Coburg
Zittern, bangen, feiern
Deutschland gedenkt der Einheit, die vor 29 Jahren Wirklichkeit geworden ist. Wenige Monate vorher überwog noch die Skepsis, ob die Grenzöffnung von Dauer sein würde.

Lautertal - Was kommt da auf uns zu? Diese Frage beschäftigt Deutsche in Ost und West, als die DDR am 9. November 1989 die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland öffnet. Das treibt auch Bürgermeister Klaus Forkel und den geschäftsleitenden Beamten Manfred Schmidt am Tag danach um. In der Gemeinde Lautertal, an deren Spitze sie stehen, liegt der Grenzübergang Rottenbach. Er war am 21. Juni 1973 um 0 Uhr eröffnet worden. Den kleinen Grenzverkehr kannte man in Lautertal. Aber von einer Stunde auf die andere sollte es keine Kontrollen mehr geben. Lautertal wurde ab dem 10. November 1989 regelrecht überrollt. Eine stinkende Abgaswolke, die Tausende von Trabis hatten entstehen lassen, lag wochenlang in der Luft.
Für Forkel und Schmidt war klar: Wenn die DDR die Grenze nicht wieder dicht macht, müssen weitere Übergänge geschaffen werden. Für die Gemeinde Lautertal lag es auf der Hand, die Straße zwischen Tremersdorf und Görsdorf, die unter der Trasse der alten Werrabahn hindurch- und an einer Betonmauer vorbeiführt, so schnell wie möglich wieder herzurichten. Also nahmen die Lautertaler Kontakt mit Behörden und Grenztruppen der DDR auf.
Was sich heute, 30 Jahre später, einfach anhört, warf damals, im Herbst 1989, einen Berg von Problemen auf. Das größte war das gegenseitige Misstrauen. An der Demarkationslinie gab es Verhandlungen über den Trassenverlauf zwischen den heutigen Landkreisen Coburg und Sonneberg. "Christian Hagen, Kommandeur beim Bundesgrenzschutz in Coburg, setzte dabei seinen Fuß keinen Millimeter breit auf DDR-Gebiet", schmunzelt Manfred Schmidt heute. Auch bei den Beamten der bayerischen Grenzpolizei mit dem Leiter des westdeutschen Teils der Übergangsstelle Rottenbach/Eisfeld, Michael Donhauser, an der Spitze herrschte Skepsis, was passieren würde, wenn sie die Grenzlinie übertreten. Alle wussten, wie heftig ein Soldat der Nationalen Volksarmee (NVA) reagiert hatte, als bei der Eröffnung des Rottenbacher Übergangs ein westdeutscher Scheinwerfer über Stacheldrahtzaun und Minenfeld in die DDR strahlte. Der Mann geißelte dies als "Grenzverletzung" aus dem Westen. Diese Einstellung sollte sich über Nacht geändert haben?
Manfred Schmidt und seine Mitstreiter interessierten im Herbst 1989 auch ganz praktische Dinge: Wie kann sichergestellt werden, dass beim Ausbau der Straße Tremersdorf-Görsdorf keine Mine hochgeht und an irgend einer Stelle nicht doch eine Selbstschussanlage montiert ist? Und was passiert, wenn Mitarbeiter des Lautertaler Bauhofs mit Wolfgang Mierzwa eine Flex an den Metallzaun anlegen, um ein Loch hineinzuschneiden? Also nahm man das Angebot an, die Sperranlagen von der Ostseite aus zu besichtigen. Pech nur, als bei der geplanten Rückkehr nach Lautertal das Tor zum Westen verschlossen war. "Da hatten wir schon die Befürchtung, dass wir die DDR nicht mehr verlassen können", so Schmidt. Nach bangen Stunden und Zittern in eisiger Kälte trieben DDR-Grenzer den Schlüssel doch noch auf.
Das alles dokumentieren Bilder, die Manfred Schmidt wie einen Schatz hütet. W. Hähnlein aus Schalkau hat ihm die Mappe zur Erinnerung an die Grenzöffnung am 10. Dezember 1989 zwischen Görsdorf und Tremersdorf überlassen. Und die Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990? "Keiner von uns hatte damals auch nur den Hauch einer Vorstellung davon", erinnert sich Schmidt.
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Veröffentlicht am:
02. 10. 2019
17:34 Uhr