Coburg - Er ist wohl der einzige Oberfranke, der es zu weltliterarischer Bedeutung gebracht hat: Johannes Paul Friedrich Richter, besser bekannt als Jean Paul. Geboren in Wunsiedel, zur Schule gegangen in Hof, beigesetzt in Bayreuth - er ist der Region Zeit seines Lebens treu geblieben. Auch in Coburg nahm er für kurze Zeit seinen Wohnsitz: von Juni 1803 bis August 1804 lebte er mit Ehefrau, zwei Kindern und dem Spitz in der Gymnasiumsgasse.
Dieses Jahr wäre Jean Paul 250 Jahre alt geworden. Grund genug für ein umfangreiches kulturelles Programm zu seinen Ehren in der ganzen Region - und auch das Landestheater Coburg ist mit von der Partie: in Kooperation mit der Stadtbücherei Coburg veranstaltet es unter dem Titel "Tutti- oder Simultanliebe" eine Lesung in der Reithalle. Sie ist der Coburger Beitrag zur "Jean-Paul-Literaturnacht" am Samstag, 29. Juni.
Die Schauspieler Philippine Pachl und Sönke Schnitzer öffnen den Blick in Jean Pauls intimes Schreiben und lesen aus Briefen von und an Jean Paul, die sich vor allem um das Eine drehen: die Frauen. Die "Simultanliebe", die Jean Paul literarisch zum Thema gemacht hat, praktiziert der Dichter auch im realen Leben - der literarische Shootingstar sammelte durch seine Bestsellerromane eine Schar begeisterter Leserinnen um sich. Jean Paul tröstete ihre "lieben, müden Seelen" mit seinen empfindsamen Briefen. Es waren zum Teil selbstbewusste Frauen, die sich gern mit ihm in ein erotisches Abenteuer gestürzt hätten - doch der Dichter, durch ein leibfeindliches protestantisches Elternhaus geprägt, fürchtete die sinnliche Liebe. Zwar gründete er mit 27 eine "erotische Akademie", doch für seine Lebensplanung schwebte ihm anderes vor: er wünschte sich ganz konservativ "ein sanftes Mädgen", das kocht, mit ihm lacht und weint.
Samstag, 29. Juni, 20 Uhr, Reithalle Landestheater Coburg. Textauswahl und Arrangement: Brigitte Maisch und Edmund Frey. Mit Philippine Pachl und Sönke Schnitzer.
Am Samstag, 29. Juni,lädt der Verein Jean Paul 2013 mit Kooperationspartnern in Ober- und Mittelfranken sowie in Brandenburg zur langen "Jean-Paul-Literaturnacht" ein. Den Auftakt bildet bereits um 10.30 Uhr eine "Stadtführung auf den Spuren des Dichters" in Neustadt an der Aisch. Unter dem Titel "Was Sie schon immer über Jean Paul wissen wollten, sich aber bisher nicht zu fragen trauten" steht ein sechsstündiges Programm von 17 bis 23 Uhr in den Räumlichkeiten des RW 21 in Bayreuth,randvoll angefüllt mit Ausstellungen, Lesungen, Vorträgen mit und ohne Musik, Filmpräsentationen und Theaterszenen rund um Jean Paul und sein Werk. In Bamberg lesen und diskutieren im Garten des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia ab 19 Uhr der Kinder- und Jugendbuchautor Paul Maar, der Jean-Paul-Preisträger Eckhard Henscheid, die Büchner-Preisträgerin 2013 Sibylle Lewitscharoff und die Schauspielerin Katharina Thalbach. In der Internationalen Musikbegegnungsstätte Haus Marteau in Lichtenberg lädt der Bezirk Oberfranken um 19.30 Uhr zum "Gedanken-Schwarm", einer szenischen Lesung mit musikalischer Begleitung ein. Zeitgleich präsentieren in Wunsiedel Hartwig Küspert, Klavier, und Johanne Arzberger, Rezitation "Gedichte von Jean Paul mit musikalischer Umrahmung" im Großen Rathaussaal. In Rehau stellen ab 20 Uhr in der Art Kunsthalle die Autoren Matthias Göritz und Martin Mosebach ihr eigenes Schreiben in Bezug zu Jean Pauls Werken. In Brandenburg wird ebenfalls der 250. Geburtstag von Jean Paul gefeiert. Der 37. Festspielsommer in der Theaterscheune "Rollwenzelei" in Glau bei Trebbin zeigt eine Performance unter dem Titel "Fröhliche Rollwenzelei(en)"