Coburg - Ergreifende Liebesgeschichten und balkenbiegende Lügendichtungen, Debütanten und Bestsellerautoren, Reisen in den Orient und in die deutsche Seele: Auf eine spannende Woche dürfen sich Coburgs Bücherfans im April freuen. "Fast ein Jubiläumsprogramm" verheißt "Riemann"-Chefin Irmgard Clausen, die für die 9. Literaturtage gemeinsam mit dem Coburger Literaturkreis, dem Landestheater, der VHS und erstmals den Kunstsammlungen der Veste ein abwechslungsreiches Programm ausgeheckt hat. Mit drei Hochkarätern kann "Coburg liest" diesmal aufwarten: Ingo Schulze, Thea Dorn und Paul Maar, mit dem eine ganz neue und doch sehr alte "Location" erobert wird: die Große Hofstube der Veste. Als weiteres Novum rundet eine "Coburg liest!"-Nachlese das Literaturfestival ab.

Das attraktive Angebot hat seinen Preis: Nur dank treuer und neuer Sponsoren konnte das laut Eric Escher (VHS) "rekordverdächtige Budget" von rund 12 000 Euro aufgebracht werden.

Roman-Marathon

Eine Debütantin wird die Literaturtage am Samstag, 21. April, eröffnen: Beim Roman-Marathon in der Reithalle stellt zunächst Olga Grjasnowa ihr im Februar erschienenes Erstlingswerk "Der Russe ist einer, der Birken liebt" vor, in dem die gebürtige Aserbaidschanerin von ihrem Leben zwischen den Welten erzählt. Auch ihre Protagonistin Mascha stammt aus Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, und lebt mittlerweile in Deutschland. Zahlreiche Grenzübergänge haben sie zur Außenseiterin gemacht, überall auf andere Weise. Olga Grjasnowa absolvierte das Deutsche Literaturinstitut Leipzig und erhielt 2011 das Grenzgänger-Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung. Derzeit studiert sie Tanzwissenschaften an der FU-Berlin.

Daniela Krien liest beim Marathon aus ihrem Debütroman "Irgendwann werden wir uns alles erzählen", mit dem sie 2011 den 1. Platz des Jungen Literaturpreises in Pfaffenhofen/Ilm gewann und der in den Feuilletons hoch gelobt wird. Sie beschreibt darin die leidenschaftliche Liebesgeschichte eines 17-jährigen Teenagers mit einem 40-jährigen Landwirt im Jahr 1990 in einem Bauerndorf nahe der deutsch-deutschen Grenze und erzählt dabei - so die Kritik - "auch noch ganz nebenbei das Ende der DDR mit". Daniela Krien, geboren in Mecklenburg, lebt mit ihrer Familie in Leipzig, wo sie Kultur-, Kommunikations- und Medienwissenschaften studierte.

Als Dritter wird Michael Kumpfmüller seinen Aufsehen erregenden Roman "Die Herrlichkeit des Lebens" vorstellen. Kumpfmüller, in München geboren, seit 1986 in Berlin lebend und seit 2000 freier Schriftsteller, erfindet darin eine Liebesgeschichte, die er mit biografischen Fakten aus dem letzten Lebensjahr Kafkas verbindet. Er stellt einen unbekannten, nicht mehr innerlich zerrissenen, sondern glücklich verliebten Kafka vor, der trotz Lungenkrankheit und Geldnot das Wunder einer großen Liebe zu der 15 Jahr jüngeren Dora Diamant erfährt. Die Kritik lobt das Werk als einen "stillen und sehr feinfühligen Roman über zwei außergewöhnliche Menschen in einer ausweglosen Situation".

Lesung für die Familie

Am Welttag des Buches dürfen sich Geschichtenfans aus allen Generationen auf der Veste Coburg über einen orientalischen Eulenspiegel amüsieren: Der Bamberger Kinder-und Jugendbuchautor Paul Maar wird mit den Schauspielern Vassiliky Toussa und Wolfgang Krebs die haarsträubenden Flunkereien des Nasreddin Hodscha und moderne Schelmengeschichten aus seinem Buch "Das fliegende Kamel" lebendig erzählen, musikalisch umrahmt wird die "Performance" in der Großen Hofstube von der "Capella Antiqua Bambergensis". Hodscha ist ein Eulenspiegel aus dem Orient, dessen Narrengeschichten seit dem 14. Jahrhundert überliefert sind.

Autorengala

Seit Jahren stand Ingo Schulz auf der Favoritenliste der "Coburg liest!"-Veranstalter - am Dienstag, 24. April, gehört ihm die Autorengala um 20 Uhr im Haus Contakt. Der Dresdner des Jahrgangs 1962 studierte in Jena Klassische Philologie und Germanistik, arbeitete als Schauspieldramaturg und Journalist und lebt seit Mitte der 90er Jahre als freier Schriftsteller in Berlin.

Er gilt als einer der großen deutschen Autoren nicht nur der sogenannten "Wendezeit". Vor allem der Roman "Neue Leben" reflektiert die Auswirkungen des politischen Umbruchs von 1989 auf das Leben des Einzelnen. Damit und zuletzt mit "Adam und Evelyn" wurde er einer der Finalisten beim Deutschen Buchpreis. Auch als "großen Kurzprosa-Autor und unglaublich wachen Kopf" schätzt ihn Dr. Reinhard Heinritz, , einer der Mitveranstalter von "Coburg liest".

Dorn und die Deutschen

Eine weitere höchst "präsente und gewandte" Schriftstellerin und ihr gewichtiges neues Buch wird Heinritz tags darauf im großen Saal von St. Augustin moderierend vorstellen: Nicht weniger als "Die deutsche Seele" ergründet Thea Dorn gemeinsam mit ihrem Kollegen Richard Wagner auf den 560 Seiten ihres aktuellen Bestsellers. Von "Abendbrot" bis "Zerrissenheit" untersucht die facettenreiche Kulturgeschichte vermeintlich typisch deutsche Phänomene; "Mutterkreuz" zählt ebenso dazu wie "Männerchor" - auch düsterste Winkel der deutschen Seele werden im Kapitel "Wiedergutmachung" ausgeleuchtet, betont Oskar Ohler.

Thea Dorn ist akademisch geprüfte Philosophin, sie arbeitet als Dramaturgin ebenso wie als Fernsehmoderatorin oder als Schriftstellerin. Sie hat Krimis geschrieben und für "Die Hirnkönigin" den Deutschen Krimipreis erhalten, darüber hinaus Theaterstücke, Drehbücher und Sachbücher. Im Fernsehen ist sie zu sehen in den Sendungen "Büchertalk", "Literatur im Foyer" (SWR) oder "Paris - Berlin" (Arte).

Nachlese in Thierach

Zum fünften Mal beteiligt sich das Coburger Landestheater mit "Literatur in den Häusern unserer Stadt" an "Coburg liest!", und das aus berzeugung, wie Intendant Bodo Busse versichert: "Die Vermittlung von Literatur ist eine Hauptaufgabe des Theaters. Und ein literarischer Text muss klingen!". Zum Klingen bringen Schauspieler/innen nicht nur ihre Lieblingstexte in Wohnungen Coburger Bürger. Nach den einstündigen Lesungen treffen sich Zuschauer, Gastgeber und Mitwirkende im Münchner Hofbräu zu einem gemeinsamen Austausch. Einzelheiten zum Programm werden ab 1. April veröffentlicht, kündigte Dramaturg Georg Mellert an.

Den Abschluss der Coburger Literaturtage bildet erstmals eine "Coburg liest!"-Nachlese am Samstag, 28. April, um 16 Uhr im Pavillon von "Hyazinth" in Thierach 45 in Rödental. In lockerer Runde und im idyllischen Rahmen können sich Literaturfreunde austauschen oder weitere Informationen über Bücher und Autoren einholen. Das Gespräch leitet Dr. Reinhard Heinritz.. du

Coburg liest! 2012 - das Programm

Samstag, 21. April, 19 Uhr, Theater in der Reithalle:

Roman-Marathon mit Olga Grjasnowa, Daniela Krien, Michael Kumpfmüller. Musikalische Umrahmung: Vladimir Sigarev

Montag, 23. April, 19 Uhr, Große Hofstube auf der Veste Coburg:

Lesung für die ganze Familie,

Paul Maar mit der "Capella Antiqua Bambergensis"

Dienstag, 24. April, 20 Uhr, Contakt, Untere Realschulstraße 3:

Autoren-Gala mit Ingo Schulze

Donnerstag, 26. April, 20 Uhr, Gemeindezentrum St. Augustin,

Großer Saal, Festungsstraße 2:

Sachbuch-Abend mit Thea Dorn

"Die deutsche Seele"

Freitag, 27. April, Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr:

Literatur in den Häusern unserer Stadt

Samstag, 28. April, 16 Uhr, "HYAZINTH" im Pavillon, Thierach 45, Rödental:

"Coburg liest!"- eine Nachlese

VORVERKAUF

In der Buchhandlung Riemann gibt es Kombikarten für 35 Euro (für alle Lesungen außer "Literatur in den Häusern unserer Stadt" und Nachlese). Einzelkarten kosten im Vorkauf 10 (Autoren-Gala und Sachbuch-Abend), 15 (Roman-Marathon) bzw. 20 Euro (Paul-Maar-Lesung). An der Abendkasse kosten die Karten 13, 20 und 25 Euro. Vorverkauf für "Literatur in den Häusern unserer Stadt" ab 1. April nur an der Kasse des Landestheaters (5 Euro, Schüler 2,50). Für die Nachlese ist eine Anmeldung bei der Volkshochschule Coburg erforderlich, Eintritt 5 Euro.

Internet

www.coburgliest.de.