Coburg Wieder menschliche Attacken auf Pferde

Von Thomas Heuchling

Wieder gibt es Attacken auf Pferde an der Weidenmühle in Scherneck. Zwei Tiere sind bereits tot. Ein tierärztliches Gutachten bestätigt, dass Menschen die Urheber sind.

 
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Scherneck - Die Körper der Pferde sind von Narben gezeichnet. Vor Fremden, wie dem Reporter der Neuen Presse, haben sie Angst. Anfassen lassen sie sich schon gar nicht. Die Verletzungen der Tiere sind sichtbar, die emotionalen Wunden der Besitzerinnen Pia Jörg und ihrer Tochter Eva Heitzer lassen sich nur erahnen. Seit rund einem Jahr wohnen die beiden Frauen mit ihren drei Hunden und inzwischen nur noch vier Pferden in der Schernecker Weidenmühle.

Eingezogen waren sie mit sechs Rössern. "Zwei Stuten mussten wir Ende vergangenen Jahres wegen Folgen ihrer Verletzungen einschläfern lassen", sagt Jörg. Die Wunden, die zum Tod der Tiere geführt haben, sollen ihnen absichtlich von Menschen zugefügt worden seien. Die jüngsten Attacken auf zwei Stuten sind erst wenige Tage her. "Wir werden gemobbt und gestalked. Man möchte uns hier weg haben", ist sich die Besitzerin der Weidenmühle sicher.

Hintergrund dieser schweren Vorwürfe ist der Konflikt, um den seit Jahrzehnten von den Scherneckern genutzten Weg durch das alte Anwesen, der über die Itz nach Untersiemau führt (NP berichtete mehrfach). Den haben die neuen Besitzer, die Grundstück und Gebäude im August 2014 nach mehrjährigem Leerstand erworben haben, mit einem Bauzaun abgesperrt. Wegen ihrer Hunde könne sie den Weg, der direkt zwischen Wohnhaus und Stallgebäude verläuft nicht offen lassen, erklärt Jörg. Rechtlich gibt es dagegen keine Einwände. Bürgermeister Rolf Rosenbauer bestätigte bereits in der Vergangenheit: "Das Absperren ist rechtmäßig, da es sich um einen Privatweg handelt".

Pia Jörg ist sich sicher: Die Verletzungen der Tiere, der Vandalismus an Gebäuden und Zäunen, das alles hängt aus ihrer Sicht nur mit dem zugesperrten Durchgangsweg zusammen. Eine "Handvoll" Nachbarn stecke hinter den Attacken. Sie wüsste genau, wer die Täter sind, hätte aber keine Beweise, sagt Jörg.

Der Konflikt ist auch im Untersiemauer Rathaus bekannt. "Der Generalverdacht gegen die Schernecker Bürger ist an den Haaren herbeigezogen", sagt Bürgermeister Rosenbauer. Die Sperrung des Weges respektiere man weiterhin und die Schernecker Bürger seien auf ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis mit den neuen Eigentümern bedacht, betont das Gemeindeoberhaupt. Über die jüngsten Attacken sei er dank Facebook im Bilde. Bereits Ende November habe es ein Treffen aller beteiligten Bürger gegeben - Pia Jörg sagt, sie sei nie dazu eingeladen worden - bei dem ein alternativer Weg mit neuer Brücke über die Itz diskutiert wurde. Kosten von rund 100 000 Euro stehen im Raum.

Die Besitzer der Weidenmühle hätten sich bereit erklärt, die Umgehung wieder auf ihren Privatweg münden zu lassen. In einer der nächsten Gemeinderatssitzung werde dieser neue Weg diskutiert, sichert Rosenbauer zu.

Solch ein Angebot habe Pia Jörg nie ausgesprochen. Zum jetzigen Zeitpunkt gebe es so etwas sowieso nicht mehr. "Ich habe das Vertrauen in diese Leute verloren. Diese Möglichkeit ist damit gestorben", sagt die besorgte Tierbesitzerin.

Einige der Attacken gegen ihre Pferde habe die 58-Jährige bei der Polizei angezeigt. Dies bestätigt Markus Reißenberger, Pressesprecher der Polizeiinspektion Coburg. In ein bis zwei schon länger zurückliegenden Fällen sei Anzeige erstattet worden: "Es wurde wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ermittelt."

Teile des Grundstücks und auch eine Koppel sind mit einem 1,70 Meter hohen Holzzaun gesichert, der große Lücken zwischen den Brettern hat. Der Eingang zum Grundstück ist mit einem Bauzaun versperrt. Wer sich bemerkbar macht, wird vom 80-Kilogramm-Hund Thyras, einer von drei deutschen Doggen, begrüßt. Eigentlich ein sehr respekteinflößendes Tier. Doch auch die Hunde seien schon Opfer von Attacken gewesen, sagt Pia Jörg. Komplett sichern könne Sie das rund 1,2 Hektar große Anwesen nicht. Steinschleudern, Äpfel, Schneebälle oder Glasscherben, die Waffen der Täter seien vielfältig. "Ich kann meine Tiere nicht mehr unbeaufsichtigt auf der Koppel lassen." Deshalb lasse sie diese öfters im Stall.

Unklar ist, ob Nachbarn oder unbekannte Tierquäler hinter den Attacken stecken. Fest steht: Es gibt Verletzungen, die absichtlich von Menschen hervorgerufen wurden. Bei vier Ereignissen hat der Seßlacher Tierarzt Matthias Oster die Pferde untersucht. Er musste auch Stute Zara Anfang November vergangenen Jahres einschläfern. Den tierärztlichen Bericht, den die NP von Pia Jörg bekommen hat, bestätigt er auf Nachfrage. Darin steht: Die Stute sei mit Verletzungen im Stall gefunden worden. Eine Wunde am Hals habe sich entzündet. "Die Infektion wurde durch eine Person absichtlich mittels Stich gesetzt", schreibt Tierarzt Oster. Weiter ist die Rede von "erheblicher krimineller Energie, um einem Tier Leiden zuzufügen." Dennoch glaubt Oster, dass der Täter das Tier nicht bewusst töten wollte. Für ihn steht fest: "Das Pferd war nicht das eigentliche Ziel des Täters, sondern die Menschen, die diese Stute geliebt haben."

Die neueren Attacken gegen die Tiere sind erst wenige Tage alt. Auf Facebook hat die Familie Bilder der verletzten Pferde veröffentlicht, verbunden mit einem Zeugenaufruf. Fast 800 Menschen (Stand Freitagnachmittag) aus der Region haben den Beitrag geteilt.

Pia Jörg hofft auf Hinweise, die die Täter endlich überführen. "Wir wollen nur in Frieden leben", sagt sie.

Das Pferd war nicht das eigentliche Ziel des Täters, sondern die Menschen, die diese Stute geliebt haben.

Matthias Oster, Tierarzt

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