Coburg Sarah bringt Coburg zum Tanzen und zum Träumen

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Zarte Balladen und mächtige Grooves, Klartext und Romantik: Sarah Connor eröffnet mit 6000 begeisterten Fans das HUK-Open-Air-Wochenende auf dem Schlossplatz.

 
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Coburg - Sie hat sich eine Menge vorgenommen: Die "Muttersprache", an die sie sich musikalisch erst seit einem Jahr heranwagt, möchte sie uns ans Herz singen, aber auch zur Reise in ihre "dunkle Vergangenheit" lädt sie uns ein. Zum Schwelgen will sie ihr Publikum bringen, und zum Schwitzen - ein bisschen auch zum Abschalten: "Lasst uns heute Abend den ganzen Scheiß der letzten Wochen vergessen!" beschwört Sarah Connor ihre Fans.

Die wurden gerade wieder an "den ganzen Scheiß" erinnert: Verschärfte Sicherheitskontrollen sorgten für lange Schlangen vor dem Eingang zum Schlossplatz. Trotzdem muss niemand was verpassen: Als eine halbe Stunde später als geplant der schwarze Vorhang fällt und machtvoll die ersten Takte von "Halt mich" den Schlossplatz fluten, haben die gut 6000 ihre Plätze gefunden, das Warten bald vergessen und den leichten Nieselregen abgehakt. Denn Sarah Connor liefert mit ihrer neunköpfigen Band nicht einfach ein musikalisch hochklassiges Konzert ab - sie kommt ihren Fans auch nahe.

Visuell durch die großen LED-Screens links und rechts der Bühne, die die Show im meist roten Scheinwerferlicht bis in die letzte Reihe transportieren. Vor allem aber emotional durch ihre gefühlvollen Lieder und ihre sympathische, unprätentiöse Art: "Ich habe seit drei Tagen dieselbe Hose an, weil ich für die ,Sommerkonzerte' nur Shorts eingepackt habe" verrät sie - und trägt den modischen Verzicht mit Gelassenheit: "Mir passt ja sowieso nicht mehr viel", lächelt die 36-Jährige und streicht über das Bäuchlein, in dem gerade ihr viertes Kind heranwächst.

Ihre ganz jungen Fans hat Sarah Connor denn auch besonders ins Herz geschlossen, zum Finale wird sie "alle unter zehn" auf die Bühne holen. Aber erst mal pirschen sich die Kurzen noch schüchtern nach vorne und demonstrieren strahlend ihre Textsicherheit, vor allem bei "Meine Insel", einer zauberhaften Liebeserklärung an die beste Freundin. Um auch die, zahlenmäßig deutlich unterlegenen, Herren der Schöpfung vokal aus der Reserve zu locken, zieht Sarah mit ihrem fingerflinken Lead-Gitarristen Thorsten Goods noch ganz andere Register: "Highway To Hell" geht doch leichter über Männerlippen als "Jetzt sing' ich dir ein deutsches Liebeslied".

Daran hat die Soul-Lady mit der wunderbar wandelbaren Power-Stimme vor ein paar Jahren nicht im Traum gedacht - bis sie sich "in die deutsche Singsprache verliebte" - dank Gregor Meyles famoser Herzbruchballade "Keine ist wie du", die sie in einer Unplugged-Version anrührend zelebriert. Als Reminiszenz an die "Nullerjahre", in denen sie mit englischsprachigen Popsongs wie "Let's Get Back To Bed, Boy" oder "From Zero To Hero" die Charts anführte, bringt sie den Schlossplatz mit einen Best-of-Medley zum Tanzen - und mit einer filigranen, jazzig angehauchten Version der Hit-Ballade "With Sarah In Love" zum Träumen.

Nur eine Atempause gönnt sich die dynamische Frontfrau im 100-Minuten-Konzert: Die prickelnde Funk-Nummer "Working Day And Night" bietet den drei Background-Sängerinnen Gelegenheit, ihre mächtigen Soul-Stimmen zu entfalten - und die Band darf sich in rasanten Soli und einem Percussion-Drum-Duell richtig austoben.

In ihren "Muttersprache"-Liedern ermutigt Sarah Connor dazu, sich "mit vollen Händen" zu verschwenden; ohne Schlagerklischees zu strapazieren feiert sie das Leben und die Liebe - und blendet auch den Tod nicht aus: Einen fröhlichen Abschied wünscht sie sich in "Das Leben ist schön, auch wenn es vergeht".

Für den stimmungsvollen - und natürlich vorläufigen - Abschied von Coburg holt sich der Star Unterstützung auf die Bühne: Erst die neunjährige Mia, die Sarah einen offensichtlich tief beeindruckenden Brief geschrieben hat - und schließlich ruft sie alle Kinder zu sich und stimmt mit dem gut hundertköpfigen Spontanchor den ultimativen Hit an: "Wie schön du bist".

Rockig und romantisch klingt der genussvolle Abend auf dem Schlossplatz im Zugabenteil aus mit dem groovigen "Baby Love" und einer ganz unverkitschten Ode an den Liebsten: "Mein König". Ganz am Ende kommt Sarah Connor noch einmal auf den "ganzen Scheiß" zu sprechen, dem man sich nun einmal nicht entziehen kann in dieser bewegten Zeit. Und darum rundet sie den Abend ab mit einem ernsten Appell, Angst, Hass und Gewalt Paroli zu bieten, Haltung zu zeigen und wachsam zu bleiben: "Augen auf!"

Warum können wir nach den Bildern schlafen gehen und weiter träumen als sei nichts geschehen? Krieg dein Arsch endlich hoch! Zeit aufzustehen.

Sarah Connor in "Augen auf"

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