Coburg Spontanmusik auf dem Coburger Schlossplatz

180 Musiker finden sich zu einem Mammut-Orchester zusammen. Und spielen nicht nur Dvorák.

 
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Coburg - Ab und an huscht Roland Kluttig doch ein Schmunzeln übers Gesicht und dann kann sich der Leiter des Philharmonischen Orchesters am Landestheater Coburg das Grinsen nicht so ganz verkneifen, doch im Großen und Ganzen schaut er zufrieden herab auf seine Schützlinge, die in ungewohnter Konstellation, außergewöhnlicher Anzahl und an einem besonderen Ort seinem Dirigat folgen. Oder sich zumindest bemühen, denn in dem bunt gemischten 180-köpfigen Haufen auf dem Coburger Schlossplatz befinden sich nicht nur Profis, sondern auch musikbegeisterte Laien. Das Philharmonische Orchester hat, in Zusammenarbeit mit der Kulturabteilung der Stadt Coburg, zum ersten "Symphonic Mob" Bayerns aufgerufen. Der Termin, der zuerst für Ende Juni geplant und wegen schlechten Wetters verschoben worden war, fand nun zur Eröffnung des diesjährigen Theaterfestes am Samstagnachmittag unter den Arkaden statt.

Bereits im Vorfeld hatten Instrumentalisten und Sänger die Möglichkeit, sich im Netz Noten und Texte herunterzuladen, um ihr Talent bei Edvard Grieg, Antonín Dvorák und Georges Bizet unter Beweis zu stellen. Stücke, die man zwar mit vereinfachten Noten üben konnte, die allerdings auch einiges Können abverlangten. "Ich spiele seit meinem sechsten Lebensjahr, sprich seit 38 Jahren, Streichinstrumente", erläutert Florian Keßler, der mit der Bratsche am Symphonic Mob teilnimmt, "aber gerade Edward Krieg ist teilweise anspruchsvoll, hat eine schwierige Begleitung". Doch der Coburger freut sich, auch einmal spätromantische Musik spielen zu können, "diese Gelegenheit bietet sich nicht oft". Geprobt hat er einmal zu Hause, genau wie eine der jüngsten Teilnehmerinnen, die neunjährige Mira, die samt Klassenkameradin und Blockflöte gekommen ist, "viel Zeit zum Üben hatte ich nicht, ich war bis gestern im Trainingslager", verrät sie. Auf Kluttigs Nachfrage, wer zu Hause überhaupt geprobt hätte, gibt es dann auch gerade eine Meldung, doch das Konzert klappt auch ohne große Vorbereitung.

Eine Stunde ist Zeit zum Proben, 60 Minuten, in denen deutlich wird, dass Dirigenten durchaus pädagogische Fähigkeiten besitzen und gut motivieren können. "Fabelhaft", lobt der Orchesterchef, um gleich das "aber" hinterherzuschicken, "wir können hier durchaus noch etwas korrigieren". Und die Bläser, Streicher, Schläger und Sänger, unter die sich tatsächlich ein Akkordeon, eine Gitarre und sogar eine Maultrommel geschlichen haben, geben ihr Bestes. Die ersten Zuschauer befinden sich bereits über den Arkaden und klatschen schon bei den Übungen. "Da hätte ich gerne eine schöne Crescendo-diminuendo-Welle", tönt es im Fachjargon über den Schlossplatz, als Griegs "Morgenstimmung" aus "Peer Gynt" erklingt und dem wird Folge geleistet.

"In der Halle des Bergkönigs" dürfen die Fagotte getrost etwas lauter werden, doch "nicht davon eilen". Kluttig gibt das Tempo vor, "bom bim, ram, bam, bam", die Wortwahl sorgt für Erheiterung, doch es funktioniert. Tempi und Rhythmus passen, es gibt ein weiteres Lob, danach geht's weiter mit den Slawischen Tänzen Nummer 1 und 2 von Antonín Dvorák, bevor als Letztes die Sängerinnen-Gruppe mit zwei stimmgewaltigen Quotenmännern an der Reihe ist, um "Auf in den Kampf Torero" aus Georges Bizets "Carmen" zu schmettern. Dabei wird deutlich, dass es doch Unterschiede zwischen "selber richtig singen" und "das kenne ich eh" gibt, doch die Zeit zum Üben wird knapp, das Konzert soll pünktlich beginnen, das Publikum um und auf dem Schlossplatz wird zahlreicher und schweigt erwartungsvoll. Und dann ist es wirklich mucksmäuschenstill, als der "Mob" beginnt, die Sonne strahlt vom Himmel, es herrscht eine wunderbare, fast feierliche Atmosphäre. Eine halbe Stunde lang musiziert das "Coburg People Philharmonic Orchestra" auf dem Schlossplatz und danach gibt es nicht nur Beifall von den Zuschauern, sondern auch Erleichterung auf dem Gesicht von Roland Kluttig, sowie die Worte: "Ich vermute, wir werden es wieder machen." Wenn dies mal kein Kompliment an seine Schützlinge war...."

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