Coburg Trauer um Samia und Liyah

Von Christian Pack
Vor dem ehemaligen Wohnhaus von Daniela I. haben Freunde der getöteten Liyah und Samia Blumen und Bilder niedergelegt. Auf Zetteln stehen Sätze wie: "Du wirst immer in meinem Herzen bleiben". Foto: H. Rosenbusch Quelle: Unbekannt

Auch die jüngere Tochter der Geisterfahrerin ist tot. Vor deren Haus in der Coburger Innenstadt legen Kinder Fotos und Briefe nieder. Warum es zu dem tragischen Unfall auf der A 73 kam, ist weiterhin völlig unklar.

 
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Coburg - Im Hinterhof des Mehrfamilienhauses in der Coburger Innenstadt liegt ein bunter Kinder-Lkw, viele Mieter haben ihre Rollladen heruntergelassen. Es ist das Haus, in dem die 31-jährige Geisterfahrerin mit ihren Kindern zuletzt wohnte. Jetzt ist es traurige Gewissheit: Nicht nur Daniela I. und ihre Tochter Liyah (7) kamen am Dienstag bei dem schrecklichen Unfall auf der A 73 ums Leben. Auch die kleine Samia (4) erlag gestern im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen.

Direkt vor der Haustür liegen Blumen, Kerzen, Bilder und Fotos. Auf kleinen Zetteln stehen Sätze wie "Du wirst immer in meinem Herzen bleiben" und "Ich habe dich lieb". Es sind herzzerreißende Briefe, geschrieben von Spielkameraden der getöteten Mädchen.

Nicht nur für die ehemaligen Freunde ist das Geschehene unbegreiflich, auch die Nachbarn sind immer noch geschockt. "Das ist so traurig. Die beiden Mädchen waren doch so lieb", sagt eine Frau, die in der gleiche Straße wohnt und kopfschüttelnd vor dem Haus steht. Während sie die Briefe liest und die Fotos betrachtet sagt sie: "Ich habe die Beiden hier noch vor Kurzem spielen gesehen."

Unterdessen ist noch vollkommen unklar, warum Daniela I. am Dienstagmorgen mit ihren Kindern auf der A 73 in den Tod raste. Die Polizei hofft auf Hinweise durch Gutachten, deren Abschluss sich laut Polizeisprecher Alexander Czech aber womöglich noch "einige Tage oder Wochen" hinziehen kann. Allerdings, das betont der Polizeisprecher, sei es durchaus möglich, dass die Frage nach dem Warum nie abschließend geklärt werden kann. "Aus welchem Grund die Frau falsch auf die Autobahn aufgefahren ist, könnte wohl nur sie selbst beantworten."

Einen konkreten Hinweise auf einen Suizidversuch gibt es nicht. Ein Abschiedsbrief wurde nicht gefunden. Auch deshalb, so Czech, deute vieles darauf hin, dass "die psychische Ausnahmesituation der Grund war, warum die Frau in den Gegenverkehr gefahren ist".

Denn unstrittig ist, dass sich die Coburgerin am Tag des schrecklichen Unfalls in einem konfusen Gemütszustand befand. Unter anderem hatte sie 45 Minuten zuvor unbekleidet an einer Coburger Arial-Filiale getankt, Getränkeflaschen mitgenommen und war geflüchtet, ohne zu bezahlen.

Kursierende Medienmeldungen, wonach die 31-Jährige dabei Sätze wie "Ich bin Gott" gerufen haben soll, kann Alexander Czech nicht bestätigen. "Sie hat etwas gerufen. Der genaue Wortlaut ist aber nicht bekannt."

Auch dass die Mutter zuvor vor der Wohnung zu einer Nachbarin den Satz "Hinter mir ist ein Monster her" geäußert haben soll, bestätigt der Polizeisprecher nicht. "Diesbezüglich haben wir keine Hinweise." Richtig ist, dass die Polizei am Montag gegen 18 Uhr zur Wohnung der Coburgerin gerufen wurde. Hier war es zu einer "verbalen Streitigkeit" mit der Mutter gekommen. Die Beamten mussten jedoch keine Maßnahmen ergreifen. Die Frauen hatten sich bereits wieder beruhigt. Die 31-Jährige stimmte sogar freiwillig einem Drogentest zu. Der verlief negativ.

Die Frau war am Dienstag gegen 6.30 Uhr zwischen Hirschaid und Bamberg Süd unbekleidet in falscher Richtung auf die A 73 aufgefahren. Nach etwa drei Kilometern kam es zum Frontalzusammenstoß mit einem anderen Pkw. Der 25-jährige Fahrer dieses Fahrzeugs starb an der Unfallstelle. Sein 54-jähriger Arbeitskollege liegt immer noch schwerverletzt im Krankenhaus.

Die Autobahn musste in beiden Richtungen bis zum Mittag gesperrt werden. Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst waren mit 50 Kräften vor Ort im Einsatz.

Es ist so traurig. Die beiden Mädchen waren doch so lieb.

Eine Nachbarin


Aus welchem Grund die Frau falsch auf die Autobahn aufgefahren ist, könnte wohl nur sie selbst beantworten.

Polizeisprecher Alexander Czech


Liyahs Platz in der Schule wird zum Trauertisch

Liyah ging in die erste Klasse der Jean-Paul-Schule. Nach Auskunft der Lehrer war sie ein völlig unauffälliges und "sehr liebes" Kind gewesen. Weder bei der Siebenjährigen noch bei der Mutter habe das Geringste habe auf irgendwelche Problem zu Hause hingedeutet. Die Mutter sei sehr fürsorglich mit ihrem kleinen Kind umgegangen.

Den Platz von Liyah haben ihre Mitschüler gestern zu einem Trauertisch umfunktioniert. Ein weiterer steht für alle anderen Kinder in der Pausenhalle. Dort können sie selbst gemalte Bilder, Briefe und Kerzen ablegen, "eben alles, was ihnen hilft, die Trauer zu verarbeiten", so Hans Haberzettl. Der Schulleiter hat gemeinsam mit fünf Mitarbeitern des Kriseninterventions und -bewältigungsteams bayerischer Schulpsychologen den entsetzlichen Unfall intensiv mit den 19 Kindern der ersten Klasse, aber auch mit allen anderen besprochen und versucht, soweit wie möglich aufzuarbeiten.

Noch am selben Tag ging ein Informationsschreiben an die Eltern, wie diese sich am besten verhalten sollen, wenn ihre Kinder Fragen haben oder sich innerlich zurückziehen. Auch heute stehen für die Schüler bei Bedarf und in Absprache mit dem bayerischen Krisenbewältigungsteam lokale Notfallseelsorger und Schulpsychologen bereit. "Zeitnah werden wir für alle 255 Kinder außerdem einen Gottesdienst zum Andenken an die Verstorbenen abhalten", sagt Haberzettl. vof


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