Tatenlos zugesehen haben die Anwohner bisher nicht. Mehrmals haben sie nachts die Polizei gerufen. Die sei auch, bestätigen alle Anwesenden, immer gekommen. Viel geändert habe sich dann aber nicht, zumal der Polizei auch langfristig die Hände gebunden sind. "Wir können nur dafür sorgen, dass die Ruhestörung, wenn wirklich eine vorliegt, eingestellt wird", sagt Markus Reißenberger. Der Pressesprecher der Coburger Polizei bestätigt, dass in den letzten Monaten "mehrere Beschwerden" wegen dem "V 2.0" bei der Dienststelle eingegangen sind. "Das wird dann von uns zur Anzeige gebracht und an das Ordnungsamt weitergegeben."
Auch dort haben sich die Anwohner schon mehrfach beschwert. Trotz Auflagen und Ordnungsstrafen habe sich ihrer Meinung nach aber nichts geändert. Das wollen sie nicht mehr hinnehmen. "Die Lebensqualität bleibt vollkommen auf der Strecke", fasst Linß zusammen.
Er betont, dass es den Beteiligten nicht darum gehe, grundlos die Schließung einer Discothek zu provozieren. "Wir beschweren uns nicht einfach so. Es ist schlicht und ergreifend nicht mehr zu ertragen. Wir stellen uns schon die Frage: Warum wurde eine Disco in einem Wohngebiet genehmigt?"
Auch mit dem Betreiber habe man versucht, in den Dialog zu treten. Der eine oder andere beschwerte sich direkt vor Ort, teilweise habe man auch versucht, ihn telefonisch zu erreichen. Die Nummer hatte der Inhaber auf einem Anwohneranschreiben im Herbst 2011 angegeben. Darin bat er um Verständnis, falls es aufgrund von Tanzveranstaltungen etwas lauter werden sollte. "Ich habe angerufen, aber nie jemanden erreicht", berichtet André Linß.
Diesen Vorwurf weist Betreiber Frank Lege entschieden zurück. Anrufe seien bei ihm nicht eingegangen. "Ich habe kein Interesse, die Fronten absichtlich zu verhärten. Ich bin gesprächsbereit. Warum sollte ich eine falsche Nummer angeben?"
Fakt sei, dass es in der Anfangszeit "nicht optimal" gelaufen sei. "Das gebe ich zu", sagt Lege. Allerdings habe er in den letzten Monaten auf alle Beschwerden reagiert. So habe er sich um eine bessere Dämmung bemüht. "Erst vorgestern habe ich eine neue Doppelglasscheibe einsetzen lassen", nennt er ein Beispiel. Auch einen Türsteher hat der Betreiber engagiert, damit sich die Gäste mit ihren Getränken nicht auf der Straße aufhalten. "Was die Gäste machen, wenn sie nach Hause gehen, kann ich nicht beeinflussen." Insgesamt, rechnet Lege vor, habe er in den letzten Monaten mehrere Tausend Euro in Ausbesserungen investiert.
Da die Beschwerden seitens der Bewohner aber nicht nachlassen würden, gehe es mittlerweile um seine Existenz. "Das ist seit einem halben Jahr richtiger Terror. Teilweise steht die Polizei schon bei mir auf der Matte, da habe ich den Club noch gar nicht aufgemacht. Mir geht nach und nach die Kundschaft verloren. Wenn das so weitergeht, ist in zwei Monaten Schluss!"
Freiwillige Ortsbegehung
Der Coburger betont, dass er sich bezüglich immer neuer Auflagen stets kooperativ gezeigt hat. Vor wenigen Tagen habe er beispielsweise freiwillig einer Ortsbegehung mit einem Vertreter der Umweltbehörde zugestimmt. Der habe nichts zu beanstanden gehabt. "Er hat sogar gesagt, ich hätte sehr viel gemacht. Wenn immer wieder nachgewiesen wird, dass ich nichts falsch mache, dann muss auch irgendwann mal Schluss sein!"
An ein Ende des Streits glaubt Lege allerdings nicht mehr. Die Anwohner, die teilweise "mit der Kamera am Fenster stehen" würden, um mögliche Vergehen zu dokumentieren, hätten sich ohnehin eine feste Meinung über ihn gebildet. "Man kommt nicht an sie heran." Lange könne er das alles nicht mehr mitmachen. "Ich habe schon graue Haare bekommen und kann nachts nicht mehr schlafen", berichtet Lege.
Stadt: "V 2.0" droht keine Schließung
Laut Michael Selzer, Pressesprecher der Stadt Coburg, droht dem "V 2.0" aktuell keine Schließung. Der Betreiber habe die Vorgabe, sich "an die für einen Betrieb dieser Art gesetzlich vorgeschriebenen Auflagen" zu halten. Dies ist bisher geschehen. Nach §2 des Gaststättengesetzes in Verbindung mit §6 BauNVO wurde seitens der Stadtverwaltung im Steintor 11 eine "Schankwirtschaft" genehmigt. Die sei im konkreten Fall möglich gewesen, weil es sich beim besagtem Gebiet baurechtlich um ein Mischgebiet handelt. "Ist die beantragte Nutzung unter dessen Berücksichtigung zulässig, was hier eindeutig der Fall ist, muss die entsprechende Genehmigung erteilt werden", erklärt der Stadt-Pressesprecher.
Erste Anlaufstelle der Anwohner bei möglicher Ruhestörung sei die Polizei. Hier genüge es allerdings nicht, die Polizei nur anzurufen. Der gemeldete mögliche Verstoß müsse dann auch durch den Beschwerdeführer unter Angabe seiner Personalien aktenkundig angezeigt werden. "Dies ist bisher unseren Erkenntnissen nach noch nicht passiert", erklärt Selzer.