Coburg Müllheizkraftwerk schaltet Verbrennung komplett ab

Martin Rebhan
Zur Silhouette in Coburg gehört seit 30 Jahren die Rauchfahne aus dem Müllheizkraftwerk. Foto: Rebhan

Das Müllheizkraftwerk schaltet erstmals seit 1988 die Verbrennung komplett ab. Nötig macht dies ein Austausch der in die Jahre gekommenen Technik.

 
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Coburg - Ende 1988 wurde das Coburger Müllheizkraftwerk (MHKW) offiziell in Betrieb genommen. Die Investitionskosten lagen damals bei rund 120 Millionen Euro. Seither werden jährlich etwa 130 000 Tonnen Müll verbrannt. Damit das Heizkraftwerk als "kritische Infrastruktureinrichtung" immer einsatzbereit ist, werden jährlich Revisionen an den beiden Verbrennungslinien durchgeführt. Wie Werkleiter Peter Baj erläuterte, wird in den Monaten in denen wenig Fernwärme zur Verfügung stehen muss, einen Monat lang immer eine Linie abgeschaltet, um die Revisionen zu ermöglichen. "Davon, dass wir nur mit 50 Prozent Auslastung arbeiten hat der Bürger nichts mitbekommen", so Baj.

Jetzt tritt erstmalig ein besonderer Fall ein. Das Müllheizkraftwerk wird komplett heruntergefahren. Drei Wochen lang wird kein Müll mehr verbrannt und es kann weder Gewerbe- noch Privatmüll angeliefert werden. Seit Donnerstagnachmittag sind die Tore des MHKW geschlossen und öffnen sich am 10. August zunächst für die gewerblichen Anlieferer wieder. Private Anlieferungen werden ab dem 12. August nach vorheriger Terminvergabe wieder möglich sein.

Dass eine solche drastische Maßnahme nötig ist, liegt nach Worten von Peter Baj in der mittlerweile in die Jahre gekommen elektrotechnischen Ausstattung. "Für viele dieser Komponenten gibt es keine Ersatzteile mehr", erklärt er. Um wieder auf dem neusten technischen Stand zu sein und einen störungsfreien Betrieb zu garantieren, müssen die Anlagen komplett ausgetauscht werden.

Großen Wert legt Peter Baj auf die Feststellung, dass sich die Bürger im Einzugsgebiet des Zweckverbandes, das ist die Stadt Coburg, sowie die Landkreise Coburg, Kronach und Lichtenfels, keine Sorgen machen müssen, dass ihr Müll nicht abgeholt wird. "Die Abfuhr läuft wie gewohnt weiter", betonte der Werkleiter. Bis das MHKW wieder ans Netz gehen kann, wird der Müll in der Deponie Blumenrod zwischengelagert.

Auch ist die Versorgung mit Fernwärme sichergestellt. Auf dem Gelände der Städtischen Werke in Coburg befindet sich ein Notheizwerk, dass die Zeit der Vakanz des MHKW überbrückt. Für die über 50 Mitarbeiter im MHKW bedeutet die Abschaltung aber nicht, dass sie ein paar ruhige Tage haben, ganz in Gegenteil. Der Stillstand wird nicht nur für den Austausch der Elektrotechnik, sondern auch für umfangreiche Revisionsarbeiten genutzt.

Am Ende der Aktion werden etwa fünf Millionen Euro den Eigentümer gewechselt haben. Dass ihm die Grundlage des Handels, der Müll, ausgeht, davor hat der Werkleiter keine Angst. "Wir ersticken im Müll", betont Peter Baj und fügt hinzu: "Seit dem Beginn der Corona-Pandemie ist die Abfallmenge um sechs Prozent gestiegen". Einen Grund hierfür sieht er darin, dass die Menschen die Zeit in der sie zuhause bleiben mussten, ihre Keller und Dachböden entrümpelt haben.

Das Problem das Peter Baj viel mehr beschäftigt, als die zunehmenden Müllmenge, ist, dass der Heizwert des Hausmülls ständig zunimmt. So liegt dieser bei etwa 11 500 Kilojoule je Kilogramm. Zum Vergleich Braunkohle erreicht nur einen Wert von 9000 kJ/kg. Die Bruttowärmeleistung des MHWK ist auf 54,3 Megawatt begrenzt. "Wenn jetzt der Heizwert steigt, muss logischer Weise die zu verarbeiteten Menge niedriger werden", erklärt Baj. In der Konsequenz heißt dies das MHKW kann weniger Müll verbrennen. Eine Lösung für das Problem sieht er in einer konsequenten Aussortierung wieder verwertbarer Bestandteile aus dem Abfall, bevor dieser im MHKW angeliefert wird.

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