Coburg Wer ist die mysteriöse Unbekannte?

Von Christoph Scheppe

Die Frau, die plötzlich in Seßlach auftaucht, stellt Behörden vor Rätsel. Weil sie schweigt, weiß keiner, wer sie ist und woher sie kommt. Ein böser Verdacht drängt sich auf.

 
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Seßlach - Donnerstag, 2. Juni: Um 16.45 Uhr wird ein Pfleger auf eine hagere, kahlgeschorene Frau aufmerksam, die vor der "Flenderschen Spitalstiftung", dem Seßlacher Alten- und Pflegeheim, auftaucht. Weil die ältere Dame einen verwirrten Eindruck macht und auch kein Wort redet, wird die Polizei verständigt. Versuche, Identität und Herkunft der Unbekannten zu ermitteln, verlaufen ebenso im Sande wie ein öffentlicher Aufruf in den Medien. Hinweise Fehlanzeige. Und weil die Frau weiterhin beharrlich schweigt, wissen die Behörden bis dato nicht, wer sie ist und wo sie herkommt.

Die laut Polizeiangaben 80- bis 85-Jährige ist noch am Donnerstag ins Klinikum Coburg gebracht worden. "Nach unserem Kenntnisstand haben die Untersuchungen ergeben, dass die Dame kerngesund und nicht traumatisiert ist", sagt Bernd Vogt, der im Seßlacher Rathaus die Geschäfte leitet. Für die Stadt ist das Thema keineswegs abgehakt, denn per Gesetz ist sie dazu verpflichtet, der Unbekannten solange Obhut zu gewähren, bis Angehörige oder Unterhaltspflichte ermittelt werden können oder sich ein anderer Träger findet, der Unterbringung, Versorgung und Betreuung gewährleistet.

Eigentlich sollte die Frau schon gestern aus dem Klinikum entlassen werden. Doch nach Rücksprache mit der Stadtverwaltung wurde der Aufenthalt vorerst um einen Tag verlängert. Wegen der Kürze der Zeit sei eine Unterbringung quasi aus dem Stegreif nicht möglich gewesen, erklärt Vogt. "Wir prüfen momentan alle Varianten, denn wir wollen natürlich, dass die Frau ein Dach über dem Kopf hat." Nach NP -Informationen kristallisierte sich am Montagabend ein Platz im städtischen Alten- und Pflegeheim heraus.

"Wenn man sie anspricht, dreht sie sofort den Kopf weg und starrt nur noch vor sich hin", berichtet Vogt mit Verweis auf Schilderungen von Polizei und Ärzten. Dieses Verhalten habe die Unbekannte auch gegenüber einigen Seßlachern an den Tag gelegt. Nach Informationen der Stadtverwaltung hält sich die Dame nämlich schon seit Sonntag, 29. Mai, in Seßlach auf. "Mehrere Leute wollen sie während der Woche an unterschiedlichen Orten gesehen, gegrüßt und angesprochen haben, ohne eine Reaktion zu erhalten", schildert der Verwaltungsleiter.

Wegen der Kostenübernahme steht das Seßlacher Rathaus in Kontakt mit dem Bezirk. Wie lange die 80- bis 85-Jährige in städtischer Obhut verbleiben muss, kann Vogt zufolge zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgesehen werden. "Das müssen Ärzte und Gutachter entscheiden", geht Vogt ("Das ist schon ein verrückter Fall") von weiteren medizinischen und psychologischen Untersuchungen aus.

Unterdessen ermittelt die Coburger Polizeiinspektion weiter mit Hochdruck in alle Richtungen, um Herkunft und Identität der Dame in Erfahrung zu bringen. Interessant für die Ermittler wäre die Information, wie die Frau am Donnerstag oder vielleicht auch schon Tage vorher nach Seßlach gelangte. "Wegen ihrer stark eingeschränkten Mobilität ist davon auszugehen, dass die Unbekannte mittels Pkw oder öffentlichen Verkehrsmitteln nach Seßlach gelangte", heißt es im aktuellen Bericht von Polizei-Pressesprecher Stefan Probst.

Wo hat die Frau, seit sie das erste Mal in Seßlach gesehen wurde, geschlafen? Hat sie was zu essen bekommen? Warum sind ihre Haare so kurz geschoren? Warum schweigt sie beharrlich? Fragen, auf die es bisher keine Antworten gibt. Bei allen offiziellen Statements drängt sich zwischen den Zeilen der Verdacht auf, dass die Unbekannte absichtlich hilflos zurückgelassen worden sein könnte. "Das ist sehr ominös", sagt Heinz Oppel, Mitarbeiter der Sozialverwaltung im Coburger Landratsamt. "Ich bin schon lange in der Branche, aber so einen knallharten Fall wie jetzt in Seßlach habe ich noch nicht erlebt", berichtet er von seinen Erfahrungen.

Wir prüfen momentan alle Varianten, denn wir wollen natürlich, dass die Frau ein Dach über dem Kopf hat.

Bernd Vogt, Geschäftsleiter der

Stadtverwaltung Seßlach

Polizei bittet um Mithilfe

Nach wie vor versucht die Polizei, Identität und Herkunft der Frau zu ermitteln, die am vergangenen Donnerstag gegen 16.45 Uhr vor dem Seßlacher Alten- und Pflegeheim aufgetaucht ist.

Die Dame ist 80 bis 85 Jahre alt, 1,60 Meter groß, hager und wiegt 50 Kilogramm. Die Haare sind sehr kurz. Bekleidet war sie mit einem beigen Strickpullover und einer braunen Hose. Zudem trug sie eine Strickmütze und Hausschuhe.

Hinweise nimmt die Polizeiinspektion Coburg unter Telefon 09561/645209 entgegen.



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