Coburg - Zwei Schönheiten zieren den Titel - und trotz ihres fast 1000-jährigen Altersunterschieds verkörpern die Covergirls in anmutiger Eintracht Coburgs Antwort auf den saloppen Bayern-Slogan "Laptop und Lederhose": Sambarausch und Burgenromantik.

Dass die Post-Residenzler nebst Frankens Krone auch Rios Federschmuck mit Stolz - oder doch zumindest Fassung - tragen, hat sich längst herumgesprochen. Mit diesem Magazin erhält das Wertewandel-Image des hippen Herzogtums nun auch die höheren Weihen: Das Haus der Bayerischen Geschichte (HdBG) präsentiert im 9. Band seiner Reihe "Edition Bayern" Coburg als traditionsbewusste und moderne Feste- & Veste-Stadt voller kultureller und kulinarischer Schätze und eigensinnig-selbstbewusster Menschen.

Potenzielle Touristen dürfte das ansprechend gestaltete und reich illustrierte 90-Seiten-Heft dazu motivieren, Coburg nicht nur eine Stippvisite abzustatten. Und der Eingeborene kann bei der Lektüre klaffende Wissenslücken schließen, denn alle Beiträge stammen von Kennern der Materie: Historiker, Journalisten, Touristiker und Kulturexperten.

Regionale Autoren-Kompetenz zu nutzen, gehört zum Konzept der Schriftenreihe, mit der das HdBG seit 2009 die Vielfalt der bayerischen Regionen im populären Format in den Fokus rücken möchte - und sich dabei recht frankenfreundlich zeigt: Kronach und Aschaffenburg waren schon an der Reihe, das Haßberge-Heft zählt gar zu den Bestsellern der Edition, verriet HdBG-Direktor Dr. Richard Loibl bei der Vorstellung des Coburg-Bands am Dienstag auf der Veste. Stirnrunzlern nahm er den Wind aus den Segeln: "Samba und Klösmarkt gehören zur Kulturgeschichte dazu!" Natürlich auch die Rost-Bratwurst, der als heimlichem Wahrzeichen der Stadt ebenso ein eigenes Kapitel gebührt wie dem lokalen Kulinarium, das auf so launige Namen wie Laabla, Rutscher und Urrädla hört.

Herzstück des Hefts bildet die illustre Geschichte Coburgs, die das von Prof. Gert Melville, dem Vorsitzenden der Historischen Gesellschaft, koordinierte Autorenteam so kundig wie kompakt an den Leser bringt. Die Entwicklung von der mittelalterlichen Handelsstadt zur herzoglichen Residenz und schließlich zur modernen Kultur- und Industriestadt wird anschaulich und ungeschönt erläutert: Johann Casimirs drakonisches Regiment - samt "Hexen"-Verbrennungen - bleibt so wenig beschwiegen wie Coburgs unrühmliche Rolle als nationalsozialistische Vorhut.

Den Stars der Stadt - Martin Luther und Prinz Albert - sind eigene Aufsätze vorbehalten, ebenso den "Sehenswürdigstkeiten" - denn Superlative können sie allesamt vorweisen: Veste, Landesbibliothek, Naturkundemuseum und Schloss Callenberg. Mit HUK und Brose stellt sich der Wirtschaftstandort Coburg vor, sein Vereinsleben repräsentiert die Schützengesellschaft, Lebensart und Mentalität der "Residenzler" erfahren eine nicht unsüffisante Reflexion und ein Panoramablick auf Coburgs immerwährenden Festivitätenkalender rundet das Stadtporträt ab.

Dass es auf 90 Seiten nicht alle Facetten gebührend würdigen kann, versteht sich. Einen Hotspot des Coburger Kulturlebens vermisst der Leser dennoch staunend: das Coburger Landestheater.

EDITION BAYERN # 09: Coburg

ISBN 9-783791-725048, 8 Euro