrelange Arbeit", sagt Landrat Sebastian Straubel bei der Mitgliederversammlung der Tourismusregion Coburg-Rennsteig. Mit einer Million Übernachtungen kam die Tourismusregion aus dem Jahr 2019 - das war so viel wie noch nie. Dann kam der erste Lockdown, gefolgt von einem Urlaub-in-Deutschland-Sommer ohne Großveranstaltungen und dann die gegenwärtige zweite Schließung von Gastronomie, Museen und Hotels für touristische Übernachtungen. Wie kommt man da wieder auf die Beine?

Das Geschäftsjahr

Die Tourismusregion Coburg Rennsteig hat ihr Geschäftsjahr 2019 mit Einnahmen von 422 000 Euro abgeschlossen. Mit 400 000 Euro sind die Mitgliedsbeiträge die größte Einnahme. Die Personalkosten belaufen sich auf rund 220 000 Euro, die Ausgaben für touristische Werbung liegen bei 150 000 Euro. Der Jahresabschluss weist ein Defizit von 10 000 Euro aus. Für das kommende Jahr ist ein Gesamthaushalt von einer halben Million Euro geplant - bei einem geplanten Defizit von 50 000 Euro.


Geschäftsführer Jörg Steinhardt zeigt die Magnetwirkung der Region: Natur und Kultur. Schlösser, Burgen, Glas und Spielzeug. Und er zeigt die Werkzeuge: Online, schnell und verbindlich. "Die Online-Buchbarkeit ist der wichtigste Schlüssel. Die Gäste denken und handeln kurzfristiger", sagt Steinhardt. Am Morgen suchen, mittags buchen und am Abend schon da sein - das ist der Ablauf, den Corona gebracht hat und der nach Ansicht der Touristiker bleiben wird. Das spiegelt sich in den Anfragen. Das zeigen die Abonnenten auf Instagram oder die Fans auf Facebook. Hier gibt es keinen Lockdown. Hier gehen die Zahlen stetig nach oben. Ende Oktober gab es 2000 Abonnenten auf Instagram, 7000 Fans bei Facebook. Daran arbeitet Steinhardt mit seinem Team. In den Sommermonaten konnte die Kampagne "Heimatliebe" wenigstens ein klein wenig den Lockdown vergessen lassen. Die Broschüre wurde 120 000-mal gedruckt und verteilt.

"Weil der Urlaub in Europa nicht mehr ging, suchten die Menschen nach Alternativen. Natur und draußen waren gefragt. Und die Gäste sind in der Urlaubszeit länger geblieben als in den vergangenen Jahren", beschreibt Steinhardt den Wandel durch Corona. Verhaltensweisen, die bisher gut vorhersehbar waren, gibt es seit diesem Sommer nicht mehr. "Wir bekamen neue Anfragen, neue Gäste und konnten einen Trend in den ländlichen Raum beobachten", so der Geschäftsführer. Kein Wunder, denn große Events in Städten waren abgesagt. So viele Wandertouristen findet auch Steinhardt nicht, dass sie das Samba-Festival aufwiegen könnten.

Von Januar bis August fehlten der Tourismusbranche in diesem Jahr 40 Prozent der Gäste und Übernachtungen. Der Trend zum Urlaub in Deutschland rettete über den Sommer hinweg wenigstens einen Teil. "Der August war unser bester Monat und der lag von den Übernachtungen etwa zehn Prozent unter denen im August 2019", sagt der Geschäftsführer. "Wir haben ein solides Fundament, um die Krise gemeinsam bewältigen zu können", sagt der Landrat. Dieses Fundament ist die Heimatliebe der Menschen und die Heimatliebe als Marketingkampagne. "Wir können die Chance des Deutschlandtourismus nutzen", sagt Sebastian Strobel. "Corona hat zumindest bei einigen Leuten grundlegende Fragen aufgeworfen. Wir können nicht so weitermachen wie bisher. Es werden also nicht alle nach der Impfung wieder in den Flieger steigen", sagt Jörg Steinhardt.

Wie also möchte die Tourismusregion ihre Chance nutzen? Ein Schwerpunkt ist die Datenbank. Sie muss verlässlich und aktuell sein. Darauf stützt sich vor allem die Online-Buchung. Die sozialen Medien und Suchmaschinen werden weiter im Fokus der touristischen Vermarktung stehen. "Wir schauen uns genau an, wer online zu uns kommt, was er sucht und wann er wieder aussteigt", sagt Steinhardt. Die Gründe für den Ausstieg sind positiv: "Wer gefunden hat, was er sucht, klickt wieder weg." Für den Geschäftsführer ist das ein Ansporn: "Wir verbessern die Nutzeransprache unseres Webauftritts laufend." Die Nutzerzahl und die Seitenaufrufe haben sich nahezu verdoppelt.

Doch nicht alles ist digital. Am Ende soll ein analoger Gast in einem Bett der Region liegen. Im Projekt "Willkommenskultur" werden jetzt zum Beispiel die touristischen Hinweisschilder an der Autobahn erneuert. Auch arbeitet die Tourismusregion an einem Marketingplan für die Wohnmobillandschaft Coburg-Rennsteig. Denn mit dem Trend zum Urlaub in Deutschland gibt es einen Boom bei Wohnmobil-Reisen. Auch die Kataloge und Broschüren aus Papier stehen weiter hoch im Kurs - obwohl viele Tourismus-Messen abgesagt sind. "Wir hoffen auf 2021. Die Prospektanfragen sind so hoch wie nie", blickt Steinhardt in das kommende Jahr. Die Kapazitäten und Angebote scheinen in Ordnung zu sein. Landrat Sebastian Straubel spürt den Rückenwind der zufriedenen Gäste, die schon da waren. In einer Umfrage mit 700 Teilnehmern würden 93 Prozent die Urlaubsregion Coburg-Rennsteig weiterempfehlen. "Und von den übrigen sind etliche dabei, die uns nur deshalb nicht empfehlen wollen, weil sie die Ruhe lieben und es nicht noch voller werden soll", so Straubel.

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