Coburg - Ist Jean Paul der Erfinder des Nordic Walking? Was sind Gymnosophistinnen? Diese und viele andere Fragen standen am Mittwoch Abend im Bürglaßschlösschen zur Debatte. "Jean Paul als Wunderheiler" war das Thema des äußerst unterhaltsamen und informativen Abends, den Brigitte Maisch und Edmund Frey sowie Dr. Jürgen Watzek bestritten. In ihrem Buch "Säusak, Schwanenkiele und sehr schöne Gesichter" beleuchten die Bibliothekare Brigitte Maisch und Edmund Frey die Zeit, die Jean Paul in Coburg verbrachte (1803/1804). Bei ihrer eingehenden Begegnung mit dem Dichter, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr landauf landab gefeiert wird, stießen sie auf Jean Pauls intensive Beschäftigung mit Krankheiten und deren Heilung. Um dessen Ratschläge aus berufenem Munde kommentiert zu wissen, luden Maisch und Frey den Mediziner Dr. Jürgen Watzek dazu, und so verfolgten die zahlreichen Besucher im Trausaal amüsiert und erstaunt, was es mit dem "Wunderheiler" Jean Paul auf sich hatte.

Dass der Dichter stolz darauf war, selber nie einen Arzt zu brauchen, ging ja noch an, dass er aber auch seine Kinder in Eigenregie zu kurieren gedachte, erregte denn doch den Unmut und Widerstand seiner Ehefrau. Doch wie Brigitte Maisch betonte, waren die medizinischen Ratschläge nicht die skurrilen Einfälle eines fantasievollen Dichters, sondern spiegelten den Wissensstand seiner Zeit. Besonders von der heilenden und belebenden Wirkung des Alkohols war Jean Paul überzeugt, ja nach eigenen Angaben rettete er 1804 in Coburg ein 15 Monate altes Kind mit starkem Wein vor dem Tod.

Kuriose Methoden

"Es fällt einem heutigen Mediziner schwer, die Methoden nachzuvollziehen", bekannte denn auch Dr. Watzek, der über die seinerzeit gängigen Medizintheorien informierte. Man orientierte sich nicht nur an der antiken "Lehre von den Säften", sondern es gab den "Brownianismus", der Krankheiten auf mangelnde oder übermäßige Erregbarkeit zurückführte, und den "Mesmerismus", der den "animalischen Magnetismus" propagierte. Die Opiumtinktur Laudanum war ebenso in Mode wie der Hypochondrismus, der als Krankheit der Intellektuellen galt. Doch Jean Paul riet auch zu durchaus Vernünftigem: Bewegung an frischer Luft (die Gymnosophistinnen taten dies nackt), Abhärtung durch kaltes Wasser, eine gesunde und vielfältige Ernährung, ausreichend Schlaf. Und das Nordic Walking? In "Dr. Katzenbergers Badereise" beschreibt der Dichter das Gehen als die "rechte Mitte zwischen Reiten und Fahren". Doch müssten auch die Hände mit eingesetzt werden. Jean Paul sieht in den "Oberfüßen" wichtige Mitarbeiter beim Gehen: rhythmisch-kräftiges Armschlenkern unterstütze und verstärke den Bewegungsablauf.

Und weil kein Jean Paul-Abend ohne Alkohol enden darf, gab es eigens aus Erlangen herbeigeschafftes Jean Paul-Bier, mit dem auf des Dichters 250. Geburtstag angestoßen wurde.