Coburg Volkshochschule braucht Nachschlag

Christoph Scheppe
Zu zwei Dritteln finanziert sich die VHS aus Teilnehmerbeiträgen. Weil seit 16. März das Kursangebot wegen Corona nahezu komplett ausgefallen ist, fehlt Geld in der Kasse. Foto: Christoph Scheppe

Der Bildungseinrichtung entgehen wegen der Corona-Krise Einnahmen. Jetzt müssen Stadt und Landkreis das akute Finanzloch stopfen.

 
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Coburg - Die Corona-Pandemie setzt auch der Volkshochschule (VHS) von Stadt und Landkreis arg zu. Seit 16. März ist sie von ihrer wichtigsten Einnahmequelle, den Kursbeiträgen, so gut wie abgeschnitten. Konsequenz: Die Erwachsenenbildungseinrichtung rutscht daher im laufenden Jahr tief in die roten Zahlen. Berechnungen des VHS-Geschäftsführers Rainer Maier zufolge summiert sich das Minus zum Jahresende auf 272 000 Euro, die jeweils zur Hälfte von Stadt und Landkreis getragen werden sollen. Darauf haben sich die Kämmerer beider Kommunen bereits im August verständigt. Nachdem der Kreis- und Strategieausschuss am Donnerstag das Prozedere mit nur einer Gegenstimme (Marco Steiner) absegnete, dürfte auch die Zustimmung des Coburger Finanzsenats und des Kreistags Formsache sein.

Zuschuss für Therme

Der Landkreis kommt seinen Verpflichtungen nach und beteiligt sich auch in diesem Jahr mit maximal 150 600 Euro am Betriebskostendefizit der ThermeNatur. Grundlage dafür bildet ein Vertrag zwischen den Städten Bad Rodach und Coburg sowie dem Landkreis. Die beiden Letztgenannten sichern darin zu, sich mit jeweils maximal 150 600 Euro jährlich am Betriebskostendefizit zu beteiligen. Der Coburger Verwaltungssenat hatte bereits vor zwei Wochen einstimmig den Zuschuss beschlossen. Allerdings steht hinter einem weiteren Engagement der Vestestadt ein Fragezeichen. Weil die Betreibergesellschaft bisher noch keine Jahresabschlüsse für 2018 und 2019 vorgelegt hat, steht Coburg ein Sonderkündigungsrecht zum 30. Juni 2021 zu. cs

Die Coburger VHS gehört zu den größten in Bayern und finanziert sich Maier zufolge zu zwei Dritteln über Teilnehmergebühren. Im vergangenen Jahr flossen rund 880 000 Euro in die Kasse. Heuer werden voraussichtlich nur 280 000 Euro eingenommen. Mit den Einsparungen im laufenden Jahr (60 000 Euro) ergibt sich aktuell ein Defizit von 540 000 Euro. Durch die vollständige Rücklagenentnahme von rund 168 000 Euro und durch 100 000 Euro aus dem Rettungsschirm des Freistaates verbleibe unterm Strich ein Fehlbetrag von 272 000 Euro, rechnete der VHS-Geschäftsführer dem Ausschuss vor.

Angesichts der finanziellen Lage warnte Maier jedoch vor einem "Zurückfahren" der Aktivitäten, Personalfreistellungen, (Teil-)Schließungen von Außenstellen oder dem Verkauf der erst im vergangenen Jahr erworbenen Immobilie Löwenstraße 12. Ein solches Szenario würde die VHS "massiv zurückwerfen" und im Extremfall sogar die Zerschlagung des bisher erfolgreichen Betriebsmodells nach sich ziehen.

Im besten Fall entstünden nach dem Ende des "zurückgefahrenen" Modus erhebliche Kosten für Neuaufbau, Neukundenakquise sowie Raum-, Dozenten- und Personalsuche, die dann zum Problem einer wohl nur noch in Teilbereichen funktionierenden Einrichtung hinzukämen. "Ein wirtschaftlicher Niedergang, verbunden mit einem Neustart in besseren Zeiten, wäre für die Gesellschafter wie für die Einrichtung selbst mit hoher Sicherheit die nachteiligste und kostenintensivste Situation überhaupt."

Maier geht davon aus, dass auch 2021 - zumindest in der ersten Jahreshälfte - keine wesentliche Verbesserung eintritt. Sollte es bei den bisherigen Corona-Einschränkungen bleiben, prognostizierte er "im schlimmsten Fall" ein Defizit auf dem Niveau des aktuellen Jahres. Grundsätzlich sei er aber optimistisch, wieder in die Erfolgsspur kommen zu können.

Niemand wolle ernsthaft an der vhs rütteln, sagte FW-Fraktionsvorsitzender Marco Steiner. Nicht zufrieden stellend sei jedoch das Verhältnis zwischen Ausgaben und Einsparungen. In die gleiche Richtung argumentierte CSU/LV-Fraktionschef Rainer Mattern. Weil Corona derzeit keine seriösen Prognosen zulasse, müsse man von einem Regelbetrieb frühestens ab Sommer 2021 ausgehen. Deshalb seien beim "Blick nach vorne" Ideen und Strategien zur Kosteneinsparung nötig. Dem schloss sich Christian Gunsenheimer (FW) an und kritisierte eine nicht erfolgte frühzeitige Lage-Information. SPD-Fraktionsvorsitzender Frank Rebhan ("Wir sind bisher alle auf Sicht gefahren") regte für das Frühjahr einen Bericht zur aktuellen Entwicklung durch den VHS-Geschäftsführer im Kreistag an.Für Martin Finzel (SPD) war es wichtig, nicht den Verkauf der Immobilie (Löwenstraße 12) in Erwägung zu ziehen. Ins gleiche Horn blies Grünen-Fraktionschef Bernd Lauterbach. Statt Vermögensanteile zu veräußern, plädierte er dafür, das Defizit für ein oder zwei Jahre zu übernehmen. Wer an der VHS säge, betreibe "bildungspolitischen Kahlschlag".

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