Coburg - "Es ist toll, wenn man einen leibhaftigen Schauspieler mal für sich alleine hat!" So schwärmt ein Besucher nach der Lesung von Jens Müller-Rastede, der mit Ephraim Kishon ein amüsiertes Publikum im Haus von Hannelore und Oskar Ohler zum Kichern brachte. Nicht nur die Lust, zwölf Theaterschauspieler einmal ganz hautnah zu erleben, und das Interesse an zwölf ganz unterschiedlichen Autorinnen und Autoren, hat das Publikum zu "Literatur in den Häusern unserer Stadt" gelockt, auch eine gerüttelte Portion Neugier. Wie leben wohl die Leute, die da als Gastgeber für das Lese-Event am Welttag des Buches in Coburg fungieren?

18 Zuhörer/innen drängen sich im Ess- und Wohnzimmer der Ohlerschen Villa am Festungsberg. Nur die Leselampe am Tischchen von Jens Müller-Rastede erhellt die Runde in den stilvoll-schlicht mit dunklen alten Möbeln, weißen Bücherregalen und vielen exotischen Reisemitbringseln ausgestalteten Räumen, die heute zum literarischen Salon werden. Hier und da knuspert das Knabberwerk, ab und zu kichert der ein oder andere, doch meist lauschen die Gäste aufmerksam-andächtig. Ein Film wird gedreht, erzählt Kishon mit Augenzwinkern, und ein zufälliger Passant wird unfreiwillig zum Star einer "Sequenz".

Doch auch anderswo darf geschmunzelt werden. Bunt und hell ist die Stimmung in der Bibliothek von Brigitte Schult-Debusmann und Dr. Wieland Debusmann, in der Gemälde und Bücher der Hausherrin darauf verweisen, dass Kunst und Literatur hier zum Leben dazugehören. Der Schreibtisch des Göttergatten wurde kurzerhand zur Erfrischungstheke umfunktioniert, was den ein wenig schmerzt, denn er musste seine Forschungsunterlagen über ein Herzmittel vorübergehend wegräumen.

Während draußen im Rosengarten die Vögel zwitschern und die bereitgestellten Häppchen in der Küche auf die Kulturhungrigen warten, bahnt sich mit Roald Dahl etwas Schauriges an. Niklaus Scheibli stellt aus dem Buch ". . . und noch ein Küsschen" die makabre Kriminalkurzgeschichte "Lammkeule" vor. Ob der kleine Hund der Gastfamilie den Braten gerochen hat? Jedenfalls begrüßt auch er schwänzelnd die zwölf Lesungs-Besucher, unter denen sich ausgewiesene Roald-Dahl-Fans befinden.

Auch anderswo wurden Stühle herbeigeschleppt, Wein und Wasser kaltgestellt, passend zur russischen Lesung Wodka kredenzt, oder Maibowle. Was sich die Gastgeber alles einfallen ließen, um die Lesungen angenehm auszugestalten, das war beim anschließenden Treffen im proppenvollen Saal des Münchner Hofbräus zu erfahren. Insgesamt hatten 171 Besucher bei zwölf Gastgebern den Lesungen von zwölf Schauspielern gelauscht. Bei der "Literatur in den Schulen unserer Stadt", die am Donnerstagvormittag erstmals stattfand, gab es sechs Lesungen in den Klassen 1 bis 6 vor insgesamt 169 Schülern.

Synergien genutzt

Bei Kachelofenwärme und Fingerfood ließen sich drei Kronacherinnen (und weitere Gäste) von Anja Lenßen begeistern, die aus der Autobiografie von Hildegard Knef "Der geschenkte Gaul" las. Auch die Schauspielerin war von der wunderbaren Atmosphäre im Haus ihrer Gastgeber begeistert. Im nächsten Jahr will sie wieder in den Häusern der Stadt lesen, aber es dürfte auch einmal die Wohnung von "ganz einfachen Leuten" sein, die sie ermuntert, sich als Gastgeber zu bewerben. Außer ein wenig Zeit kostet es übrigens nichts, sein Heim für die Lese-Aktion zur Verfügung zu stellen.

Vom guten Zuspruch der "Literatur in den Häusern unserer Stadt" war schließlich nicht nur Intendant Detlef Altenbeck begeistert, der allen Mitwirkenden und Gastgebern Dank sagte und die gute Vernetzung mit "Coburg liest" lobte. Auch Oskar Ohler ist als Mit-Organisator von "Coburg liest" angetan von der erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Theater. Die Kooperation werde helfen, "Qualität und Inhalte weiter zu steigern". Nur ein Programmpunkt von "Coburg liest", der Bamberg-Ausflug auf den Spuren von E.T.A.-Hoffmann, musste mangels Nachfrage gestrichen werden, berichtet er.

Nächste Termine: 27. 4. Abbas Khider, 29. 4. Steffen Möller, 30. 4. Uwe Timm. www.coburgliest.de