Lichtenfels 2500 Hardcore-Fans feiern bei der EMP-Persistence-Tour

Yannick Seiler
Unverwechselbarer Hardcore-Stil: Die US-amerikanische Band "Terror" heizt in Lichtenfels tüchtig ein. Foto: Yannick Seiler

Auf der Bühne in Lichtenfels stehen Schwergewichte der Hardcore-Szene und Neulinge mit Einflüssen aus dem Metalbereich. Tausende Fans frönen ihren Idolen.

 
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Lichtenfels - Laut, lauter, EMP-Persistence-Tour: Am vergangenen Donnerstag gastierte die größte Hardcore-Tournee Deutschlands in der Stadthalle in Lichtenfels. Rund 2500 Anhänger der Szene aus ganz Oberfranken pilgerten in die Stadt am Obermain.

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Hardcore Punk entstand Ende der 1970er Jahre in den Vereinigten Staaten und im Vereinigten Königreich als radikalere und schnellere Weiterentwicklung des Punk-Rocks. Die ursprüngliche Hardcore-Ära gilt seit Mitte der 1980er Jahre als beendet, als Hardcore begann, sich in unterschiedliche Genres aufzuspalten. Seitdem gibt es zum einen sogenannte "Old-School"-Gruppen, die sich am ursprünglichen Hardcore-Punk orientierten. Zum anderen entwickelten sich auch "Newschool-Bands", die stärker andere Musikstile, wie Metal, miteinbezogen.

Bevor die Bühnengrößen Madball, Terror und Hatebreed ihre Instrumente in die Hand nahmen, heizten die Tiroler Neulinge "Insanity Alert" mit schnellen Gitarrenriffs und noch schnelleren Takten am Schlagzeug den Fans ein. "Egal ob Briefmarken sammeln oder Tanzen, jetzt machen wir, was uns gefällt", rief der in einem Hawaii-Hemd auftretende Sänger Heavy Kevy der schwarz gekleideten Masse zu. Vollgas von der ersten Minute an: Das sahen die Zuschauer in den folgenden sechs Stunden bei jeder der sechs Bands. Während die Crossover-Formation aus Österreich ihren Gitarren noch den ein oder anderen Metal-Klang entlockte, bespielten "Brocken Teeth" die Bühne mit echtem Hardcore.

Sie machten dort weiter, wo ihre Vorgänger aufgehört hatten und fegten mit harten Songs und noch härterem Gesang über die Bühne in der Stadthalle. Im Stile des Hardcore wechselten sehr schnell gespielte Abschnitte mit langsameren Komponenten - in der Szene Breakdown genannt. Und genau dafür waren die zahlreichen Anhänger des Hardcore nach Lichtenfels gekommen.

Mit "Born from Pain" trat anschließend ein echtes Schwergewicht der Szene vor die Masse. Erst im vergangenen Jahr feierte die niederländische Hardcore-Band ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum. "Lichtenfels bewegt euch", feuerte Sänger Rob Franssen die Masse an. Mit kopfnickenden Headbangen und Mosh-Pits beantworteten die Fans seinen Aufruf. Die Breakdowns wurden länger, die Basssaiten gaben tiefere, lautere Töne von sich und brachten die Halle zum Beben.

Anschließend wurden das Schlagzeugspiel wieder wuchtiger, die Gitarrenriffs schärfer und der Gesang halliger. Power Trip hatten die Bühne betreten. Die deutlich hörbaren Einflüsse aus dem Metalbereich verliehen dem Quintett um Sänger Riley Gale einen unverwechselbaren Klang. Durch das Crossover-Feuerwerk der Texaner stieg die Stimmung in der Halle und die Bühne war geschaffen für die drei klangvollsten Namen der weltweiten Hardcore-Szene.

Den Anfang machte die ebenfalls in den Vereinigten Staaten beheimatete Formation Terror. Aggressiv, direkt, aber nie politisch war sie in ihren Texten. Eine schnelle und laute Spielweise wechselte sich im unverkennbaren Hardcore-Stil mit langsamen und schweren Breakdowns ab. Wenn die Band wieder etwas getragener wurde, hatte der Zuschauer das Gefühl, die Musiker holten Luft, um anschließend wieder jeden wissen zu lassen, wer hier auf der Bühne steht. Mit ihrem klassischen Stil haben sie es in den vergangenen 15 Jahren geschafft, vor allem die älteren Hardcore-Hörer für sich zu gewinnen. Dennoch ist ihr Spielweise gespickt mit modernen Crossover-Elementen, einer Mischung aus klassischem Hardcore und Metaleinflüssen, und dafür geeignet, jüngere Zuschauer in die Konzerthallen zu locken.

Freddy Cricien, der Sänger der Band Madball, ist Hardcore-Anhänger der ersten Stunde. Bereits im Alter von zwölf Jahren gründete er die Formation, mit der er heute noch auf Tournee geht. Die langjährige Bühnenerfahrung war der, in New York beheimateten, Band jederzeit anzumerken. Präzise Gitarrenriffs, nach-vorne-treibendes Schlagzeugspiel, ruppiger Gesang. Dabei war das noch nicht alles, was das diesjährige Tournee-Aufgebot zu bieten hatte.

Noch lauter und stampfender präsentierten sich die New Yorker "Hatebreed" in Lichtenfels. Mit ihren unzähligen Auftritten zählen die US-Amerikaner um Sänger Jamey Jasta bereits zum Inventar der alljährlichen Persistence-Tour. Auch diesmal hatten sie wieder die unverkennbar brachialen Songs ihrer neun Studioalben mitgebracht. Mit ihren langgezogenen Breakdowns und stampfenden Zwischenstücken zählen sie zu den Wegbereitern des Hardcore-Klangs. Was das heißt, zeigten sie auch am vergangenen Donnerstag in Lichtenfels auf erneut eindrucksvolle Weise.

Am vorvergangenen Donnerstag nahm die diesjährige Persistence-Tour in Berlin ihren Anfang. Am Sonntag werden die Szene-Größen in London zum letzten Mal auf der Bühne stehen.

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